Das Land sei wirtschaftlich gut aufgestellt, alle Regionen profitierten vom Wachstum. Beschäftigung und Wohlstand nähmen zu. Der wirtschaftliche Erfolg wirke sich auf die gesamte Gesellschaft positiv aus. Dennoch sei es derzeit besonders en vogue, Krisen heraufzubeschwören und soziale Not herbeizureden, stellte die Ministerin fest. Sie verhehle nicht, dass es in der Gesellschaft nach wie vor soziale Ungerechtigkeiten und auch Menschen gebe, die von sozialer Not betroffen seien, und sie sehe auch Bevölkerungsgruppen, „um die wir uns noch stärker kümmern müssen“.
Wachstumsmotor Deutschlands
Aber, so Aigner, noch nie in der Geschichte seien die Betroffenheiten in Deutschland geringer gewesen und in Bayern erst recht nicht. Noch nie seien so viele Menschen einer Beschäftigung nachgegangen, noch nie war die Jugendarbeitslosigkeit geringer und so viele Frauen berufstätig. Auch waren die Rentner mehrheitlich so zufrieden wie heute, insbesondere auch mit ihrer wirtschaftlichen Situation und noch nie fanden so viele Menschen mit Migrationshintergrund hierzulande ein gutes Auskommen.
„Wer heute den Eindruck erweckt, Deutschland sei ein Hort sozialer Ungerechtigkeit, in Deutschland seien Armut und Elend weit verbreitet, der sagt nicht die Wahrheit“, so die Ministerin. Man dürfe Erfolge nicht kaputt reden, sondern müsse sich vergegenwärtigen, wie es den Menschen in anderen Teilen der Welt geht.
Zur wirtschaftlichen Entwicklung des Freistaats präsentierte die Ministerin Fakten. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg 2016 in Bayern um 2,1 % und liegt damit über dem Bundesdurchschnitt von 1,9 %. Im 20-Jahres-Vergleich liegt Bayern nach Aigners Worten ganz klar an der Spitze aller Bundesländer. Seit 1996 habe die Wirtschaftsleistung im Freistaat um 48,1 % und damit deutlich mehr als überall sonst im Bundesgebiet zugelegt. „Bayern ist und bleibt der Wachstumsmotor Deutschlands.“ Nominal erwirtschaftete der Freistaat 2016 ein Bruttoinlandsprodukt von 568 Mrd. Euro, was 18,1 % am gesamtdeutschen BIP von 3,13 Bill. Euro ausmacht.
Der Brexit wirft seine Schatten voraus
Im zweiten Halbjahr 2016 war ein vergleichsweise geringeres Wachstum zu verzeichnen als im ersten Halbjahr, in dem es mit 3,3 % ein überdurchschnittliches Plus gegeben hatte. Dieser Rückgang resultiere aus den Folgen des Brexit und daraus, dass insbesondere weniger Fahrzeuge in die USA exportiert werden konnten. Im Berichtsjahr erzielte Bayern mit Ausfuhren von 182,8 Mrd. Euro und Einfuhren von 166,0 Mrd. Euro einen Ausfuhrüberschuss von 16,8 Mrd. Euro.
Diese Entwicklung zeige deutlich, so die Ministerin, dass freier Handel für Bayern von entscheidender Bedeutung sei. Es gelte deshalb, sich schnell Klarheit zu verschaffen über die künftigen Wirtschaftsbeziehungen zu Großbritannien und die Folgen der protektionistischen Absichten von US-Präsident Trump. Zugleich müssten die Wirtschaftsbeziehungen zu anderen Ländern gepflegt und ausgebaut werden. Die EU müsse weitere Freihandelsabkommen nach dem Vorbild von CETA, dem Abkommen mit Kanada, aushandeln.
In dem international volatilen Umfeld sei eine wirtschaftsfreund-liche Politik, die auf die Schaffung von Arbeitsplätzen ausgerichtet sei und die Unternehmen wettbewerbsfähig halte, wichtiger denn je.
Auf dem bayerischen Arbeitsmarkt sieht es gut aus. Die Arbeitslosenquote war im Berichtsjahr mit 3,5 % so niedrig wie noch nie. Der Freistaat hat die geringste Quote bundesweit. Im Bundesdurchschnitt betrug sie 6,1 %. In 40 % der bayerischen Landkreise und kreisfreien Städte herrsche faktisch Vollbeschäftigung mit Quoten unter 3 %.
So viele Arbeitsplätze wie zurzeit habe es in Bayern noch nie gegeben. Mit 5,3 Mio. sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten im Jahresdurchschnitt sei ein neuer Höchststand erreicht worden. Und die Zahlen aus den ersten beiden Monaten 2017 deuteten darauf hin, dass es auch so erfolgreich weitergehe. Bayerns Arbeitsmarkt sei robust und aufnahmefähig, betonte die Ministerin.
Besonders erfreulich sei, dass die Spreizung der Arbeitslosenquote zwischen den sieben baye-rischen Regierungsbezirken seit 2004 von 3,8 auf nur mehr 1,1 Prozentpunkte abgenommen habe. Aigner sieht darin den Beweis einer gelungenen Strukturpolitik.
Den wirtschaftlichen Erfolg Bayerns untermauerte Aigner u.a. mit den Patentanmeldungen, denn 2016 stammte mit 32,7 % fast jedes dritte aller neuen Patente in Deutschland aus Bayern, „was die überdurchschnittliche Innovationstätigkeit bayerischen Unternehmen zeigt“.
Globalisierung und Digitalisierung im Fokus
Für die Zukunft komme es darauf an, die Unternehmen fit zu machen für die schnellen Veränderungen durch Globalisierung und Digitalisierung. Diesen Herausforderungen müsse man anders begegnen als mit der Zu-rücknahme der Agenda 2010, was nur zu mehr Arbeitslosigkeit und höheren Lohnzusatzkosten führe, staatliche Mittel vergeude und dafür sorge, „dass unsere Sozialsysteme noch weniger den künftigen demographischen Herausforderungen gewachsen sind“.
Soziale Probleme müssten zielgenau bekämpft werden, indem man etwa die Chancen von Kindern aus sozial schwachen Familien erhöht, künftige Altersarmut durch möglichst durchgängige Beschäftigung bekämpft, Alleinerziehende entlastet und für bezahlbaren Wohnraum sorgt durch Förderung des sozialen Wohnungsbau und Schaffung von Anreizen für Investoren.
Aigner wandte sich gegen noch mehr Umverteilung. Im internationalen Vergleich der OECD-Länder verteile Deutschland ohnehin überdurchschnittlich viel um, wobei die Hauptlast von den mittleren Einkommensschichten getragen werde. Es sei ein Irrtum zu glauben, dass mehr Umverteilung zu mehr sozialer Gerechtigkeit führt.
Unternehmen müssen stärker entlastet werden
Neue Arbeitsplätze entstünden vor allem durch wettbewerbsfähige Produkte und Dienstleistungen. Um hierfür investieren zu können müssten die Unternehmen stärker entlastet werden, zum Beispiel durch eine Steuerreform. Am dringendsten sei die Einführung einer steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung (FuE). Als einer der wenigen OECD- und EU-Mitgliedsstaaten verfüge Deutschland noch immer nicht über eine FuE-Förderung. In der EU sei sie praktisch Standard.
Um die Gründung neuer Unternehmen zu befördern, möchte Aigner die finanziellen Risiken der Investoren verringern, damit private Kapitalgeber stärker in Start-ups investieren. „Wir brauchen mehr Wagniskapital, denn eine Finanzierung durch Bankkredite funktioniert oft nicht.“ Fördern möchte sie auch Investitionen in die Digitalisierung, indem man die Grenze für die Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter möglichst über 800 Euro hinaus erhöht.
Die mittelständische Wirtschaft mit ihren vielen familiengeführten Betrieben, „von denen Deutschland und Bayern leben und die uns in der Finanzkrise vor größeren Verwerfungen geschützt haben“, müsse unbedingt erhalten werden, auch dann, wenn ein Generationenwechsel bevorsteht. Deshalb wünscht sich die CSU-Politikerin, die Erbschaftsteuer zu regionalisieren und in Bayern ganz abzuschaffen.
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