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(GZ-9-2023)
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► Neues Gutachten zur Klinikreform:

 

Vorschläge nicht verfassungsgemäß

 

Ein von Bayern, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein vorgelegtes Rechtsgutachten hält die Pläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach für eine Krankenhausreform für verfassungswidrig. Wie die Gesundheitsminister Klaus Holetschek, Karl-Josef Laumann und Kerstin von der Decken betonten, missachteten die Vorschläge der Regierungskommission vor allem die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern sowie das Primat der Krankenhausplanung der Länder.

Das bisherige Reformkonzept der Bundesregierung bedeute einen erheblichen Eingriff in die Planungshoheit der Länder und müsse deshalb korrigiert werden, so die Minister. Die Länder benötigten auch künftig weitreichende Entscheidungskompetenzen bei der Krankenhausplanung. „Wir können keine zentral von Berlin aus gesteuerte Reform mit einer bundesrechtlichen Einführung von detaillierten mit Strukturvorgaben hinterlegten Leveln und einer vorgegebenen starren Zuordnung von festen Leistungsgruppen zu einzelnen Leveln mitgehen“, hieß es.

Eigenständige Gestaltungsspielräume für die Länder

Das Rechtsgutachten stammt von Ferdinand Wollenschläger, Professor für Öffentliches Recht, Europarecht und Öffentliches Wirtschaftsrecht an der Universität Augsburg.

Aus seiner Sicht müssen den Ländern für die Krankenhausplanung eigenständige und erhebliche Gestaltungsspielräume sowohl legislativer als auch administrativer Art verbleiben. Jede bundesrechtliche Regelung zur Krankenhausfinanzierung und -versorgung finde dort ihre Grenze, wo der Bund strukturrelevante Regelungen trifft. Damit seien Regelungen des Bundes, die schwerpunktmäßig die Versorgungsstrukturen der Krankenhäuser steuern oder die Planungsspielräume der Länder für die Krankenhausversorgung übermäßig beschneiden, unzulässig.

Die Regierungskommission der Bundesregierung schlägt vor, dass die Zahlung der neu eingeführten Vorhaltevergütung für Kliniken nur für Leistungen erfolgt, zu deren Erbringung das jeweilige Krankenhaus durch Zuweisung eines entsprechenden „Levels“ sowie der erforderlichen „Leistungsgruppe“ bestimmt ist. Zudem muss das Krankenhaus die mit Level und Leistungsgruppe jeweils verbundenen Mindestvoraussetzungen erfüllen.

Offener Dialog auf Augenhöhe

Holetschek unterstrich: „Wir alle sind uns einig, dass eine Krankenhausreform wichtig ist. Klar ist aber auch: Die angestrebte Reform muss mit dem geltenden Verfassungsrecht in Einklang stehen. Wir wollen die bestmögliche und flächendeckende medizinische Versorgung der Menschen in unseren Ländern und dafür ziehen wir auch an einem Strang. Dafür braucht es einen offenen Dialog auf Augenhöhe und gemeinsame Lösungen.“

So sind die Bundesländer Bayern, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein bereit, ihre künftige Krankenhausplanung grundsätzlich an sogenannten Leistungsgruppen auszurichten. Holetschek unterstrich: „Leistungsgruppen, auch nach der Systematik von Nordrhein-Westfalen, sind aus unserer Sicht ein guter Weg. Die Strukturanforderungen für die Gruppen sollten dabei aber zwischen Bund und Ländern abgestimmt werden. Klar muss auch sein, dass die Letztverantwortung und die Entscheidung darüber, welchem Krankenhaus welche Leistungsgruppen zugewiesen werden, bei den Ländern liegt.“

Über die möglichen Auswirkungen der Krankenhausreform auf Niederbayern und den ländlichen Raum tauschten sich die niederbayerischen Landräte umgehend in Landshut mit Staatsminister Holetschek aus.

Bereits in den vergangenen Wochen ist deutlich geworden, dass das vom Bund vorgeschlagene Modell mit starren Zuordnungen von Leistungsgruppen zu Versorgungsstufen die Sicherstellung der medizinischen Versorgung in Niederbayern drastisch verändern würde.

Nach Holetscheks Worten muss immer klar sein: „Das Ziel jeder Krankenhausplanung ist und bleibt eine bestmögliche Gesundheitsversorgung der Menschen vor Ort – und zwar sowohl in der Stadt als auch auf dem Land.“ Laut Sebastian Gruber, Landrat des Landkreises Freyung-Grafenau und Bezirksvorsitzender des Bayerischen Landkreistags (Bezirksverband Niederbayern) „stehen viele Krankenhausträger bereits aktuell mit dem Rücken zur Wand, der Kostendruck ist immens, die Defizite steigen.

Wir wehren uns nicht gegen eine Reform, wir haben durchaus Bereitschaft zur Veränderung. Wir brauchen aber zunächst aktuell Hilfe und Unterstützung, um zu überleben. Gleichzeitig muss mit Bedacht und Vernunft eine Reform vorbereitet werden, aber nicht mit der Brechstange.“

Die medizinische Infrastruktur sei gerade im ländlichen Raum besonders wichtig, vor allem in Niederbayern, fuhr Gruber fort. Bei den aktuellen Plänen des Bundes zu einer möglichen Reform der Krankenhäuser gehe es ausschließlich um eine Stärkung der großen Zentren. Darunter litten nicht nur der ländliche Raum, sondern in erster Linie die Menschen, die hier leben und auf eine hochwertige medizinische Grundversorgung angewiesen sind. Die Tagung habe gezeigt, dass die niederbayerischen Landkreise weiterhin und konsequent ein hochwertiges stationäres und ambulantes Angebot gewährleisten möchten, um einerseits die bestmögliche Grund- und Regelversorgung für die Bevölkerung und andererseits den Erhalt der Arbeitsplätze auch in Zukunft sicherzustellen.

„Wir dürfen es nicht akzeptieren, dass die Lauterbachschen Reformabsichten sich an ausschließlich städtischen Strukturen orientieren. Eine Zentralisierung der Krankenversorgung geht für die ländlich geprägten Räume der Bundesrepublik an der Realität weit vorbei“, unterstrich der Landshuter Landrat Peter Dreier.

„Gerade die Corona-Pandemie hat uns gezeigt, wie wichtig auch die kleinen Krankenhäuser in der Fläche sind. Vielmehr braucht es eine grundlegende Veränderung der Versorgungsstrukturen und vereinfachte Möglichkeiten zur Kooperation der einzelnen Häuser, über die Landkreisgrenzen hinweg.“

Wie der niederbayerische Bezirkstagspräsident Olaf Heinrich hervorhob, würde die auf Bundesebene diskutierte Reform zudem eine gravierende Verschlechterung der Ausbildungsmöglichkeiten für Pflegekräfte in Niederbayern bedeuten. Dies wäre existenzgefährdend, so Heinrich.

„Die Menschen in ländlicheren Regionen wie Niederbayern dürfen nicht zu Patienten zweiter Klasse werden“, mahnte schließlich Rainer Haselbeck, Regierungspräsident von Niederbayern.

BKG begrüßt Rechtsgutachten

„Wir begrüßen, dass nun auch gutachterlich klargestellt wurde, dass Instrumente der Krankenhausfinanzierung nicht derart massiv in die Hoheit der Krankenhausplanung eingreifen dürfen. Es darf keine zentralen Vorgaben geben, die an der Versorgungsrealität vorbeigehen. Allzu oft wurden bereits in der Vergangenheit Krankenhausstrukturen im ländlichen Raum dadurch gefährdet, dass für Finanzierungsregelungen pauschale Strukturvorgaben von Berlin aus bestimmt worden sind“, machte BKG-Geschäftsführer Roland Engehausen deutlich.

DK

 

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