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(GZ-22-2024 - 21. November)
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► Nachtragshaushalt 2025:

 

Maß halten in schweren Zeiten

 

Mit Umschichtungen im Haushalt hat die Bayerische Staatsregierung auf ausbleibende Steuereinnahmen reagiert. Mit dem Regierungsentwurf zum Nachtragshaushalt 2025 bekräftigt der Freistaat, dass für eine solide, nachhaltige und generationengerechte Finanz- und Haushaltspolitik weiterhin eine strikte Ausgabendisziplin erforderlich ist. Der Entwurf kommt ohne neue Schulden und neue Stellen aus. Ministerpräsident Dr. Markus Söder zeigte sich zufrieden mit dem Nachtragshaushalt: „Wir haben nicht einfach Löcher gestopft.“ Vielmehr würden grundlegende Weichen gestellt.

Die jüngste Steuerschätzung für das Jahr 2025 hatte Steuermindereinnahmen in Höhe von etwa 1,3 Mrd. Euro gegenüber den bisherigen Haushaltsansätzen prognostiziert. Darüber hinaus ergeben sich im Haushaltsjahr 2025 aufgrund der niedrigeren Einwohnerzahlen Bayerns nach dem Ergebnis des Zensus 2022 negative finanzielle Folgewirkungen im Finanzkraftausgleich für das laufende Jahr 2025, für das 4. Quartal des Ausgleichsjahrs 2024 sowie aus einer nachträglichen Korrektur für das Ausgleichsjahr 2022 in einer Größenordnung von insgesamt rund 0,5 Mrd. Euro.

Verantwortlich ist die Bundespolitik

Laut Finanzminister Albert Füracker fehlen im Vergleich zu den bisherigen Planungen 1,8 Mrd. Euro; diese sollen aus der Haushaltsrücklage entnommen werden. Die Gesamtausgaben 2025 betragen insgesamt rund 77 Mrd. Euro und steigen damit gegenüber dem Vorjahr um rund 5 Prozent. Die Investitionsausgaben betragen insgesamt rund 12 Mrd. Euro, die Investitionsquote bleibt stabil bei rund 15 Prozent. Dies ist nach Söders Angaben deutlich mehr als etwa Baden-Württemberg oder Nordrhein-Westfalen vorweisen können. Füracker machte für die Mindereinnahmen die Bundespolitik verantwortlich. „Wir brauchen in Berlin eine neue Dynamik.“

Die Bildungsausgaben bilden mit insgesamt rund 27 Mrd. Euro den größten Ausgabenblock im Staatshaushalt. Für Innere Sicherheit und Rechtsschutz sind insgesamt rund 9 Mrd. Euro eingeplant. Für die Fortsetzung der Hightech Agenda Bayern ist insgesamt über eine halbe Milliarde Euro vorgesehen. Zwangsläufige Mehrausgaben ergeben sich insbesondere bei der Unterbringung von Asylbewerbern und sonstigen Ausländern und für die Bewältigung der Folgen des Unwetters mit Hochwasser im Mai/Juni 2024.

Neuer Höchststand beim kommunalen Finanzausgleich

Der kommunale Finanzausgleich 2025 erreicht trotz finanziell schwieriger Zeiten mit rund 12 Mrd. Euro einen neuen Höchststand. Dies bedeutet einen Anstieg gegenüber dem Vorjahr um 609 Mio. Euro (wir berichteten). Aus Fürackers Sicht ist dies die „äußerste Grenze dessen, was der Freistaat finanzieren kann“. Bis 2026 muss der Freistaat mit Ausfällen von 2,4 Mrd. Euro rechnen, davon 900 Mio. im nächsten Jahr, erwartet der Staatsminister.

Hohe Steuermindereinnahmen

Die prognostizierten hohen Steuermindereinnahmen sowie die weiteren zwangsläufigen Mehrbelastungen insbesondere im Asylbereich stellten auch für den Staatshaushalt des Freistaates Bayern eine enorme finanzielle Belastung dar. Als Konsolidierungsmaßnahme soll daher im Nachtragshaushalt 2025 u.a. die haushaltsgesetzliche Sperre für das Haushaltsjahr 2025 von bisher 10 Prozent auf 15 Prozent erhöht werden.

Der Nachtragshaushalt 2025 sieht ein Stellenhebungsprogramm mit einem Gesamtvolumen in Höhe von insgesamt 5 Mio. Euro (Jahreskosten) für funktionslose Beförderungsämter für Lehrkräfte an Gymnasien, Realschulen, Beruflichen Schulen und Förderschulen vor. Die Stellenhebungen dürfen ab 1. November 2025 in ihrer neuen Wertigkeit in Anspruch genommen werden.

Deutliche Konsolidierungen auf der Ausgabenseite

Ein perspektivischer Ausblick auf den Doppelhaushalt 2026/2027 macht Füracker zufolge weitere deutliche Konsolidierungen auf der Ausgabenseite erforderlich, so dass im Rahmen der nächsten Haushaltsaufstellung folgende Maßnahmen vorgesehen werden: Bereits im Nachtragshaushaltsgesetz 2025 wird für das Jahr 2026 ein generelles Stellenmoratorium sowie der Beginn eines mittelfristigen Abbaus in Höhe von 5.000 Stellen bis 2030 festgeschrieben. Um insbesondere die Unterrichtsversorgung an den bayerischen Schulen sicherstellen zu können, wird das Staatsministerium für Unterricht und Kultus den begonnenen Dialogprozess zu Maßnahmen zur Einbringung zusätzlicher Arbeitskapazitäten des vorhandenen Personals zeitnah abschließen.

Anpassung an finanz- und gesellschaftspolitische Herausforderungen

Das Bayerische Landespflegegeld, das Bayerische Familiengeld und das Bayerische Krippengeld werden neu ausgerichtet und an die finanz- und gesellschaftspolitischen Herausforderungen angepasst. Ziel ist dabei, unter Fortentwicklung der bisherigen Mittelverwendung künftig 50 Prozent für direkte Leistungen und 50 Prozent zur Stärkung der Strukturen einzusetzen. So könne das Angebot an Familien- und Kinderleistungen weiter bedarfsgerecht ausgebaut werden.

Konkret prüft das Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales, inwieweit die bisher monatlich an die Familien ausgezahlten Leistungen des Familiengeldes und des Krippengeldes zu einer einmaligen Leistung in Höhe von 3.000 Euro („Kinderstartgeld zum 1. Geburtstag“) zusammengefasst werden können. Bisher können Eltern in Bayern vom ersten Geburtstag ihres Kindes an monatlich bis zu 100 Euro bekommen, falls das Kind in eine beitragspflichtige Krippe geht. Das Familiengeld für alle Eltern mit ein- und zweijährigen Kindern beträgt bisher für das erste und zweite Kind jeweils 250 Euro monatlich – für 24 Monate also 6.000 Euro –, vom dritten Kind an erhalten die Eltern jeweils 300 Euro monatlich je Kind (für 24 Monate also 7.200 Euro).

„Neu justiert“ wird laut Söder auch das Landespflegegeld: Auch hier werde noch die Hälfte der bisherigen Summe gezahlt, also 500 Euro. Die andere Hälfte soll in den Ausbau der Pflege gehen. Bisher bekommen Pflegebedürftige in Bayern ab Pflegegrad 2 pro Jahr 1.000 Euro. Nach Angaben des Bayerischen Landesamts für Pflege erhalten jährlich rund 400.000 Menschen das Pflegegeld - somit gibt der Freistaat dafür rund 400 Mio. Euro pro Jahr aus.

Familien- und Pflegegeld sind bisher einkommensunabhängig. Nach Angaben des Ministerpräsidenten soll dies auch beibehalten werden. Auch Leistungsträger hätten ein Recht auf Unterstützung, hob Söder hervor.

Stärkung der Pflegestrukturen

Der Auszahlungszeitpunkt für das bayerische Landespflegegeld wird auf den Beginn des auf das Pflegegeldjahr folgenden Kalenderjahres, erstmals zum 01.01.2026, festgelegt. Das Pflegegeldjahr wird künftig an das Kalenderjahr angepasst. Das Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention wird prüfen, wie die für das Landespflegegeld vorgesehenen Mittel künftig zur Hälfte zur Stärkung der Pflegestrukturen, insbesondere auch der ambulanten Pflege, eingesetzt werden können.

Die CSU-Fraktion begrüßt ausdrücklich den vom Bayerischen Kabinett beschlossenen Nachtragshaushalt. Wie Fraktionsvorsitzender Klaus Holetschek mitteilte, „sind die strukturellen Veränderungen im Haushalt richtig und notwendig. Wir stärken damit regionale und kommunale Strukturen. Der Kern der einmaligen Leistung des Landespflegegeldes bleibt, die freiwerdenden Mittel setzen wir gezielt für Entlastungen von pflegenden Angehörigen ein. Wir sparen in Bayern nicht an der Pflege, sondern passen die Verteilung der Mittel an, um noch besser helfen zu können. Zudem müssen wir die stationäre und ambulante Versorgung besser verzahnen und unnötige Doppelstrukturen sowie vor allem auch Bürokratie abbauen. Wir brauchen jetzt dringend eine konsequente Umsetzung der Asylpolitik im Bund, damit die immensen Kosten von rund drei Mrd. Euro nicht weiter zu Lasten anderer Haushaltsbereiche gehen. Wir sind mit dem, was wir in Bayern tun können, zum Beispiel mit der Bezahlkarte, an den Grenzen unserer rechtlichen Möglichkeiten angekommen.“

Zustimmung bei den Spitzenverbänden

Wohlwollend betrachtet auch der Vorsitzende des Bayerischen Städtetags, Markus Pannermayr, die Entscheidung der Bayerischen Staatsregierung zu einer Umschichtung bei Sozialleistungen: „Der Kurswechsel bei der Neuausrichtung beim Landespflegegeld, beim Familiengeld und beim Krippengeld ist in Zeiten einer angespannten Haushaltslage unvermeidbar. Es ist zu begrüßen, wenn die nun die freiwerdenden Mittel in die Strukturen von Kinderbetreuung und Pflege fließen. Damit kann zum Beispiel die Förderung der Kinderbetreuung ausgebaut und die Qualität von Pflege für die Betroffenen verbessert werden. Gerade in angespannten Zeiten ist es wichtig und richtig, Strukturen zu stärken. Damit bleiben wir handlungsfähig.“

Auch bei den Bezirken stößt die Entscheidung der Bayerischen Staatsregierung zur Neuausrichtung des Bayerischen Landespflegegeldes auf große Zustimmung: „Mit dem Beschluss, die Hälfte der Mittel des Landespflegegeldes in die Strukturen des Pflegesystems zu investieren, geht die Bayerische Staatsregierung einen mutigen und notwendigen Schritt in die richtige Richtung. Damit bleibt das Geld im System und kann für den Aufbau und Erhalt einer zukunftsfähigen und ortsnahen kommunalen Pflegeinfrastruktur zielgerichtet eingesetzt werden“, unterstrich Verbandspräsident Franz Löffler.

Ambulante Angebote

Mit den umgeschichteten Mitteln könnten ambulante Angebote ausgebaut sowie Plätze für Kurzzeit- und Tagespflege geschaffen bzw. erhalten werden. Denn das Ziel der politischen Bemühungen sollte sein, dass Menschen mit Pflegebedarf möglichst lange in ihren eigenen vier Wänden leben können. „Eine nachhaltige Unterstützung und bessere Ausstattung ambulanter Pflegestrukturen trägt maßgeblich dazu bei, die Lebensqualität der Pflegebedürftigen zu sichern und die Angehörigen zu entlasten. Das kann langfristig zu erheblichen Einsparungen führen, da durch die frühzeitige und präventive Unterstützung von Betroffenen teurere stationäre Aufenthalte vermieden werden können“, stellte Löffler fest.

Positiv bewertet der Bayerische Gemeindetag den Beschluss der Bayerischen Staatsregierung, das Bayerische Landespflegegeld, das Bayerische Familiengeld und das Bayerische Krippengeld an die finanz- und gesellschaftspolitischen Herausforderungen anzupassen. Mit Blick auf die angespannten Haushaltslagen aller kommunalen Ebenen sowie des staatlichen Haushalts, sei es mehr denn je erforderlich, Haushaltsmittel optimal einzusetzen.

Wichtiges Signal

Laut Verbandspräsident Dr. Uwe Brandl „ist dies genau zur rechten Zeit ein wichtiges Signal des Freistaats sowie von Staatsministerin Ulrike Scharf. Die dringend benötigten Betreuungsplätze für Kinder können nur mit ausreichend Mitteln geschaffen und erhalten werden. Das Geld wird nachhaltig in ein zuverlässiges Betreuungsangebot von Kindern investiert. Eine wichtige Unterstützung für die Gemeinden und für Familien.“

Das beschlossene Ziel, unter Fortentwicklung der bisherigen Mittelverwendung zukünftig 50 Prozent für direkte Leistungen und 50 Prozent zur Stärkung der Strukturen einzusetzen, stellt aus Brandls Sicht eine vom Bayerischen Gemeindetag lange geforderte deutliche Verbesserung dar. Auch im Bereich der Pflege komme den Menschen die Umverteilung des Landespflegegeldes durch Aufbau und Erhalt von Pflegeinfrastruktur unmittelbar zugute.

DK

 

 

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