Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek fordert von der Bundesregierung Konsequenzen aus dem von der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) in Auftrag gegebenen Gutachten zu den Folgen der geplanten Krankenhaus-Reform. Holetschek betonte in München: „Das DKG-Gutachten übertrifft meine Befürchtungen noch. Die Bundesregierung darf dieses Alarmsignal nicht ignorieren, sondern muss jetzt rasch die Länder und Klinikvertreter zu einem Krankenhaus-Gipfel einladen! Bayern ist weiter bereit, gemeinsam ein geeignetes Konzept zu erarbeiten.“
Holetschek fügte hinzu: „Bundesgesundheitsminister Lauterbach hat bei der Ankündigung der Krankenhaus-Reform im Dezember wörtlich versprochen: ‚Patientinnen und Patienten sollen sich darauf verlassen können, dass sie überall, auch in ländlichen Regionen, schnell und gut versorgt werden sowie medizinische und nicht ökonomische Gründe ihre Behandlung bestimmen.‘ Aber jetzt haben wir es wie im bayerischen Gutachten zum zweiten Mal schwarz auf weiß, dass dieses Versprechen mit dem derzeitigen Konzept gebrochen wird. Im Praxischeck versagt die Reform!“
Von den Bedürfnissen der Menschen her denken
Holetschek unterstrich: „Man muss die Krankenhaus-Reform von den tatsächlichen Bedürfnissen der Menschen her denken – und nicht vom grünen Behörden-Tisch aus. In Bayern müsste nach der DKG-Analyse mehr als die Hälfte aller Geburtshilfestationen schließen. Über 40 Prozent der schwangeren Frauen müssten daher zur Entbindung künftig andere Kliniken aufsuchen. Soweit darf es nicht kommen! Eine sichere und wohnortnahe Geburt muss im Freistaat möglich bleiben.“
Der Minister betonte: „Auch die Neurologie wäre von massiven Einschnitten betroffen: Von 41 Standorten verblieben laut der Expertenanalyse nur 30. Damit müsste sich jeder vierte der neurologischen Patientinnen und Patienten in einer anderen Klinik behandeln lassen. Besonders heftig träfe es die interventionelle Kardiologie, also die Versorgung bei Herzerkrankungen: Nur 41 von 106 Standorten blieben nach der Erhebung der DKG übrig. Niemand kann mir erzählen, dass es eine Verbesserung ist, wenn nur noch etwas mehr als ein Drittel der Kliniken für diese Behandlungen übrigbleibt.“
Dramatische Ergebnisse
Holetschek fügte hinzu: „Die tiefgreifende Analyse der DKG kommt zu dramatischen Ergebnissen! Schon das bayerische Gutachten hatte in der vergangenen Woche aufgezeigt, dass mit einer Eins-zu-Eins-Umsetzung des Reformvorschlags der Regierungskommission drastische Einschnitte in der bayerischen Krankenhauslandschaft drohen würden. Nun wird deutlich: Im Freistaat könnten nach den von der DKG heute vorgestellten Ergebnissen fast doppelt so viele Krankenhäuser zu ambulant-stationären Grundversorgern (Level I i) herabgestuft werden als nach der von mir in Auftrag gegebenen Analyse. Gleichzeitig gehen die DKG-Gutachter von noch einmal mehr sogenannten Level-I-n-Häusern in Bayern aus, die künftig nur noch eine akutstationäre Basisversorgung, aber keine spezialisierteren Leistungen wie Schlaganfallversorgung oder Geburtshilfe mehr anbieten dürften.“
Notfallversorgung und stationäre Versorgung nicht mehr gewährleistet
Der Minister ergänzte: „Das DKG-Gutachten kommt zu dem Schluss, dass bei unveränderter Umsetzung des Vorschlags der Regierungskommission über 90 der rund 300 somatischen Krankenhäuser in Bayern durch die Reformpläne auf das sogenannte Level I i herabgestuft würden. Das bedeutet, sie könnten künftig nur noch eine ambulant-stationäre Basisversorgung anbieten, zum Beispiel bei Diabetes- oder Kreislaufproblemen. An diesen Häusern könnten keine Notfallversorgung und keine reguläre stationäre Versorgung mehr stattfinden. Das DKG-Gutachten kommt damit zum Ergebnis, dass fast jedes dritte somatische Krankenhaus kein vollwertiges Krankenhaus mehr wäre. Das ist ein atemberaubend schlechtes Zeugnis für die Reformvorschläge und zeigt, wie dringend hier Überarbeitungen notwendig sind.“
Holetschek bekräftigte: „Es steht außer Frage, dass wir eine Krankenhaus-Reform brauchen – da sind wir uns alle einig. An den Vorschlägen der Reformkommission gibt es jedoch sehr großen Verbesserungsbedarf. Das haben beide Gutachten eindrücklich gezeigt. Es ist grob fahrlässig, dass die Regierungskommission selbst keine Einschätzung zu den konkreten praktischen Auswirkungen ihrer Vorschläge unterbreitet hat. Warum müssen andere die Arbeit des Bundes erledigen?“
Holetschek erläuterte: „Fakt ist: Deutschlandweit droht ein Klinik-Kahlschlag, der die medizinische Versorgung der Menschen massiv gefährdet. Die Reformpläne dürfen auf keinen Fall eins zu eins umgesetzt werden. Alles andere wäre eine mutwillige Zerstörung der deutschen Krankenhauslandschaft.“
Holetschek betonte: „Es wird Zeit, dass der Bundesgesundheitsminister mit allen Betroffenen redet, anstatt über ihre Köpfe hinweg zu planen oder den Auswirkungen einer aktuell schlecht gemachten Reform freien Lauf zu lassen. An dem notwendigen Krankenhaus-Gipfel mit den Ländern und Klinikvertretern sollte auch Bundesfinanzminister Christian Lindner teilnehmen. Und Lauterbach sollte sich bei seinem Kollegen endlich vehement für den Strukturfonds über 100 Milliarden Euro einsetzen, den sogar ein Kommissionsmitglied, Professor Christian Karagiannidis, vorgeschlagen hat. Wo bleiben die Mittel für den Transformationsprozess? Ohne Geld geht es nicht! Genauso wenig übrigens wie mit Zeit. Bei diesem viel zu überhasteten Zeitplan kann die Reform doch nur schiefgehen!“
Die Bedürfnisse des Krankenhaus-Personals kommen Holetschek in den Reformbestrebungen zu kurz. Die Arbeitsbedingungen müssten massiv verbessert werden. Der Pflege-Beruf müsse attraktiver werden. Die Reform nütze nichts, wenn niemand mehr im Krankenhaus arbeiten möchte.
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