800 Flüchtlinge in die Oberpfalz waren es im Mai dieses Jahres. Die Zahl der Flüchtlinge aus der Ukraine ist zurückgegangen, überwiegend sind es Menschen aus Drittstaaten wie beispielsweise Syrien, dem Irak oder Afghanistan, die Schutz suchen. Für diese Flüchtlinge wird Wohnraum benötigt. Die Kapazitätsplanung der Regierung der Oberpfalz sieht vor, in jedem der sieben Landkreise hundert neue Unterbringungsmöglichkeiten zu schaffen. Bei der Akquise neuer Unterkünfte tun sich die Landräte jedoch schwer.
„Es brennt, wir finden nichts mehr, wir haben keine freien Industriehallen oder Flächen mehr“, brachte es der Amberg-Sulzbacher Landrat Richard Reisinger, zugleich Sprecher der Oberpfälzer Landräte, auf den Punkt. „Und die Belegung von Turnhallen wollen wir unbedingt vermeiden, um den Schulsport nicht zu beeinträchtigen.“
Fehlbeleger finden keine Wohnung
Zur Sprache kam auch das Thema Fehlbeleger: Ende Mai waren 3.345 Menschen in Flüchtlingsunterkünften untergebracht, obwohl sie als Flüchtlinge anerkannt sind, einen Aufenthaltstitel in Deutschland haben und ihre Flüchtlingsunterkunft somit eigentlich verlassen müssten. Problem: Sie finden keine Wohnung.
Die Situation ist angespannt, die Landkreise immer mehr am Limit. Und die Oberpfälzer Landräte fühlen sich zum Teil auch allein gelassen. Wie der Bezirkstagspräsident und Chamer Landrat Franz Löffler ausführte, „sind die Aufnahme- und Integrationskapazitäten in den Landkreisen weitgehend erschöpft. Die prognostizierten Zahlen des Bundes gehen auch nicht von einer Entspannung der Unterbringungssituation aus. Die kommunale Ebene trägt vor Ort die Hauptverantwortung für die Umsetzung der Asylpolitik des Bundes.“
Flüchtlingsschiff MS Rossini
In diesem Zusammenhang wies Regensburgs Landrätin Tanja Schweiger darauf hin, aufgrund der weiterhin sehr angespannten Situation, das Flüchtlingsschiff MS Rossini weiter zu nutzen. Dazu soll das Hotelschiff Anfang August von Bach nach Donaustauf verlegt werden. Der bisherige Mietvertrag läuft Ende Juli aus. Den Bürgerinnen und Bürgern von Bach a. d. Donau, wo das Schiff seit Anfang Februar anliegt, hatte die Landkreischefin die Zusage gegeben, dass dieses nach sechs Monaten wieder ablegen wird.
„Die Weiternutzung des Schiffes“, so Schweiger, „stellt sicher, dass wir wie bisher keine Turnhallen belegen müssen“. Denn der Unterbringungsdruck für die Kommunen sei unverändert hoch. Dem Landkreis würden monatlich im Schnitt 30 Personen zugewiesen. Dies bedeute, dass pro Monat etwa zwei Ein- oder Mehrfamilienhäuser angemietet werden müssten, um keine zusätzlichen Notunterkünfte in Betrieb nehmen zu müssen. Seit 1.3.2023 konnten so zahlreiche Unterkünfte mit insgesamt 345 Plätzen in verschiedenen Gemeinden angemietet werden, jedoch seien auch diese schon wieder verplant.
Die bisherigen Erfahrungswerte mit der Nutzung des Schiffes als Notunterkunft haben sich Schweiger zufolge als gut erwiesen. Bisher habe es dort keine nennenswerten Probleme gegeben. Die Belegung des Schiffes in Bach wuchs sukzessive an, derzeit sind etwa 140 Asylsuchende untergebracht. Vereinbart war, generell nicht mehr als 150 Personen unterzubringen, die Maximalkapazität von 200 also nicht auszuschöpfen. Diese Regelung gilt jetzt auch für Donaustauf.
Insgesamt machten die Oberpfälzer Landräte deutlich, dass sie das Asylrecht nicht in Frage stellten und ihren Aufgaben bei der Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern bestmöglich nachkämen.
Allerdings wünschen sie sich zugleich mehr Unterstützung vom Bund, zum Beispiel mehr Tempo bei der Rückführung von abgelehnten Asylbewerbern. Menschen, deren Asylantrag bereits abgelehnt wurde, sollten das Land schneller verlassen, da ansonsten kein Platz mehr für andere Flüchtlinge vorhanden sei.
Einer qualifizierten und geordneten Zuwanderung stehen die Landkreischefs positiv gegenüber. Denn auch in der Oberpfalz fehlen gut ausgebildete Fachkräfte. Hier wäre es hilfreich, bürokratische Hürden, zum Beispiel bei der Anerkennung von Berufsabschlüssen, abzubauen, hieß es.
Mittelfranken
Die Landrätinnen und Landräte im Bezirksverband Mittelfranken tauschten sich bei ihrer jüngsten Sitzung in Cadolzburg unter anderem mit dem Beauftragten der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, für Erinnerungsarbeit und geschichtliches Erbe, Dr. Ludwig Spaenle, aus. Im Zentrum standen dabei Wege und Möglichkeiten, sich gemeinsam gegen Antisemitismus zur Wehr zu setzen.
Instrumente und Handlungskonzepte
Dazu wurden im Freistaat nach Spaenles Angaben in den vergangenen fünf Jahren mehrere Instrumente und Handlungskonzepte entwickelt und erprobt:
- Die Funktion als Ombudsmann für die jüdische Community und als deren politischer Anwalt gegen Politik und Gesellschaft ist notwendig.
- Auf der Grundlage der Antisemitismusdefinition der IHRA muss die gesellschaftliche und politische Widerstandskraft gegen Judenhass ausgebaut werden.
- Das Gesamtkonzept des Freistaats Bayern, der als erstes Bundesland ein koordiniertes Vorgehen von Politik und Verwaltung initiiert hat, wird weiter umgesetzt.
- Ein umfassendes Wissen gegen Judenhass ist die Basis für eine erfolgreiche Präventionsarbeit und zur Förderung jüdischen Lebens.
- Die strategische Vernetzung aller Einrichtungen und Organisationen, die mit jüdischem Leben, Geschichte und Kultur zu tun haben, wird auf Dauer die Resilienz fördern, Kompetenzen bündeln und die Kräfte der Gesellschaft mit der jüdischen Community verbinden.
- Antisemitismus erfordert eine grenzübergreifende enge Zusammenarbeit auf nationaler und internationaler Ebene.
- Die Aufnahme der Unterstützung jüdischen Lebens und des Kampfes gegen Antisemitismus als Staatsziele in die Bayerische Verfassung bleibt ein wichtiges Ziel.
Knapp 20.000 Jüdinnen und Juden leben heute in Bayern. „Eine Bedrohung jüdischen Lebens ist unerträglich, nicht hinnehmbar und gegen das gesamte Gemeinwesen gerichtet. Wir müssen uns immer und überall vereint gegen Antisemitismus stellen“, betonte Spaenle, der damit allen Anwesenden aus dem Herzen sprach.
DK
TV-Beitrag von TV-Bayern.
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