(GZ-14-2024 - 18. Juli) |
► Verleihung der Heimatpreise Bayern: |
Gelebte Gemeinschaft |
Zwanzig vorbildliche Projekte wurden in München und Nürnberg von Finanz- und Heimatminister Albert Füracker mit dem Heimatpreis im Rahmen des Festakts „Heimat Bayern“ ausgezeichnet. „Die Preisträgerinnen und Preisträger verleihen ihrer Heimatverbundenheit unter anderem Ausdruck in den Bereichen Kultur, Dialektpflege, generationsübergreifender Austausch sowie Erhalt und Pflege von Bräuchen und der Heimatgeschichte“, betonte Füracker.
Zu den mit dem Heimatpreis Geehrten zählt der oberbayerische Deutenhauser Viergsang. Seit bereits 35 Jahren bestehend, hat er es sich im Rahmen überwiegend ehrenamtlicher Tätigkeit zur Aufgabe gemacht, original bairisches Liedgut zu pflegen, zu bewahren und weiterzugeben. Dabei ist es ihm besonders wichtig, die Lieder aus der unmittelbaren Region wiederzubeleben und erneut zu Gehör zu bringen. Neben altüberlieferten Liedern werden auch neue geschaffen und gesungen.
Musiziertradition erhalten
Um die Heranführung und Weiterbildung von Kindern und Jugendlichen an die überlieferte Musikkultur kümmert sich in besonderer Weise der Verein „Aufgspuit und gsunga“ aus dem oberbayerischen Ainring. So vermittelt er etwa in Kindergärten, Schulen und Vereinen die Bedeutung von Tradition für einen gelungenen gesellschaftlichen Zusammenhalt. Gleichzeitig ist es dem Verein ein großes Anliegen, Musiziertradition zu erhalten und behutsam fortzuentwickeln.
Der „Apostelfischer“ Passau e.V. zählt mit Grundsteinlegung im Jahr 1358 zu den ältesten Vereinigungen der Stadt Passau und besteht in seiner heutigen Form als eingetragener Verein seit 1962. Das Fischereirecht zwischen Gaißa- und Ilzmündung wurde nach urkundlicher Belegung zwölf Passauer Fischern eingeräumt. Der heutige Name „Apostelfischer“ ist unter anderem auf die Anzahl der Jünger Jesu zurückzuführen. Mit gezieltem Befischen, seinem Einsatz für den Erhalt bedrohter Arten und seinem Engagement bei der Pflege neuer Ausgleichsmaßnahmen trägt der Verein massiv zum Erhalt der Kulturlandschaft an der Donau bei.
Heimatpflegerische Belange
Abstammend von dem Begriff „Bläserisches Musikfestival“ organisiert der Bluval e.V. jährlich ein mehrwöchiges Musikfestival namens Bluval, das heuer nicht nur 30-jähriges Jubiläum feiert, sondern mittlerweile zu einem Synonym für den Musikherbst in und um Straubing geworden ist. Mit seinem breiten Spektrum von Volksmusik über Klassik bis hin zu Jazz bietet die Veranstaltung eine hohe künstlerische Qualität:
Alleinstellungsmerkmal ist die einzigartige Ausrichtung auf alle Formen der Blasmusik. Neben seiner mehrwöchigen Musikveranstaltung bietet der Bluval e.V. seit mehreren Jahren Meisterkurse an, in denen der Kontakt zwischen renommierten Künstlern und dem musikalischen Nachwuchs vermittelt werden soll.
Der Heimattag für den Landkreis Lindau e.V. setzt sich öffentlichkeitswirksam für zahlreiche heimatpflegerische Belange ein. So wirkt er beratend oder mitwirkend bei Verfahren der Bau- und Landschaftsplanung sowie des Denkmal-, Natur-, Landschafts- und Umweltschutzes, sammelt und archiviert Dokumente zur anschließenden Veröffentlichung, veranstaltet einen wöchentlichen Lesekurs für alte Schriften und veröffentlicht die „Westallgäuer Heimatblätter“.
Verbindung von Kunst und Bildung
Als eine Mischung aus theaterpädagogischer Einrichtung und Jugendzentrum ist die Kunstwerkstatt in Kaufbeuren eine einzigartige Verbindung von Kunst und Bildung. Für rund 200 Nachwuchsschauspieler bietet sie jährlich die Möglichkeit, auf einer professionell ausgestatteten Bühne zu agieren. Inklusion und Integration spielen dabei eine wichtige Rolle, denn die Kulturwerkstatt ist nicht nur eine Freizeitstätte, sondern auch ein Ort, der vor allem Kindern und Jugendlichen Akzeptanz entgegenbringt und ihnen eine Heimat bietet.
Der Straubinger Kalender als ältester Heimatkalender Deutschlands erschien im Jahr 2020 zum 425. Mal – das älteste erhaltene Exemplar stammt aus dem Jahr 1765. Früher als Kalendarium für astronomische Daten, Bauernregeln und Wettervorhersagen gedacht, enthält er seit dem 19. Jahrhundert vermehrt Geschichten, Gedichte, Anekdoten, Rätsel, Bilder und Gesundheitsratschläge. Die Inhalte werden von einheimischen Schriftstellern, Volkskundlern, Historikern sowie durch Bürger der Stadt gestellt. Der Straubinger Kalender wird zum Teil sogar weltweit verschickt und ist dort für viele eine Brücke in die alte Heimat.
Bereits seit 25 Jahren besteht der VMV Volksmusikverein, Verein für bairische Kultur im Landkreis Landshut. Ziel seiner Gründung waren der Abbau von Vorurteilen gegenüber der Volksmusik sowie die Bündelung von Kräften, um Hilfe und Zuarbeit für die Volksmusikpflege zu sichern. Dies erreicht der Verein durch Seminare für Interessierte und Gleichgesinnte, eine Fachbetreuung für Familien und Kinder, den Erhalt von Noten, Tänzen, Bild- und Tondokumenten, der Veröffentlichung mehrerer CDs sowie der vierteljährlichen Herausgabe der Zeitschrift „Postillion“.
Ein weit über Landsberg hinaus bekanntes Kinderfest mit langer Tradition und Geschichte ist das Landsberger Ruethenfest. Obwohl dessen Ursprünge im Dunkeln liegen, wird es bereits seit 1647 gefeiert. Bei den Festlichkeiten mit Tanz, Umzügen, Lagerleben, musikalischen Darbietungen und Gastronomieangeboten in der gesamten Innenstadt wird die Landsberger Vergangenheit alle vier Jahre wiederbelebt. Höhepunkt der ehrenamtlich organisierten Veranstaltung ist der historische Festumzug mit Pferdegespann und stilvoll geschmückten Wägen. Das Ruethenfest ermöglicht über 1.000 Kindern ein Miteinander ohne jedwede gesellschaftliche Grenze, schafft Verbundenheit und macht die Landsberger Geschichte kindgerecht erleb- und nachspielbar.
Erhaltung des Dialekts
Beim Schulprojekt „Chiemgauer Mund-ART Weg“ engagieren sich Schüler für den Erhalt ihres Chiemgauer Dialekts. Nach vielfältigem Einsatz durch Singen, Dichten und Schreiben kleiner Geschichten, der Aufnahme von Hördateien und eines Jingles sowie Online- und Bücherrecherchen zur bairischen Sprache, wurde 2022 der Chiemgauer Mund-ART Weg eröffnet. Auf sieben Themenwegen verraten über 60 Schilder abwechslungsreiche Begriffe und Redewendungen der heimischen Mundart. QR-Codes liefern die richtige Aussprache und weitere interessante Fakten.
Eine wechselvolle Geschichte mit fast 20 Pfarrherren prägt den Gempfinger Pfarrhof im Landkreis Donau-Ries. Als sein Vorgängerbau vermutlich zerstört wurde, erfolgte 1709 ein Neubau in barockem Stil, der mehrfach als Militärunterkunft diente. Ab 2002 war der Pfarrhof vollständig unbewohnt, nachdem er im 20. Jahrhundert sehr heruntergekommen war. Daraus entstand der Entschluss zur Sanierung mit dem Ziel der gemeinschaftlichen Nutzung. Der Förderverein Gempfinger Pfarrhof hat damit ein vorbildliches Zentrum des gesellschaftlichen Lebens geschaffen und bringt Menschen bei Ausstellungen, Konzerten, Vorträgen und Lesungen zusammen.
Der Historische Verein Memmingen wurde bereits 1882 mit dem Ziel der Heimatpflege gegründet. Er bewahrt geschichtliche Zeugnisse aller Art und ist Herausgeber diverser Publikationen zur Vermittlung historischer Fakten. Weiter veranstaltet er Vorträge, Führungen und Ausstellungen und engagiert sich in der Denkmalpflege, indem er sich kritisch mit modernen städtebaulichen Veränderungen und der Stadtentwicklung auseinandersetzt.
Das Ziel des 1971 gegründeten Volkstumsverein Waldmünchen (Oberpfalz) ist die Pflege bayerischer Volkskultur und basiert im Wesentlichen auf den drei Pfeilern Volkstanz, Volksmusik und dem Kohlenmeiler. Ein besonderes Augenmerk legt der Verein dabei auch auf die Nachwuchsförderung. Ob das Schmücken des Osterbrunnens, der Kultursommer, die Heimatabende mit Musik- sowie Tanzdarbietungen oder das Herbstfest: Der Volkstumsverein Waldmünchen hält die Traditionen des gesamten Jahreskreises lebendig. Ein jährlicher Höhepunkt sind dabei auch der Aufbau und das Entzünden des Kohlenmeilers bzw. Kinderkohlenmeilers. Das oberpfälzische OVIGO Theater überzeugt mit einer umfassenden Bandbreite an Inszenierungen: von Musical, Komödie, Krimi Dinner über Erlebnisführungen mit Schauspiel.
Innerstädtischer Erwerbsgartenbau
Bereits seit dem Spätmittelalter wird im Bamberger Land Gemüseanbau betrieben. Seit 2014 ist das Gärtner- und Häckermuseum Bamberg e.V. als „Innerstädtischer Erwerbsgartenbau in Bamberg“ im Bayerischen Landesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes und seit 2016 im Bundesverzeichnis vertreten. Eröffnet wurde das Museum 1979 durch die Stadt Bamberg und den Verein „Gärtner- und Häckermuseum“. Seitdem trägt und betreibt der Verein das Museum ehrenamtlich.
Der 2006 gegründete Verein zur Erhaltung von Jean Pauls Einkehr- und Dichterstube in der Rollwenzelei hat sich die Restauration und künstlerische Wiederbelebung der Bayreuther Wirtshausstube wie zu Lebzeiten Jean Pauls zur Aufgabe gemacht. Im Jahr 1876 kam das stadtgeschichtlich bedeutende Gebäude in den Besitz der Familie Sommer:
Der Dichter Jean Paul verweilte hier zum Zweck seiner ungestörten Arbeit und fand gleichzeitig in dem damaligen Wirtshaus Rollwenzelei eine Art „Heimat“. Die Dichterstube im ersten Stock gehört mittlerweile zu den weltweit wenigen original erhaltenen Räumlichkeiten, in denen ein bedeutender Künstler gearbeitet hat. Daneben organisiert der Verein literarische Events und arbeitet mit anderen Einrichtungen sowie engagierten Künstlern eng zusammen. Der Verein Museum im Koffer Nürnberg wurde mit dem Konzept eines mobilen Museums im Jahr 1983 ins Leben gerufen. Ziel ist die Vermittlung von Wissen für Kinder und Jugendliche an den unterschiedlichsten Orten. Mit mehr als deutschlandweit 300 Besuchen jährlich in Schulen, Kindergärten, Bibliotheken und Freizeiteinrichtungen bietet das Museum im Koffer Nürnberg eine Lern- und Erlebnislandschaft für Klein und Groß. Im April 2001 wurde das Konzept um das neu eröffnete „Kindermuseum“ ergänzt.
Das im Jahr 2012 auf dem 40 Hektar großen Gelände des Römerparks Ruffenhofen (Mittelfranken) eröffnete Museum Limeseum ist heutzutage das zentrale Museum zum Welterbe Limes, dem längsten Bodendenkmal Europas. Besucher erhalten zudem Einblicke in den damaligen Alltag durch verschiedene Modelle, Filme und Aktivstationen. Neben altersgerechten Führungen für Schulklassen gibt es auch vielfältige museumspädagogische Programme. Eine besonders innovative Idee der Wissensvermittlung ist der sogenannte Soldat December, der über sein fiktives Leben um 200 n.Chr. berichtet und auch in Filmen auftritt.
Mit Frack und Zylinder
Seit 2019 ist das Sebastianigelöbnis Oberschwarzach (Unterfranken) auf der Liste des Bayerischen Immateriellen Kulturerbes zu finden. Der „Sebastiantag“ ist im unterfränkischen Oberschwarzach fest verankert und wird nach katholischem Kalender am 20. Januar begangen. St. Sebastian war ein Hauptmann der Prätorianergarde des kaiserlichen Hofes von Diokletian und wurde wegen der Verbreitung des christlichen Glaubens zum Tode verurteilt. Der Ursprung des Gelöbnisses ist auf das Pestgelübde im Jahr 1611 zurückzuführen. Man würde künftig den Festtag des Pestheiligen St. Sebastian feiern, wenn die Pest den Ort verschont. Ende des 18. Jahrhunderts entwickelte sich die Prozession zur Oberschwarzacher Pfarrkirche St. Sebastiani zu einem Gesamtgeschehen. Eine wichtige Rolle neben der Prozession spielt die „Bürgerwehr“, deren Markenzeichen der Frack, ein Zylinder und das mittlerweile rein symbolische militärische Zeremoniell ist.
Der 1978 gegründete Verein für Heimatgeschichte im Grabfeld (Unterfranken) ist ein wichtiger Kulturträger in Unterfranken. Das Grabfeld ist eine historische Landschaft im Grenzgebiet von Bayern und Thüringen, das bis in die Karolinger Zeit zurückreicht. Der Verein greift vor allem Themen wie die jüdische Gemeinde im Grabfeld, örtliche Bräuche, Ortsgeschichten oder die Aufarbeitung der deutschen Teilung und deren Folgen auf. Neben Ausstellungen, Veranstaltungen oder Büchern zur Kultur und Geschichte gibt der Verein mindestens einmal im Jahr die vereinseigene Zeitung „Das Grabfeld“ heraus.
DK
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