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(GZ-03-2017)
Kommunale Praxis
50 Jahre Hanns-Seidel-Stiftung:
 
Im Dienst von Demokratie, Frieden und Entwicklung
 

Festakt in München mit über 450 geladenen Gästen

Die Hanns-Seidel-Stiftung kann auf fünf Jahrzehnte erfolgreiche Bildungsarbeit zurückblicken. Aus diesem Jubiläumsanlass kamen über 450 geladene Gäste zu einem Festakt in die Stiftungszentrale in München, darunter die Festredner Bundespräsident Joachim Gauck und Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer.

03 2016 HansSeidelStiftung
V. l.: Der ehemalige CSU-Vorsitzende Dr. Theo Waigel, Landtagspräsidentin Barbara Stamm, Ministerpräsident Horst Seehofer, Bundespräsident Joachim Gauck, HSS-Vorsitzende Prof. Ursula Männle, CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt mit Ehemann Wolfgang Zeitlmann, der Vorsitzende der EVP-Fraktion Manfred Weber, Sozialministerin Emilia Müller und Innenminister Joachim Herrmann. Bild: Stephan Schaberl

Politische Erdbeben der vergangenen Jahre haben das Interesse an demokratischer Kultur und politischem Wissen wieder gesteigert - Felder, auf denen sich die Hanns-Seidel-Stiftung seit einem halben Jahrhundert weltweit engagiert. Über 43.000 Seminare mit ca. 1,6 Millionen Teilnehmern hat die HSS seit ihrer Gründung allein im Bereich Politische Bildung abgehalten. Das stiftungseigene Institut für Begabtenförderung unterstützt derzeit 1.100 Stipendiaten, in der Entwicklungszusammenarbeit werden aktuell weltweit 100 Projekte in 65 Ländern durchgeführt. Auch in den Feldern Politikanalyse und Politikberatung engagiert sich die Hanns-Seidel-Stiftung ganz im Sinne ihres Stiftungsmottos „Im Dienst von Demokratie, Frieden und Entwicklung“.

Freiheitliches politisches System

Ein Zitat des Namengebers der Stiftung aus dem Jahr 1965 stand an zentraler Stelle des Vortrags der Stiftungsvorsitzenden Prof. Ursula Männle. Es ist heute so aktuell wie damals und gemahnt an die Aufgaben politischer Stiftungen: „Wer die politische Wirklichkeit aufmerksam betrachtet, kann nicht übersehen, dass die Idee eines freiheitlichen politischen Systems keineswegs als fester Erlebniswert im Bewusstsein unseres Volkes lebendig ist.“ 

Für Dr. Hanns Seidel, CSU-Vorsitzender sowie Bayerischer Ministerpräsident (1957 bis 1960), sei es zentral gewesen, dass sich zusammen mit dem wirtschaftlichen Neuaufbau Nachkriegsdeutschlands auch ein politisch-moralischer Wiederaufbau vollziehen müsse, betonte Ursula Männle. Entsprechend hoch sei die Verantwortung der Parteien für die Auswahl der Führungspersönlichkeiten und die Förderung des politischen Nachwuchses: Vor allem für die Jugend müssten die Tore einer Partei weit geöffnet werden, habe Seidel gefordert und von einer „Erziehungsaufgabe“ gesprochen. Hierbei sollten für Seidel die politischen Stiftungen des Landes eine tragende Rolle spielen. Prof. Männle: „Als Schule der Demokratie wollen wir auch künftig auf nationaler und internationaler Ebene Menschen aktivieren und befähigen, sich aktiv in die Gestaltung ihrer Gesellschaften einzubringen.“

„Mit der Gründung der politischen Stiftungen nach dem Krieg verband sich die Hoffnung, sie würden zur Stabilisierung der Demokratie in Deutschland beitragen. Die Hanns-Seidel-Stiftung nimmt diesen Auftrag zweifelsohne wahr, ebenso wie andere parteinahe politische Stiftungen in Deutschland“, unterstrich Bundespräsident Joachim Gauck in seiner Festrede.

Bildung auf christlicher Grundlage

Laut Gauck setzt sich die HSS ein für die „demokratische und staatsbürgerliche Bildung des deutschen Volkes auf christlicher Grundlage“. Sie orientiere sich an einem Menschenbild, zu dem die freie Entfaltung der Persönlichkeit und ihre Eigenverantwortung ebenso gehören wie soziale Verantwortung und Solidarität. „Dass sich eine politische Stiftung auf das Prinzip der Verantwortung beruft, trifft sich durchaus mit dem, was ich als Demokrat in unserer Gesellschaft erlebe. Als Menschen besitzen wir die Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen und zu tragen. Ob wir diese Befähigung als gottgegeben empfinden, ist eine persönliche Frage“, so das Staatsoberhaupt.

„Das Prinzip der Verantwortung ist es, das uns mit anderen verbindet, mit Menschen anderer Bekenntnisse und anderer politischer Zielvorstellungen. Wer immer sich verantwortlich einbringt in unserem Gemeinwesen, ist uns nahe. Er muss kein Freund, er kann ein politischer Gegner sein, aber er wird niemals Feind sein. So konnte der Sozialdemokrat Helmut Schmidt über den Christsozialen Franz Josef Strauß sagen, hier habe einer gehandelt, der ‚ganz und gar von der Leidenschaft erfasst war, der res publica zu dienen‘. Und selbstverständlich wären sich beide ebenso einig gewesen über den öffentlichen Auftrag der politischen Stiftungen“, stellte Gauck fest.

„Demokratie braucht politische Bildung“, so habe die Hanns-Seidel-Stiftung ihren Auftrag selbst beschrieben. Politisches Engagement, Zivilcourage und Toleranz müssen Gauck zufolge auch in Zukunft vermittelt werden. „Das ist kein dramatischer Appell, sondern demokratisches Alltagsgeschäft, denn das Verständnis für Demokratie muss in jeder Generation neu erworben werden. Demokratie ist nicht, sie wird. Dazu beizutragen, ist unser aller Aufgabe.“

Auch Ministerpräsident Horst Seehofer würdigte beim Festakt die Arbeit der HSS. Er zitierte seinen Amtsvorgänger Edmund Stoiber mit den Worten: „Gäbe es politische Stiftungen nicht, man müsste sie heute gründen.“ Dem Zweck des Vereins, nämlich die Förderung der demokratischen und staatsbürgerlichen Bildung des deutschen Volkes auf christlicher Grundlage, habe sich die HSS mit beeindruckendem Erfolg gewidmet. „Ich gratuliere den 250 Mitarbeitern der Stiftung zu fünf Jahrzehnten Erfolgsgeschichte in Bayern, Deutschland und auf der ganzen Welt. Ob in München oder Kloster Banz, ob in Berlin, in Peking oder Washington: Die Angebote und Leistungen der Hanns-Seidel-Stiftung sind im In- und Ausland hoch geschätzt.“ 

Laut Seehofer „hat die Hanns-Seidel-Stiftung ihren Beitrag dazu geleistet, dass wir mit Genugtuung feststellen können: Wir leben heute in der stabilsten Demokratie, die es je auf deutschem Boden gegeben hat. Darauf können wir stolz sein! Doch darauf dürfen wir uns nicht ausruhen. Demokratie ist kein Geschenk, keine Selbstverständlichkeit. Demokratie braucht unseren Einsatz für Freiheit und Rechtsstaat, gegen Extremismus von rechts und von links, gegen Antisemitismus und gegen religiös motivierten Extremismus. Demokratie ist wertvoll, sie ist ein Schatz, den wir uns in Deutschland nie wieder aus der Hand nehmen lassen dürfen!“

Fehlende Wertschätzung

Leider sei die Wertschätzung für die Demokratie heute nicht mehr in dem Umfang gegeben, „wie wir alle uns das wünschen“, fuhr Seehofer fort. Eine Umfrage der Hanns-Seidel-Stiftung zum Thema „Repräsentative Demokratie und politische Partizipation in Bayern“ habe 2016 beunruhigende Ergebnisse zu Tage befördert. Danach waren jeweils 42 Prozent der Befragten nicht bzw. nur einigermaßen zufrieden mit der Demokratie. Lediglich 14 Prozent zeigten sich rundum zufrieden. „Dieses Ergebnis hat sicher viele Ursachen“, erklärte der Ministerpräsident. „Eine davon ist: Viele Menschen verstehen nicht mehr so recht, wie Politik gemacht wird. Sie glauben nicht mehr, dass Politik etwas für sie persönlich bewirkt.“

Die Menschen sehnten sich nach Orientierung, „weshalb wir wieder mehr Klarheit in der Politik brauchen. Klarheit in der Sprache, klare Vorstellungen, klare Entscheidungen. Entscheidungen zum richtigen Zeitpunkt und nicht erst, wenn es die Gegebenheiten erzwingen. Das ist der Schlüssel zu  mehr Vertrauen in die Demokratie. Und: Wir brauchen mehr Mitsprache. Wir hatten es nie mit einer mündigeren und besser informierten Bevölkerung zu tun als heute. Deshalb wollen die Menschen ernst genommen und an den Entscheidungen der Politik verstärkt beteiligt werden. Es ist daher nur logisch, dass sich bei der erwähnten Umfrage der Hanns-Seidel-Stiftung 75 Prozent der Befragten für die Einführung von Volksentscheiden auf Bundesebene ausgesprochen haben“, betonte Seehofer.

„Auch Demokratie entwickelt sich weiter, so wie sich die Einstellungen und Erwartungen der Bürger weiter entwickeln. Daraus müssen wir die nötigen Konsequenzen ziehen“, hob der Ministerpräsident hervor. Dies gelte auch für die Arbeit der Stiftungen. „Früher hieß der Auftrag für die Bildungsarbeit: Erziehung zur Demokratie. Heute muss der Auftrag lauten: Teilhabe ermöglichen, Demokratie zu den Menschen bringen. Es freut mich sehr, dass die Hanns-Seidel-Stiftung dieser Entwicklung Rechnung trägt. Auf die nächsten 50 Jahre!“, so Seehofer abschließend.

DK

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