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(GZ-8-2023)
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► Tag der bayerischen Energiegenossenschaften:

 

Vorfahrt für Bürgerenergiemodelle

 

„Wir wollen mit diesem Tag einen Impuls geben, um Klimaschutz und die Energiewende in Bayern erfolgreich voranzubringen. Unsere genossenschaftliche Idee ist die beste Plattform, um die Herausforderungen der Energiewende zu meistern“, betonte GVB-Präsident Gregor Scheller beim vom Genossenschaftsverband Bayern organisierten Tag der bayerischen Energiegenossenschaften. 75 Vertreter bayerischer Energie- und Kreditgenossenschaften hatten sich in Beilngries zum fachlichen und unternehmerischen Austausch zusammengefunden.

„Wer die Akzeptanz für Windparks und Photovoltaikanlagen erhöhen will, muss Bürgerenergiemodellen Vorfahrt einräumen“, forderte GVB-Präsident Scheller. Er rief die Politik dazu auf, bei Flächenausschreibungen für Energieprojekte neben finanziellen Kriterien auch zu berücksichtigen, wie die Bürgerinnen und Bürger und die regionale Wirtschaft eingebunden sind. Genossenschaften seien ein geeignetes Modell für Bürgerenergie. „Wie keine zweite Rechtsform bieten Genossenschaften niedrigschwellige finanzielle und organisatorische Teilhabe mit echter Bürgerbeteiligung.“ Um sie zu fördern, solle ein Risikoabsicherungsfonds nach dem Vorbild anderer Bundesländer geschaffen werden, der bürgergetragenen Energieprojekten beispielsweise die kostspielige Teilnahme an Ausschreibungen erleichtert.

Scheller plädierte zudem für neue Regelungen zur Verteilung der Kosten für den Netzausbau. Erneuerbare Energien würden zu einem wesentlichen Teil im ländlichen Raum erzeugt, aber in urbanen Zentren verbraucht. Die Kosten für den Ausbau der Verteilnetze dürften nicht einseitig auf den ländlichen Raum abgewälzt, sondern müssten fair verteilt werden.

Bayerns Wirtschafts- und Energieminister Hubert Aiwanger sieht Energiegenossenschaften als zentralen Erfolgsfaktor für das Erreichen der bayerischen Klimaziele und die Beschleunigung der Energiewende. „Wir treiben in der Staatsregierung die dezentrale Energiewende entschlossen voran. Ein wichtiger Partner und ein Schlüssel für das Gelingen sind für uns die Bürgerenergiegenossenschaften in Bayern. Sie haben sich bei der Realisierung innovativer Erneuerbare-Energie-Projekte bewährt. Bürgergetragene Windparks, Photovoltaikanlagen oder Nahwärmenetze steigern die Akzeptanz der Energiewende vor Ort und bringen Wertschöpfung in die Region.“

Seit dem Kriegsbeginn in der Ukraine und der damit einhergehenden Energiekrise seien die Anfragen zur Gründung von Energiegenossenschaften sehr stark angestiegen, konstatierte der Staatsminister:

„Wir erleben eine neue Gründungswelle bei den Energiegenossenschaften. Innerhalb eines Jahres hat sich die Zahl der Energiegenossenschaften, die Mitglied im GVB sind, von 273 Ende 2021 auf 289 Ende 2022 erhöht. Das zeigt, dass nicht nur der wirtschaftliche Vorteil von heimisch erzeugter Energie zählt. Für die Menschen rückt auch die nachhaltige und sichere Versorgung mit Strom und Wärme aus erneuerbaren Quellen in den Mittelpunkt.“

Mit Blick auf den stockenden Netzausbau erklärte Aiwanger: „Der Ausbau der Energienetze hält nicht Schritt mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energien und ist in der Praxis ein Flaschenhals. In Bayern bräuchten wir bis zu 1.000 neue Umspannwerke, um den EE-Strom mittelfristig in die Verteilnetze zu bringen. Deshalb plädiere ich dafür, auch mehr in regionalen Kategorien zu denken und die Speicherkapazitäten für grünen Strom vor Ort massiv zu erhöhen. Statt Windkraft- und PV-Anlagen für viel Geld abzuriegeln, müssen wir es schaffen, den erzeugten Strom in Batterien, als Wasserstoff oder in Pumpspeichern zu speichern.“

In der anschließenden Diskussion mit dem Minister wurde vor allem der fehlende Wille großer Netzbetreiber, weitere Einspeisepunkte für Strom aus Erneuerbaren Energien zu schaffen, kritisiert. Erneuerbare-Energien-Projekte würden scheitern, weil der nächste Einspeisepunkt viele Kilometer entfernt sei. Dies sei nicht finanzierbar, so der Tenor. Laut Michael Vogel von der Jurenergie würden auch Speicher das Problem nicht lösen. Es sei nicht hilfreich, Speicher zu bauen, wenn der Strom anschließend nicht zum Verbraucher transportiert werden könne. Die Netzbetreiber dürfe man hier nicht aus der Verantwortung entlassen.

Neben der schleppenden Genehmigung von EE-Projekten beschäftigt die Energiegenossenschaften auch die aus ihrer Sicht bei Ausschreibungen zu beobachtende Benachteiligung von Bürgerenergieprojekten. Die Vorgabe, dass Bewerber Projekterfahrung mit dem Bau von Windenergieanlagen im Wald mitbringen müssten, wurde als realitätsfern kritisiert, da im Freistaat bislang nur sehr wenige Windräder in Waldgebieten gebaut worden seien. Überdies wurde empfohlen, nicht nur die finanzstärksten Investoren zum Zuge kommen zu lassen.

Der Tag der bayerischen Energiegenossenschaften bot auch eine wichtige Plattform für Vorträge aus der Praxis für die Praxis. Die Referenten zeigten auf, wie sich innovative Energiewende-Projekte erfolgreich umsetzen lassen bzw. worauf beim Aufbau einer Energieinfrastruktur für Strom, Wärme oder E-Mobilität zu achten ist. Pascal Lang (Energiegenossenschaft Inn-Salzach) berichtete etwa über die Realisierung eines Photovoltaik-Parks mit Batteriespeicher in Unterfranken.

Bernhard Schmidt von der Neue Energien West eG hielt einen Vortrag über das Nahwärmenetz Trabitz von der Idee bis zur Umsetzung, während Christoph Bachmann von der Nahwärme Dornhausen eG über die optimale Planung eines Nahwärmenetzes informierte. Martin Hujber von der Bürgerenergie Niederbayern eG erläuterte schließlich, wie sich in einem Modellprojekt bei Landshut Nahwärme, Wasserstofferzeugung und regenerativer Strom kombinieren lassen.

DK

 

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