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(GZ-11-2024 - 6. Juni)
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► Regionalpartnerschaften

 

Motor für Partnerschaften mit tschechischen Kommunen

Podiumsgespräch des Sudetendeutschen Heimatrates

 

Als Vorbild für kommunale Partnerschaftsarbeit kann die Regionalpartnerschaft zwischen Mittelfranken und Südmähren dienen. Dies wurde beim Sudetendeutschen Tag in Augsburg bei der Podiumsdiskussion des Sudetendeutschen Heimatrates zum Thema „Deutsche und Tschechen – kommunale Partnerschaften“ deutlich.

Die Podiumsteilnehmerinnen und -teilnehmer. V.l.: Peter Daniel Forster (Bezirkstagspräsident Mittelfranken), Robert Pötzsch (Bürgermeister Waldkraiburg), Moderator Toni Dutz (Bürgermeister Wiesau), Irene Novák, Petra Laurin, Stefan Bosse (Oberbürgermeister Kaufbeuren). Bild: Markus Bauer
Die Podiumsteilnehmerinnen und -teilnehmer. V.l.: Peter Daniel Forster (Bezirkstagspräsident Mittelfranken), Robert Pötzsch (Bürgermeister Waldkraiburg), Moderator Toni Dutz (Bürgermeister Wiesau), Irene Novák, Petra Laurin, Stefan Bosse (Oberbürgermeister Kaufbeuren). Bild: Markus Bauer

Nach Frankreich hat Mittelfranken seit den 1970er Jahren partnerschaftliche Beziehungen. Seit der Gebietsreform in Frankreich 2016 ist es jetzt die Region Nouvelle-Aquitaine. 2000 kam die Regionalpartnerschaft mit der Woiwodschaft Pommern in Polen dazu, flankiert von fünf kommunalen Partnerschaften. Christa Naaß schlug im Bezirkstag Mittelfranken vor, eine solche Partnerschaft auch mit Südmähren zu installieren. Zunächst reiste eine Delegation zum „ersten Anklopfen“, so Peter Daniel Forster, Bezirkstagspräsident Mittelfranken. Erschwerend war, dass es in Südmähren wie auch Mittelfranken von 2015 bis 2024 mehrere Wechsel im Kreishauptmanns- bzw. Bezirkstagspräsidentenamt gab.

Landwirtschaft als verbindendes Element

Thematisch anknüpfen ließ sich im landwirtschaftlichen Segment. In Triesdorf befinden sich die landwirtschaftlichen Lehranstalten, Südmähren ist die bedeutendste Weinbauregion Tschechiens mit einer Schule für Weinbau. Als die Corona-Beschränkungen vorbei waren, beschloss der Bezirkstag Mittelfranken 2023 die Gründung der Regionalpartnerschaft mit der Region Südmähren. „Wir verstehen diese Partnerschaft auch in dem Sinn, kleinen Gemeinden Hilfen für eigene kommunale Partnerschaften zu geben“, konkretisierte Forster. Dabei sind ihm besonders die Jugend und die Vereine wichtig. Vor Ort müssten entsprechende Komitees gegründet werden. Mit Freude verwies er darauf, dass Ende Juni die erste Gemeindepartnerschaft zwischen dem Markt Arberg und dem südmährischen Dolní Dunajovice besiegelt wird. Positiv ist, dass eine Mitarbeiterin im Büro für Regionalpartnerschaften Tschechisch spricht.

118 Nationen in Waldkraiburg

Völlig anders sieht es in Waldkraiburg, einer der bayerischen Vertriebenenstädte, aus. Seit 1980 ist Waldkraiburg Patenstadt der Sudetendeutschen aus dem Adlergebirge. Und auf Antrag der Sudetendeutschen Landsmannschaft hat der Waldkraiburger Stadtrat 1985 die Patenschaft für die Stadt Haida übernommen. Darüber hinaus besteht seit 1997 eine Städtepartnerschaft mit Sartrouville nahe Paris. Laut Bürgermeister Robert Pötzsch leben aktuell Personen aus 118 Nationen in Waldkraiburg – mit entsprechenden Kulturen. „Wir feiern zusammen, es entstehen Freundschaften und Partnerschaften“, merkt er an. Doch er sieht auch etwas betrübt in die Zukunft: „Die Kultur aus der Vergangenheit, besonders von den Heimatvertriebenen, wird immer weniger. Die Stadt Waldkraiburg hat keine eigene Kultur entwickelt. Wenn die Aufbaukultur nicht mehr da ist – und damit die Erinnerung, der Rückblick, und auch das Lernen aus der Vergangenheit, dann fehlt ein wichtiges Stück Heimat und Kultur.“ Und genau dieses Erbe mache, so Pötzsch, eine Vertriebenenstadt aus.

Gemeinsamer Blick auf die Geschichte

Neugablonz, ein Stadtteil von Kaufbeuren, ist eine weitere Vertriebenenstadt. Die Stadt im Allgäu hat seit September 1991 eine Städteliaison mit Ferrara in Italien, seit Juli 1992 mit Szombathely in Ungarn und – naheliegend – seit September 2009 mit Gablonz an der Neiße (Jablonec nad Nisou). Zu Gablonz an der Neiße gab es keine Alternative als tschechische Partnerstadt. „Wir mussten keine andere finden, es war ja die Originalstadt“, erläuterte Oberbürgermeister Stefan Bosse. Neben dem guten Verhältnis der Bürgermeister ist für den Kaufbeurer Rathauschef speziell hier der „gemeinsame Blick auf die Geschichte“ von Bedeutung. Auch Bosse, seit fast 20 Jahren im Amt, stellte fest, dass seit Gründung der Partnerschaft in Gablonz an der Neiße inzwischen der fünfte Rathauschef amtiert. „Aber ist es immer gelungen darzustellen, dass die Partnerschaft wichtig ist“, bilanzierte Bosse, der auch die Heimatvertriebenen in die Partnerschaftsarbeit einbezieht.

„Es gab damals auf tschechischer Seite Vorurteile“, erläuterte Petra Laurin aus Gablonz an der Neiße. Zusammen mit Irene Novák vermittelte sie die gemeinsame Geschichte von Deutschen und Tschechen in Böhmen und Mähren. So schufen sie eine gute Basis für die Städtepartnerschaft mit Kaufbeuren/Neugablonz. „Städtepartnerschaften sind eine sehr wichtige Sache. Aber die zwischen Kaufbeuren/Neugablonz und Gablonz an der Neiße ist eine ganz besondere“, drückte Irene Novák ihre Begeisterung aus.

Markus Bauer

 

 

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