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(GZ-9-2025 - 2. Mai)
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► ORH-Jahresbericht 2025:

Spielräume durch Haushaltsdisziplin

Um finanzielle Spielräume für Zukunftsinvestitionen zu sichern, müssen nach Auffassung der Präsidentin des Bayerischen Obersten Rechnungshofs, Heidrun Piwernetz, Staatsaufgaben dringend priorisiert werden. Mit Blick auf die die jüngst beschlossenen Verschuldungsmöglichkeiten im Grundgesetz komme es jetzt entscheidend darauf an, damit verantwortungsbewusst und generationengerecht umzugehen, betonte Piwernetz bei der Vorstellung des ORH-Berichts 2025.

Für das Haushaltsjahr 2023 bestätigt der ORH der Staatsregierung insgesamt eine geordnete Haushalts- und Wirtschaftsführung. Die bereinigten Einnahmen gingen 2023 um 3,7 auf 70,7 Mrd. Euro (-4,9 Prozent) zurück. Grund hierfür waren insbesondere die niedrigeren Steuereinnahmen sowie die rückläufigen Zuweisungen des Bundes. Die bereinigten Ausgaben sanken um 0,6 auf 70,9 Mrd. Euro (-0,8 Prozent); dies war überwiegend auf die geringeren Ausgaben beim Sonderfonds Corona-Pandemie zurückzuführen.

Da auch Verwaltungsvereinfachung und Bürokratieabbau immer stärker in den Fokus rücken, machten die Kassenprüfer u.a. darauf aufmerksam, dass die der Einkommensteuer unterliegende Vergütung, die kommunale Mandatsträger für ihr Ehrenamt erhalten, in 58 Prozent der vom ORH geprüften Fälle fehlerhaft besteuert worden seien. Hauptursachen seien die unübersichtlichen Regelungen zu Frei- und Mindestbeträgen, eine mangelhafte Information der Mandatsträger über ihre steuerlichen Pflichten sowie die oft fehlenden und nicht einheitlichen Kontrollmitteilungen der Kommunen.

Fehlerhafte Besteuerung

Nach Einschätzung des ORH beruht die fehlerhafte Besteuerung in aller Regel nicht auf mangelnder Steuerehrlichkeit. Dies werde insbesondere daran deutlich, dass Mandatsträger in fast einem Drittel der fehlerhaft besteuerten Fälle zu viel Gewinn erklärt und versteuert hätten. Der ORH empfiehlt, bis zu den nächsten Kommunalwahlen 2026 Maßnahmen zu ergreifen, dass ehrenamtliche kommunale Mandatsträger ihren zusätzlichen steuerlichen Pflichten ohne großen Aufwand und möglichst unbürokratisch nachkommen können.

Verbesserungspotenzial

Verbesserungspotenzial sieht der ORH auch bei der Förderung der Pflegestützpunkte. 2023 setzte das Landesamt für Pflege für den Vollzug dieser Förderung 3,9 Vollzeitstellen ein. Dies entsprach jährlichen Personaldurchschnittskosten von über 300.000 Euro bei einem Fördervolumen von 600.000 Euro. Damit fiel beim Freistaat für 2 Euro Förderung zusätzlich 1 Euro an Personalkosten an. Trotz dieses hohen Ressourceneinsatzes kam es zu langen Bearbeitungszeiten. Die wesentliche Ursache liegt nach Ansicht des ORH in der übermäßig aufwändigen Gestaltung des Förderverfahrens. Das Gesundheitsministerium sollte alle Möglichkeiten der Verfahrensvereinfachung ausschöpfen, um den hohen Verwaltungsaufwand zu reduzieren und Bürokratie abzubauen.

Verwaltungsvereinfachung

Defizite sind laut ORH-Bericht zudem bei der Umsetzung des Bayerischen Streuobstpakts festzustellen. Mit dem 2021 geschlossenen Pakt sollen der aktuelle Bestand gesichert und bis 2035 eine Million zusätzliche Streuobstbäume gepflanzt werden. Die Förderung der Pflanzung, der Pflege und des Erhalts von Streuobstbäumen hat bis 2035 ein Volumen von 670 Mio. Euro. Dazu gibt es mittlerweile vier verschiedene Förderprogramme. Im Interesse der Verwaltungsvereinfachung empfehlen die Kassenprüfer, die unterschiedlichen Förderprogramme und Zuständigkeiten grundlegend zu vereinheitlichen und bürokratische Hürden abzubauen.

Nachholbedarf bestehe auch beim Staatlichen Bauen, wie das Beispiel Bayerische Staatsgüter zeigt. Dabei handelt es sich um ein Unternehmen für Forschungs- und Bildungsaufgaben im Bereich der Landwirtschaft mit 26 Standorten in Bayern, 500 Gebäuden, 2.800 Hektar landwirtschaftlicher Flächen sowie umfangreichem Tierbestand. Sie wurden bei der Neustrukturierung der Landesanstalt für Landwirtschaft 2020 ausgegliedert.

Versäumnisse des Landwirtschaftsministeriums

Nach Darstellung des Obersten Rechnungshofs habe das Landwirtschaftsministerium im Gründungsprozess wichtige strukturelle Anpassungen versäumt. Insbesondere habe es den Bayerischen Staatsgütern nicht benötigte Liegenschaften übertragen, die eine erhebliche finanzielle Last für das neue Unternehmen darstellten. Bislang sei das Potenzial, die landwirtschaftlichen Liegenschaften des Freistaates effizienter zu bewirtschaften, noch nicht ausgeschöpft. Der ORH regt an, die erforderliche Aufgabenkritik nachzuholen, auf dieser Basis den Bedarf an Liegenschaften zu ermitteln und den Investitions- und Sanierungsstau zeitnah anzugehen.

Ebenso angeführt werden steigende Baukosten von insgesamt 34 auf 90 Mio. Euro bei drei vom ORH geprüften großen Bauvorhaben an Staatsstraßen. Die Vorhaben wurden 2,2- bis 4,5-fach so teuer wie geplant. Ursachen der Kostensteigerungen waren auch Defizite in Planung und Kostenermittlung sowie fehlende Kostendisziplin. Planungsdefizite und nicht belastbare Kostenberechnungen erschwerten die zutreffende Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der Bauvorhaben und eine effiziente Steuerung der Ressourcen. Der ORH empfiehlt, die Qualität der Planungen und insbesondere die Belastbarkeit der Kostenberechnungen deutlich zu erhöhen und Kostendisziplin zu gewährleisten.

Kritik am Alpinum

Anlass zur Kritik gibt zudem das Beispiel Alpinium: Im Allgäu sollte dieses Leuchtturmprojekt der 2018 beschlossenen „Naturoffensive Bayern“ entstehen. Die Staatsregierung stellte der Region ein Investitionsvolumen von 15 Mio. Euro sowie jährlich 500.000 Euro für den laufenden Betrieb und 20 Stellen in Aussicht. Die Voraussetzungen für eine zügige Planung und Umsetzung der Neubauten für das Alpinium konnten bis heute nicht geschaffen werden. „Das Umweltministerium sollte deshalb prüfen, ob eine Integration des Alpiniums ohne Neubauten in die zwischenzeitlich gut entwickelte naturtouristische Infrastruktur der Region wirtschaftlicher und zielführender wäre“, urteilt der ORH.

Bayern bezahlt für Bundesaufgaben

Stichwort Grenzpolizei: Der grenzpolizeiliche Schutz des Bundesgebiets ist Aufgabe der Bundespolizei. Der Bund forderte 2020/2021 und 2023 Einsatzunterstützungen durch die Bayerische Grenzpolizei an. Eine Kostenerstattung erfolgte hierfür nicht. An den Flughäfen Nürnberg und Memmingen nimmt die Bayerische Grenzpolizei Aufgaben des Bundes wahr. Die Personalkosten hierfür, die sich zwischen 2020 und 2023 auf rechnerisch 42,5 Mio. Euro belaufen, sowie die Sachkosten trägt allein der Freistaat. Um die Haushaltsinteressen des Freistaats zu wahren, sollte das Innenministerium aus Sicht der Kassenprüfer Verhandlungen mit dem Bund über eine Kostenbeteiligung führen.

Dem ORH ein Dorn im Auge ist auch die mehr als zehnjährige Überschreitung des ursprünglich vorgesehenen Zeitplans zur Ersterrichtung der Integrierten Leitstellen in Bayern.
Bis 2023 wurden für die Ersterrichtung 66,6 Mio. Euro und damit 84 Prozent mehr an staatlichen Mitteln benötigt als ursprünglich geplant. Für Folgeanschaffungen wurden in den Jahren 2010 bis 2023 insgesamt 112 Mio. Euro veranschlagt, aber nur 36 Mio. Euro ausgegeben.

Teure Verzögerungen

Verzögerungen bei der anstehenden Einführung einer neuen Einsatzleitsoftware bergen laut ORH Risiken für die Betriebssicherheit und die Funktionsfähigkeit des gesamten Verbundes der Integrierten Leitstellen. Deshalb wird dazu geraten, dass das Innenministerium den Landtag über den Umsetzungsstand der Einführung der neuen Einsatzleitsoftware und die damit verbundenen organisatorischen, funktionellen und finanziellen Auswirkungen unterrichtet.

„An unserer stabilen Finanz- und Haushaltspolitik werden wir auch künftig weiter festhalten. Der ORH ist uns in diesem Zusammenhang ein wichtiger Ratgeber, wir nehmen seine Hinweise und Anregungen stets ernst und werden diese sorgfältig prüfen und bestmöglich umsetzen“, hob Finanzminister Albert Füracker anlässlich der ORH-Veröffentlichung hervor.
Die aktuelle gesamtwirtschaftliche Lage in Deutschland erfordere dringend Stabilität und Wachstum, so der Minister. Da kluge Investitionen in die Zukunft das beste Mittel gegen Krisen darstellten, sei Bayerns aktueller Doppelhaushalt von einer starken Investitionsquote von 15 Prozent geprägt. Um der Rezession effektiv zu begegnen, müsse die Wirtschaft aber auch in steuerlichen Fragen deutlich entlastet und insbesondere die Steuerbelastung der Unternehmen auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau gesenkt werden. „Andernfalls droht eine Verschärfung der Rezession in Deutschland und eine Abwanderung der Unternehmen ins Ausland“, machte Füracker deutlich.

DK

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