(GZ-5-2023) |
► Leitfaden flexible Bedienformen im ÖPNV: |
Mobilitätsoffensive für das Land |
Agora Verkehrswende, Deutscher Landkreistag, Deutscher Städte- und Gemeindebund, Verband Deutscher Verkehrsunternehmen und PTV Group haben einen Leitfaden zu flexiblen Bedienformen im ÖPNV veröffentlicht. Darin wird umfangreich erläutert, unter welchen Bedingungen sog. Linienbedarfsverkehre das ÖPNV-Angebot vor Ort verbessern können. Der Leitfaden versteht sich als Handreichung für Kommunen und Verkehrsunternehmen, die jetzt in die Modernisierung ihres Nahverkehrs einsteigen wollen. Auch zeigt er auf, welche Unterstützung von der nationalen Ebene notwendig ist.
Simulationen veranschaulichen die räumlichen Einsatzmöglichkeiten von Bedarfsverkehren und erlauben eine Abschätzung des Ressourcenbedarfs und der Möglichkeiten einer Verknüpfung mit dem Linienverkehr anhand dreier unterschiedlicher Beispielregionen. Teil des Projektes ist auch ein Faktenblatt, das bereits vorhandene Beispiele im ländlichen Raum in ganz Deutschland aufzeigt: Von Bad Hindelang im Allgäu über Süderbrarup in Schleswig-Holstein bis Storkow in Brandenburg und Wiehl in Nordrhein-Westfalen.
Nach zahlreichen Modellprojekten in den vergangenen Jahren ist die regelhafte Einführung der Angebote in vielen Regionen geplant, stößt jedoch auch an finanzielle Hürden. Letztlich muss jede Region individuell ein zweckmäßiges ÖPNV-Gesamtkonzept entwickeln. Die aufgezeigten Beispiele versuchen, die Bandbreite und Einsatzmöglichkeiten darzulegen und stets einen Gleichklang aus der Wirtschaftlichkeit der Verkehrsleistung, der Angebotsqualität für die Fahrgäste und der Klimaverträglichkeit des Gesamtverkehrs zu erreichen.
Im Ergebnis können neue Formen des Bedarfsverkehrs in ländlichen Räumen das Mobilitätsangebot verbessern. „ÖPNV-Aufgabenträger und Länder sollten dieses Potenzial nutzen“, heißt es in der Handreichung. Die Novelle des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) von 2021 habe den gesetzlichen Rahmen für mehrere flexible Bedienformen modernisiert. Um in ländlichen Regionen das öffentliche Verkehrsangebot zu verbessern, sei vierlerorts der neu geschaffene Linienbedarfsverkehr (§ 44 PBefG) geeignet. Als Ergänzung des konventionellen Linienverkehrs ermöglicht er kürzere Zugangs-, Warte- und Fahrtzeiten im öffentlichen Nahverkehr. Davon würden insbesondere die elf Prozent der Erwachsenen in ländlichen Räumen ohne Zugang zu einem Pkw im Haushalt profitieren. Auch diene es dem Ziel der Bundesregierung, Erreichbarkeitsstandards in ländlichen Räumen zu etablieren.
Kompromiss zwischen Angebotsqualität und Wirtschaftlichkeit
Die Einführung von Linienbedarfsverkehr erfordere einen Kompromiss zwischen Angebotsqualität und Wirtschaftlichkeit: Höhere Qualität verursache steigende Kosten. Die Aufgabenträgen könnten dies bei der Vergabe der Verkehrsleistung durch Vorgaben zum angestrebten Besetzungsgrad oder maximalen Umwegen beeinflussen.
Komfort und Reisezeiten sollten gegenüber dem Privat-Pkw nicht deutlich im Nachteil sein. Das erfordere meist einen dauerhaften Zuschuss zum Betrieb durch den Aufgabenträger. Lokale Gegebenheiten, wie regelmäßig angefahrene Regionalbahnhöfe oder eine kompakte Siedlungsstruktur, seien in der Lage, die Wirtschaftlichkeit des Linienbedarfsverkehrs positiv zu beeinflussen. Besonders in dünn besiedelten Regionen könne der Linienbedarfsverkehr die Qualität des ÖPNV erheblich steigern. Auf Kernstrecken mit hohem Fahrgastaufkommen seien liniengebundene Verkehre wie Regionalzüge oder Plusbusse dagegen die effizientere Bedienform. „Welches Angebot sich besser eignet, hängt von Nachfrage und Bündelungspotenzial ab. Auch bei Tarif, Marketing und Fahrgastinformation sollten beide Bedienformen als gemeinsames System verstanden werden.“
Aufgabenträger finanziell unterstützen
„Bund und Länder sollten die Aufgabenträger beim Betrieb des Linienbedarfsverkehrs finanziell unterstützen – nur so lassen sich Verlagerungsziele hin zum ÖPNV erreichen“, lautet eine weitere Empfehlung. „Linienbedarfsverkehre werden deutliche Mehrkosten verursachen. Um sie über Pilotprojekte hinaus dauerhaft in das ÖPNV-System zu integrieren, benötigen die kommunalen Aufgabenträger des ÖPNV zusätzliche Unterstützung, die etwa über höhere Regionalisierungsmittel erfolgen kann. Das erfordert eine Erhöhung der bisher vereinbarten Bundesmittel.“
Um den Verkehr in ländlichen Räumen klimafreundlicher umzugestalten, brauche es koordinierte Maßnahmenbündel seitens der Bundesregierung. Neben der Förderung des ÖPNV seien Reformen nationaler Fiskalinstrumente notwendig, um klimaschädliche Privilegien und Subventionen schrittweise abzubauen. „Nur so können sowohl die Elektrifizierung als auch die Verhaltensänderung im Verkehr unterstützt und ein wirkungsvolles Gesamtpaket für den Klimaschutz geschnürt werden“, heißt es abschließend.
DK
Dieser Artikel hat Ihnen weitergeholfen?
Bedenken Sie nur, welche Informationsfülle ein Abo der Bayerischen GemeindeZeitung Ihnen liefern würde!
Hier geht’s zum Abo!