(GZ-24-2024 - 19. Dezember) |
► 95. Justizministerkonferenz in Berlin: |
Erfolgreiche Initiativen aus Bayern |
Über 60 Themen standen auf der Tagesordnung der Herbstkonferenz in der niedersächsischen Landesvertretung in Berlin, die von den 16 Landesjustizministerinnen und -ministern behandelt und diskutiert wurden. Mit insgesamt 34 beschlossenen Initiativen haben die Länder erneut wichtige Justiz-Vorhaben für die Zukunft auf den Weg gebracht und damit laut Bayerns Staatsminister Georg Eisenreich „über die Parteigrenzen hinweg ein starkes Signal für den Rechtsstaat gesetzt“. Alle bayerischen Initiativen, deren Schwerpunkt heuer auf praxistauglichen Werkzeugen für Ermittler im Kampf gegen Extremismus und andere schwere Straftaten lagen, hätten eine Mehrheit erhalten.
Auf Initiative von Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Berlin und Brandenburg sprach sich die Justizministerkonferenz für Verbesserungen des Rückführungsverbesserungsgesetzes aus (Aufhebung § 62d Aufenthaltsgesetz). Ziel ist es, Rückführungen zu erleichtern und Abschiebungen nicht zusätzlich zu verzögern bzw. zu erschweren. Darüber hinaus forderte die Konferenz auf Vorschlag von Bayern, Rheinland-Pfalz, Hessen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Brandenburg und Berlin eine rechtssichere Regelung für den Einsatz der Funkzellenabfrage. Diese ist bei schweren Straftaten für Ermittlungen von zentraler Bedeutung – nach einer neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aber nunmehr in einem engeren Rahmen möglich als bisher. Eisenreich zufolge „spielt die Funkzellenabfrage in solchen Ermittlungskomplexen eine entscheidende Rolle und ist oft die einzige Spur. Auch bei extremistisch motivierten Straftaten kann ihr eine entscheidende Bedeutung für die Identifikation der Täter zukommen. Wir möchten eine gesetzliche Klarstellung, dass die bisherige Praxis fortgesetzt werden kann.“
Zugriff erleichtern
Im Zusammenhang mit terroristischen oder extremistischen Straftaten kommunizieren Täter oft über verschlüsselte Messengerdienste wie Telegram oder Signal. Auf Initiative Bayerns setzt sich die Justizministerkonferenz dafür ein, den Zugriff auf verschlüsselte Kommunikation bei schweren Straftaten zu erleichtern. Mit der Expertise des Bundeskriminalamts sollen technische und rechtliche Schritte zur Erleichterung der Anwendung der sogenannten Quellentelekommunikationsüberwachung geprüft werden.
Auf Vorschlag Bayerns wurde zudem die Prüfung des Einsatzes verfahrensübergreifender automatisierter Recherche- und Analyseplattformen auch bei der Strafverfolgung gefordert. Wie Eisenreich erläuterte, könne eine automatisierte Datenanalyse gerade bei der Bekämpfung von Terrorismus wertvolle Ansätze zur Ermittlung von Tätern und Täterstrukturen liefern. Der Bundesgesetzgeber müsse klarstellen, ob die derzeitige Rechtslage den Einsatz einer entsprechenden Software erlaubt.
Überdies bat die Justizministerkonferenz Bayern und Nordrhein-Westfalen, sich dauerhaft als Vertreter der Länderstaatsanwaltschaften am Nationalen Cyber-Abwehrzentrum (NCAZ) zu beteiligen. Hierdurch werde der gegenseitige Informationsaustausch zwischen den beteiligten Behörden gewährleistet. Für Bayern übernimmt die Zentralstelle Cybercrime Bayern (ZCB) diese Aufgabe. Laut Eisenreich hat die Zahl der Cyberangriffe erheblich zugenommen. Die für die Cybersicherheit zuständigen Behörden müssten sich daher noch besser vernetzen, wozu auch die Strafverfolgungsbehörden zählten.
Prävention
Prävention ist ein zentraler Baustein des bayerischen Schutzkonzepts für Kinder. Dazu leistet das Präventionsprojekt „Kein-Täter-werden“ mit kostenlosen, anonymen und durch die Schweigepflicht geschützten Behandlungsangeboten einen wichtigen Beitrag. Die Förderung durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen endet am 31. Dezember 2025. Die Konferenz setzt sich auf Initiative Bayerns dafür ein, die Finanzierung auch für die Zukunft zu sichern.
Erneut stand auf Initiative Berlins, Bayerns und Sachsen-Anhalts der bessere Schutz älterer Menschen vor Straftaten auf der Agenda. Ältere Menschen sind insbesondere bei den Kriminalitätsphänomenen der Trickbetrugs- und Trickdiebstahlstaten grundsätzlich stärker gefährdet als jüngere Menschen. Der Bundesgesetzgeber wird daher aufgefordert, durch gesetzliche Maßnahmen für einen besseren Schutz älterer Menschen zu sorgen.
Bund-Länder-Digitalgipfel der Justizminister - Beschluss zur Justizcloud
Beim Bund-Länder-Digitalgipfel der Justizministerinnen und Justizminister stand das Vorhaben der gemeinsamen Entwicklung einer bundeseinheitlichen Justizcloud, d.h. einer gemeinsamen Cloud-Infrastruktur für justizbezogene IT-Anwendungen von Bund und Ländern, im Mittelpunkt.
Bei ihren vorangegangenen Treffen hatten die Minister eine Studie zur Machbarkeit einer bundeseinheitlichen Justizcloud in Auftrag gegeben. Diese Studie liegt nunmehr vor. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass sich eine bundeseinheitliche Cloud-Infrastruktur für justizbezogene Anwendungen praktisch realisieren lässt und ihre Verwirklichung erhebliche Kosten- und Qualitätsvorteile verspricht. Auf Grundlage dieser Studie wurde eine gemeinsame Erklärung verabschiedet: Bund und Länder formulieren darin das gemeinsame Ziel, bis Ende 2026 eine erste Version einer bundeseinheitlichen Justizcloud zu realisieren. Finanziert werden soll das Vorhaben aus der Digitalisierungsinitiative der Justiz.
Aus Sicht von Bayerns Staatsminister Georg Eisenreich „bietet das Projekt großes Potenzial für die Herausforderungen des Rechtsstaats der Zukunft und wird von uns ausdrücklich begrüßt. Die Finanzierung ist jedoch bislang nicht ausreichend geklärt. Die Länder sind ohnehin stark gefordert durch von Bundesgesetzen verursachte Aufgaben und dürfen nicht weiter belastet werden. Die Justizcloud muss kommen – aber nicht allein auf Kosten der Länder.“
DK
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