Ludwigsburg. Jährlich finden in Baden-Württemberg circa 140 Bürgermeisterwahlen statt, bei denen Kandidierende um den Einzug in das Bürgermeisteramt streiten. Kandidaturen sind in Baden-Württemberg Einzelbewerbungen, was bedeutet, dass die Organisation des Wahlkampfes alleine den Kandidierenden obliegt. Hierfür müssen nicht nur finanzielle Ressourcen mobilisiert werden, auch Wissen und Erfahrung in der Durchführung eines Wahlkampfes sind von grundlegender Bedeutung.
Es warten etliche Herausforderungen auf die Kandidierenden, schließlich sind die Erwartungen der Wählerschaft an die Gestaltung von Wahlkampagnen größer geworden. Vielen fehlt aber das für einen qualitativ hochwertigen Wahlkampf notwendige Know-how. Einige Unternehmer erkannten dies und machten sich als sogenannte Bürgermeistermacher selbstständig.
Solche Wahlkampfmanager begleiten gegen Entgelt Bewerbende durch den gesamten Wahlkampf. Die Bewerbenden versprechen sich von dieser Form der professionellen Wahlkampfhilfe entscheidende Impulse und Vorteile gegenüber der Konkurrenz. Aus diesem Grund wurden alle Bürgermeister/innen, die zwischen dem 15.06.2018 und dem 14.06.2020 gewählt wurden, zu einer Umfrage über ihren Wahlkampf eingeladen. Insgesamt 75 Bürgermeister/innen nahmen an dieser Umfrage teil.
Professionelle Unterstützung bei Wahlen längst üblich
Die Umfrage unter neugewählten Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern verdeutlichte, dass professionelle Unterstützung längst auf Ebene der Bürgermeisterwahlen angekommen ist. Die professionelle Unterstützung definiert sich hierbei allerdings nicht dadurch, dass sich die Unterstützenden als Bürgermeistermacher bezeichnen. Auch Fotografen, Web-Designer und andere Dienstleister sind in diesem Kontext zu nennen.
Über 80 Prozent der Befragten gaben an, dass sie mindestens eine solcher Hilfen in Anspruch nahmen. Insbesondere bei der Erstellung von Werbemitteln scheint eine rege Nachfrage zu existieren. Kandidierende, die ihre Wahlkämpfe in unserem Nachbarbundesland ohne fremde Hilfen bestritten, finden sich fast ausnahmslos in kleineren Gemeinden. Mit steigender Gemeindegröße scheint die Hinzuziehung solcher Unterstützungen somit an Bedeutung zu gewinnen.
Bessere Chancen für ein positives Ergebnis Bürgermeistermacher, die die Kandidierenden mit verschiedenen Dienstleistungen durch den kompletten Wahlkampf begleiten, werden ebenfalls gelegentlich engagiert. Fast jeder fünfte neugewählte Bürgermeister, beziehungsweise jede fünfte neugewählte Bürgermeisterin, engagierte einen Bürgermeistermacher, wenn auch anzunehmen ist, dass eine gewisse Dunkelziffer existiert, da die Wahlkampfberatung auf kommunaler Ebene einen eher negativen Ruf innehat.
Sofern Bürgermeistermacher zum Einsatz kommen, können sie die Chancen auf einen Wahlsieg ihrer Klient/innen tatsächlich erhöhen. Für Bürgermeisterwahlen existieren verschiedene Erfolgsfaktoren.
Persönlichkeit und Sozialprofil
Neben dem Sozialprofil und der Persönlichkeit der Kandidierenden, beeinflussen die Organisation und Kommunikation sowie der Orts- und Wahlkontext die Siegchancen. Das Sozialprofil und die Persönlichkeit sind dabei von besonderer Bedeutung. Kandidierende, die beispielsweise keine Verwaltungserfahrung vorweisen können, oder bereits in einem Alter sind, das keine zweite Amtsperiode erlauben würde, haben jedoch auch mit einem Bürgermeistermacher nur geringe Chancen auf einen Wahlsieg. Stimmen diese persönlichen Voraussetzungen aber mit den Erwartungen der Wählenden überein, kann ein Bürgermeistermacher in der Organisation und Kommunikation hingegen entscheidende Impulse setzen.
Coaching für Sprache und Habitus
Durch Coaching in Sprache und Habitus kann das gesamte öffentliche Auftreten von Kandidierenden verbessert werden. In diesem Zusammenhang muss aber festgehalten werden, dass die befragten Bürgermeister/innen mit Wahlkampfberater aufgrund ihres Sozialprofils ohnehin gute Voraussetzungen auf den Wahlsieg hatten. Ob die Arbeit der Bürgermeistermacher in diesen Fällen ausschlaggebend für den Wahlsieg war, kann somit zumindest partiell in Frage gestellt werden.
|