(GZ-15/16-2024 - 1. August) |
► Brandl und Pannermayr: |
Klage gegen Bürokratieabbau-Pläne denkbar |
Auf deutlichen Widerspruch der Städte und Gemeinden stoßen die aktuellen Bürokratieabbau-Pläne der Bayerischen Staatsregierung, wonach unter anderem das Baurecht in Bayern entschlackt und vereinfacht werden soll. Aus Briefen von Gemeindetagspräsident Dr. Uwe Brandl und Städtetagsvorsitzendem Markus Pannermayr an Staatskanzleichef Florian Herrmann geht hervor, man werde verfassungsrechtlich prüfen lassen, ob einzelne Vorhaben einen unverhältnismäßigen Eingriff in die kommunale Planungs- und Satzungshoheit darstellen.
Wie Ministerpräsident Dr. Markus Söder in seiner Regierungserklärung zum Bürokratieabbau angekündigt hatte, sollen für zahlreiche Maßnahmen keine Baugenehmigungen mehr erforderlich sein. Für völlig misslungen halten die Verbandschefs etwa die Abschaffung der staatlich angeordneten Stellplatzpflicht sowie die Abschaffung der Möglichkeit zur Regelung der Freiflächengestaltung in gemeindlichen Satzungen. Gleiches gelte für die vollständige Kommunalisierung und Lockerung der Spielplatzpflicht.
Vielfältige Einwände
„Als politisch denkende Kommunalpolitiker fällt es uns schwer zu glauben, dass die Staatsregierung im Rahmen dieses Vorhabens den großen Schaden für die Allgemeinheit und den minimalen Nutzen für das Bauen ausreichend abgewogen hat“, heißt es in dem Schreiben von Anfang Juli. Die avisierten Maßnahmen stellten „einen unfreundlichen Akt gegenüber den 2.000 Städten, Märkten und Gemeinden dar, dessen Effekt auf Baukosten und Bürokratie völlig untergeordnet sein wird“.
lnhaltlich wirkten die Vorhaben völlig aus der Zeit gefallen und ignorierten die großen Themen unserer Zeit, namentlich die Klimaanpassung, die Biodiversitätskrise, die Notwendigkeit der Durchgrünung unserer Siedlungsbereiche, aber auch Fragen der Mobilitätswende und der Sozialgerechtigkeit. Städte und Gemeinden, die sich in Zeiten von Hitzestress und Artensterben aktiv der Gestaltung öffentlicher und privater Freiflächen verschrieben und eigene Konzepte entwickelt hätten, würden vor den Kopf gestoßen.
Kommunale Regelungsflut befürchtet
Wenn alle Kommunen nun selbst neue Satzungen erlassen müssen, sei eher mehr Bürokratie zu befürchten. Sollte die Staatsregierung wie angekündigt alle bayerischen Stellplatzsatzungen aufheben, müssten Gemeindetag und Städtetag ihren mehr als 2.000 Mitgliedern empfehlen, „erstmals oder zum wiederholten Male eine Stellplatzsatzung zu erlassen“. Klagen über eine bayerweite Regelungsflut seien damit vorprogrammiert. Gleiches gelte für den nunmehr notwendigen und sehr wahrscheinlichen Erlass von über 2.000 Spielplatzsatzungen.
Auch der bdla Bayern rät dringend davon ab, den Kommunen die Möglichkeit zu entziehen, kommunale Freiflächen- und Grüngestaltungssatzungen als örtliche Bauvorschriften zu erlassen, bzw. die bestehenden Satzungen außer Kraft zu setzen. Die genannten Änderungen seien „inakzeptabel“ und vermittelten, „dass der Eigentümer die Freiflächen seines Grundstücks zunehmend nach Belieben gestalten oder nutzen kann, gerne auch zu Ungunsten des Ortsbildes, des lokalen Klimas, des Wasserhaushalts, der Artenvielfalt – unserer wichtigsten Umweltgüter im Siedlungszusammenhang“.
Völlig falsches Signal
Wörtlich heißt es in der Stellungnahme des Ersten Vorsitzenden Dr. Johannes Gnädinger: „Mit den letzten Änderungen der BayBO wurde die ordnende und steuernde Rolle der Gemeinde gestärkt. Mit dem vorliegenden Änderungsentwurf wird nun das genaue Gegenteil erreicht. Ein völlig falsches Signal – es begünstigt eine fehlgeleitete Freiheit bei Eigentümern, während es zu Frustration bei Kommunalpolitikern, Gremien, Kommunalverwaltungen, bürgerschaftlich Engagierten und zu Verwirrung, wenn nicht Zwist bei den Bürgern führt.“
Eine bürokratische Entlastung bei den Kommunen sei nicht erkennbar, im Gegenteil. Denn nun müsse sich die Gemeinde selbst um (zusätzliche) Aufgaben kümmern, die zuvor dem Eigentümer oblagen… „Eine bizarre Vorstellung, erst recht, da die Inhalte und Resultate von mehr als zweifelhafter Qualität sind.“ Aus Gründen einer vorgeblichen Entbürokratisierung werde jetzt die kommunale Planungshoheit geschwächt. Der tatsächliche Effekt sei die Stärkung des Individualinteresses und des Eigennutzes sowie die Schwächung des Gemeinnutzens. Der bdla Bayern empfiehlt deshalb eine „grundlegende Überarbeitung“.
DK
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