Kommunale Praxiszurück

(GZ-5-2024 - 29. Februar)
gz kommunale praxis

► Transparenzgesetz für Kliniken:

 

Verpasste Chance

 

Nach monatelangem Streit um mehr Transparenz bei Klinik-Behandlungen hat sich eine Mehrheit im Vermittlungsausschuss aus Bundesregierung und SPD-Ländern über das dazu geplante Gesetz geeinigt. Der Bundesrat hatte das vom Bundestag beschlossene Transparenzgesetz im November zunächst gestoppt.

Mit Blick auf eine geplante große Krankenhausreform sollen die Kliniken einen „Transformationsfonds“ bekommen, kündigte Gesundheitsminister Lauterbach an. Für den Fonds seien von 2025 an für zehn Jahre 50 Milliarden Euro geplant. Die Summe sollten sich Bund und Länder je zur Hälfte teilen.

Online-Atlas

Zudem soll ein Online-Atlas geschaffen werden, der Patienten Auskunft über bundesweit 1.700 Klinikstandorte gibt. In dem „Transparenzverzeichnis soll erkennbar sein, welches Krankenhaus welche Leistungen anbietet. Abrufbar sein sollen auch Daten zur Behandlungserfahrung, zum Personalschlüssel bei Ärzten und Pflegekräften sowie zu Komplikationsraten ausgewählter Eingriffe. Der Start des Portals ist Lauterbach zufolge weiterhin für den 1. Mai geplant.

Im Gesetz vorgesehen sind auch Regelungen zu zusätzlicher Liquidität in Milliardenhöhe für die Klinken. Es soll eine große Reform mit Neuregelungen zur Vergütung der Krankenhäuser begleiten, über die Bund und Länder seit Monaten verhandeln.

Keine Einigung im Vermittlungsausschuss

Das Krankenhaus-Transparenzgesetz ist eines von mehreren Gesetzen, mit denen Lauterbach das Krankenhaussystem grundlegend reformieren will. Kernstück der geplanten großen Reform ist ein neues Vergütungssystem, das die Kliniken von dem ökonomischen Druck befreien soll, immer mehr Patienten zu behandeln.

Unterdessen hält Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach weiterhin an ihrer Kritik am Krankenhaustransparenzgesetz der Bundesregierung fest. Nach ihren Angaben „gab es entgegen der Darstellung von Bundesgesundheitsminister Lauterbach keine Einigung im Vermittlungsausschuss. Vielmehr wurde das Krankenhaustransparenzgesetz in unveränderter Fassung von der Ampel-Mehrheit gegen das Votum der Unions-Seite durchgedrückt.“

Persönliche Ansichten vs. Kompromissbereitschaft

Gerlach bezeichnete es als „eine vertane Chance für Lauterbach, wichtige Weichen für die Krankenhäuser in Deutschland gemeinsam mit allen Ländern zu stellen. Um sein persönliches Anliegen ‚Transparenzverzeichnis‘ nach seinen Vorstellungen durchzudrücken, war der Bundesgesundheitsminister zu keinem inhaltlichen Kompromiss bereit. Ich frage mich ernsthaft, ob er überhaupt Interesse an einem Konsens mit allen Ländern im Ringen um die Zukunft der Kliniken in Deutschland hat.“

Auch der Geschäftsführer der Bayerischen Krankenhausgesellschaft (BKG), Roland Engehausen, zeigte sich über das Ergebnis enttäuscht: „Mit den angekündigten Regelungen wird die aktuelle Finanznot und Insolvenzgefahr in den Krankenhäusern überhaupt nicht beseitigt. Die angekündigten Liquiditätshilfen sind nur vorgezogene Zahlungen bereits bestehender Vergütungsansprüche, wodurch die Kliniken in diesem Jahr keinen Euro zusätzlich erhalten.“

Kalter Strukturwandel

Engehausen zufolge ist ein künftiger Transformationsfonds notwendig für den Strukturwandel, aber keine Lösung für die derzeitige Situation. In diesem Jahr drohe weiterhin ein kalter Strukturwandel durch Insolvenzen und Standortschließungen aus wirtschaftlicher Not, wenn es auch künftig keine verbindliche Anpassung der regulären Erlöse über die sogenannten Basisfallwerte zum Ausgleich der Inflationslücke seit 2022 gibt.

Laut Gerlach „bleibt nach dem Ergebnis des Vermittlungsausschusses das Transparenzgesetz unverändert, nur einige unrealistische Fristen müssen noch im Zuge eines anderen Gesetzes korrigiert werden. Enttäuschend ist vor allem auch, dass vom Bund nach wie vor nichts zu den von Länderseite seit geraumer Zeit geforderten finanziellen Verbesserungen bei den Krankenhausbetriebskosten kommt. Einige Krankenhäuser werden die Reform gar nicht mehr erleben, wenn Lauterbach sie weiter im Regen stehen lässt.“

Zudem kritisierte die Ministerin, dass nach der dualen Krankenhausfinanzierung allein der Bund für die auskömmliche Finanzierung von Betriebskosten verantwortlich sei. Zu den Betriebskostendefiziten habe der Bundesgesundheitsminister nichts Substanzielles von sich hören lassen. Dies sei angesichts der bekannt schwierigen Finanzsituation der Krankenhäuser in höchstem Maße alarmierend. Stattdessen kündige Lauterbach einseitig einen Transformationsfonds in Höhe von 50 Milliarden Euro an, der nach seinen Vorstellungen zur Hälfte vom Bund und zur Hälfte von den Ländern gespeist werden soll.

Heftige Kritik an Lauterbach

Aus Gerlachs Sicht will Lauterbach einfach Festlegungen über 25 Milliarden Euro in den Länderhaushalten erzwingen. Diese Vorgehensweise bestätige den Eindruck, dass Lauterbach an einer echten Zusammenarbeit mit den Ländern auf Augenhöhe kein Interesse hat. Bedauerlich sei auch, dass das Transparenzgesetz in dieser Form nicht die gewünschte Transparenz für die Patienten schaffen wird. „Ich bin überzeugt, dass wir zuerst die Krankenhausreform vorantreiben und bei den wichtigen Themen wie den Leistungsgruppen und Öffnungsklauseln Klarheit schaffen sollten, bevor ein solches Transparenzverzeichnis eingerichtet wird. Ich hoffe, dass Herr Lauterbach nun seine Blockadehaltung bei der eigentlichen Krankenhausreform beendet und endlich in eine konstruktive Abstimmung mit den Ländern geht.“

Mit Blick auf die an das Gesetz gekoppelten Liquiditätshilfen für Krankenhäuser führte Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, aus: „Die jetzt zugesagten Liquiditätshilfen helfen den Krankenhäusern zwar kurzfristig, aber es ist Geld, das den Häusern sowieso zusteht. Das reicht nicht aus, um die erheblichen Kostensteigerungen der Krankenhäuser besonders für das Personal und durch die Inflation zu stemmen. Wir haben die große Sorge, dass vielen Krankenhäusern in den nächsten Monaten die Puste ausgeht, wenn der Bund nicht schnell Geld nachschiebt.“

Immerhin habe der Vermittlungsausschuss, so Dedy, eine Perspektive für die nötige Krankenhausreform eröffnet. Dies müsse dringend kommen, damit die strukturelle Unterfinanzierung der Häuser beseitigt wird. „Wir hoffen, dass sich Bund und Länder jetzt aufeinander zu bewegen und die Krankenhausreform zügig in ein Gesetz mündet“, erklärte der Hauptgeschäftsführer. Der angekündigte Transformationsfonds sei notwendig, damit der Umbau der Krankenhäuser und deren Finanzierung gelingen kann. „Das muss noch vor dem Sommer konkret werden, damit ein unstrukturiertes Krankenhaussterben vermieden wird.“

DK

 

 

Dieser Artikel hat Ihnen weitergeholfen?
Bedenken Sie nur, welche Informationsfülle ein Abo der Bayerischen GemeindeZeitung Ihnen liefern würde!
Hier geht’s zum Abo!

 

GemeindeZeitung

Kommunale Praxis

AppStore

TwitterfacebookinstagramYouTube

Google Play

© Bayerische GemeindeZeitung