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(GZ-5-2024 - 29. Februar)
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► Erfurter Gleichstellungsbeauftragte fristlos entlassen:

 

Novum in Deutschland

 

Weil sie mutmaßliche sexuelle Übergriffe am Theater Erfurt öffentlich machte, wurde Erfurts Gleichstellungsbeauftragte Mary-Ellen Witzmann Ende des vergangenen Jahres fristlos von der Stadt entlassen. Dagegen klagt Witzmann nun vor dem Verwaltungsgericht. Die Übergriffe werden weiter überprüft. Ein einmaliger Fall in der Geschichte kommunaler Gleichstellungsbeauftragter.

In mehreren Fällen hatte Witzmann Beschäftigte des städtischen Theaters begleitet, die Opfer von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz geworden waren. Nun geht es darum, zu klären, ob das Handeln der Gleichstellungsbeauftragten gemäß des Thüringer Gleichstellungsgesetzes rechtmäßig war. Die Klage ist von großer Bedeutung für die Arbeit aller Gleichstellungsbeauftragten, da sie sich auf den Umgang mit sexueller Belästigung in städtischen Institutionen bezieht.

Witzmanns Anwalt beteuert, seine Mandantin habe nur den Opfern helfen und ihren Aufgaben als Gleichstellungsbeauftragter nachkommen wollen. Zu denen gehöre auch Öffentlichkeitsarbeit. Die Stadt als Beklagte spricht von eigenmächtigem Verhalten, „grober Pflichtverletzung“ und einem irreparablen „Vertrauensverlust“.

Im Erfurter Stadtrat hatte das Vorgehen von Oberbürgermeister Andreas Bausewein rund um die Entlassung für Entrüstung gesorgt. Vier Fraktionen warfen ihm vor, ein „verheerendes Signal” an Betroffene von sexualisierter Gewalt zu senden und die Aufklärung von Vorwürfen zu erschweren. Auch die Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen (BAG) äußerte ihr Befremden über den Vorgang. Sie sieht in dem Vorgehen der Stadt Erfurt gegen die ehemalige Gleichstellungsbeauftragte ein fatales Zeichen für Betroffene von sexueller Belästigung. Außerdem sei es ein höchst beunruhigender Präzedenzfall im Umgang mit einer kommunalen Gleichstellungsbeauftragten, ist sie doch eine zentrale Stimme für die Vertretung der Interessen von Betroffenen von sexueller Belästigung und sexualisierter Gewalt. Über die Rechtmäßigkeit der Kündigung muss nun das Arbeitsgericht entscheiden. Witzmann hatte das Amt der Gleichstellungsbeauftragten erst im Sommer 2023 angetreten.

DK

 

 

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