Die Bemühungen um eine verbesserte Luftqualität müssen nach Gribls Ansicht bei den Verursachern ansetzen. Die Städte hätten nicht die aktuellen Probleme mit der Luftreinhaltung, wenn die Hersteller tatsächlich die niedrigen Abgaswerte einhalten würden, die in ihren Prospekten für die Automodelle angegeben sind.
Schadstoffausstoß reduzieren
Wie der Vorsitzende ausführte, sei der Schutz der Bewohner vor Schadstoffen ein elementares Ziel. Letztlich aber würden die Städte mit dem Problem allein gelassen. Es sei Aufgabe der Automobilhersteller, den Schadstoffausstoß von Fahrzeugen zu reduzieren. Sie müssten Diesel-Fahrzeuge kostenfrei für die Autobesitzer so nachrüsten, dass die versprochenen Grenzwerte bei Schadstoffen eingehalten werden. Versäumnisse der Automobilindustrie dürften nicht zu Lasten der Kom-munen und ihrer Bürger gehen.
Der Ansatz der Staatsregierung, für eine zügige Verbesserung der Flottenwerte zu sorgen, ist Gribl zufolge vernünftig: „Vor allem muss das bewährte Rückgrat der Mobilität, der öffentliche Personennahverkehr, gestärkt werden.“ Der ÖPNV müsse attraktiver werden. Dazu gehörten auch bessere Angebote für Park-and-Ride und Ride-and-Bike. Schließlich spiele das Fahrrad in den Städten eine große Rolle.
Erneuerung von Nutzfahrzeugflotten
Darüber hinaus sei zu klären, wie die Erneuerung von Nutzfahrzeugflotten gefördert werden kann: „Die Industrie muss emissionsarme Nutzfahrzeuge anbieten. Die Städte können ihre Fahrzeugflotten mit Bussen, Bauhof-Fahrzeugen, Müllautos und Kehrmaschinen nur elektrifizieren oder auf schadstoffarmen Gasantrieb umstellen, wenn funktionierende und bezahlbare Technologien angeboten werden.“ Auch die Taxibranche und die Paketdienste seien gefragt, ihre Fahrzeuge umzurüsten. Bund und Land müssten die Anschaffungskosten besser fördern.
Für Großstädte wie Nürnberg, Augsburg, Regensburg, Würzburg und Ingolstadt könnten die von der Bayerischen Staatsregierung angedachten Maßnahmen nach Gribls Einschätzung genügen, um die EU-Grenzwerte einzuhalten. In München dagegen werde der Grenzwert auf 25 Prozent der Hauptverkehrsstraßen überschritten. Zum Vergleich: In Augsburg liegt dieser Wert bei nur rund drei Prozent.
Bund muss Rechtsgrundlagen schaffen
Falls sich die bisherige Rechtsprechung zur Luftreinhaltung bestätigen sollte, wären stark betroffene Städte darauf angewiesen, mit einer blauen Umweltplakette ein Handlungsinstrument zur Differenzierung von Zufahrtverboten für luftverschmutzende Fahrzeuge zu erhalten, erläuterte der Verbandschef. Nur wenn emissionsarme Fahrzeuge klar gekennzeichnet sind, ließen sich Emissionen über Fahrverbote stadtverträglich, rechtssicher und kontrollierbar reduzieren. Hierfür müsste der Bund eine Rechtsgrundlage schaffen.
Gribl zufolge bieten die angestrebten Maßnahmenbündel der Staatsregierung gute Ansätze, die auf Bundesebene fortgeführt werden müssen. „Dies muss im Detail konkretisiert und finanziell unterfüttert werden, um praxisgerecht zu wirken. So stellt sich die Frage, ob die Verständigung mit den Automobilfirmen reicht, um den Vorgaben der Rechtsprechung zur Einhaltung der EU-Luftgrenzwerte schnell nachzukommen. Ansonsten ist nicht auszuschließen, dass Gerichte Fahrverbote als letztes Mittel gegen Luftverschmutzung verordnen. Die blaue Plakette wäre dann letztlich ein praktikableres Notfallinstrument als ein sonst drohendes generelles Diesel-Fahrverbot.“
Daueraufgabe Integration
Eine Daueraufgabe bleibt das Thema Integration. Nach Gribls Angaben fehlen Bayerns Städten und Landkreisen fast 550 Millionen Euro, die sie 2015 und 2016 für die Integration von Flüchtlingen aufgewendet haben. Allein den kreisfreien Städten entstanden für 2015 und 2016 ungedeckte Kosten in Höhe von 216,7 Millionen Euro. Gegenüber dem Jahr 2015 (88,6 Millionen Euro) sind bei den kreisfreien Städten die nicht durch Einnahmen gedeckten Ausgaben im Jahr 2016 um rund 45 Prozent (128,1 Millionen Euro) gestiegen. Diese Sonderleistung müsse von Staat und Bund erstattet werden, forderte der Verbandschef. Die Kommunen hätten sich darauf verlassen, dass der Freistaat sie bei den Integrationskosten nicht im Stich lässt.
Städte erwarten Kostenübernahme
„Ohne die Kommunen könnten Bund und Freistaat die Herausforderungen der Integration nicht meistern“, erläuterte der Vorsitzende. Die Städte erwarteten, dass die im Rahmen der Erstunterbringung angefallenen ungedeckten Kosten zeitnah vom Freistaat übernommen werden. Aufgrund ihrer vielfältigen flüchtlingsbedingten Integrationsleis-tungen benötigten außerdem die Kommunen einen angemessenen Anteil von den auf Bayern entfallenden Bundesintegrationsmitteln von insgesamt rund 930 Millionen Euro. Darüber hinaus müsse sich der Freistaat Bayern auf Bundesebene für eine angemessene Anschlussregelung für die Übernahme der flüchtlingsbedingten Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) für anerkannte Asyl- und Schutzberechtigte durch den Bund einsetzen.
Bayern ist laut Gribl „das einzige Bundesland, das die Kosten der Jugendhilfe für Flüchtlinge teilweise kommunalisiert“. Bei der Betreuung von unbegleiteten jungen Volljährigen erwarteten die Kommunen mit Blick auf die Kostenübernahmeregelung in den anderen Bundesländern eine 100-prozentige Kostenerstattung der Sach- und Zweckausgaben. Die Verständigung über eine Entlastung der Bezirke von 112 Millionen Euro für 2017 und 2018 sei eine erste Linderung. Die Kostenerstattung von 40 Euro (2017) und 30 Euro (2018) pro Tag und Fall sei allerdings viel zu gering bemessen, da die Durchschnittskosten der bayerischen Jugendämter bei rund 110 Euro pro Tag und Fall liegen.
Bau neuer Wohnungen
Zur Integration von Flüchtlingen zählt für die Städte auch der Bau neuer Wohnungen. Hierzu muss nach Gribls Auffassung die staatliche Wohnraumförderung weiter intensiviert werden. Neben der Wohnung für den Einzelnen gehe es auch um das geordnete Wohnumfeld. „Die Begegnung im Alltag ist ein erster Schritt zur Integration. Hierfür müssen Wohnquartiere und Wohngebiete durchmischt sein. Monostrukturen mit Migranten aus bestimmten Regionen oder die Ballung von sozialen Problemfällen können schlechte Auswirkungen in Stadtvierteln nach sich ziehen. Außerdem: Die Konkurrenz um knappen Wohnraum reduziert die Bereitschaft der Aufnahmegesellschaft, der Integration offen gegenüber zu stehen“, bemerkte der Vorsitzende. Nötig sei eine Quartiersentwicklung, die für ausgewogene Durchmischung und einen sozialen Austausch in der Stadt sorgt. Schieflagen müssten früh erkannt werden, um bei Problemen oder bei sozialen Spannungen gegenzusteuern.
Hohe Anforderungen wegen Barrierefreiheit
Der Wohnungsbau werde teurer wegen der hohen Anforderungen an Wohnungen bei Barrierefreiheit und energetischen Standards und wegen der Knappheit von Grundstücken, stellte der Verbandschef fest. Dies wirke sich auf die Mietpreise aus. Günstige Wohnungen seien ein knappes Gut. Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum spitze sich in vielen bayerischen Städten und Gemeinden zu. Die Finanzmittel für sozialen Wohnungsbau seien verbessert, aber den Städten fehle der Raum: In verdichteten Räumen sei die Mobilisierung von Bauland schwierig.
„Die Instrumente des Baugesetzbuches – etwa mit der kürzlich neu geschaffenen Kategorie des ‚urbanen Mischgebiets‘ – allein helfen Städten und Gemeinden nicht, um schnell Bauland für Wohnungen zu mobilisieren“, fuhr Gribl fort. Darum müssten weitere Anreize zur Flächenmobilisierung geschaffen werden. Der Bund müsse im Einkommensteuergesetz befristet Vergünstigungen bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft für Grundstücksveräußerungen an Gemeinden vorsehen.
Fehlende Flächen
Gribl: „Städte wollen bauen, aber die Flächen fehlen: Städte und Gemeinden brauchen Handlungsspielräume für eine vorausschauende Flächenbevorratung.“ Sie müssten bereits im Vorfeld formeller städtebaulicher Maßnahmen ein Vorkaufsrecht für Grundstücke auf eigenem Gebiet haben, um rechtzeitig Baugrund, Tausch- oder Ausgleichsflächen für Wohnungsneubauten erwerben zu können. Zudem müssten Bund, Freistaat und Kommunen ihren Grundstücksbestand nach geeigneten Bauplätzen durchsuchen und Baulücken systematisch erfassen; dazu gehörten auch Grundstücke wie ehemalige Kasernengelände und Militärflächen der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) und Flächen der Immobilien Freistaat Bayern (IMBY).
„Ein Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage ist nur möglich, wenn alle Hebel in einem wohnungspolitischen Gesamtkonzept bedient werden“, zeigte sich der Städtetagschef überzeugt. Dafür müssten der Wohnungsneubau, der Wohnungs-bestand und die Wohnungsaufsicht herangezogen werden. Bund, Freistaat und Kommunen hätten ihre Kräfte zu bündeln, um für den privaten Bereich ein attraktives Investitionsklima zu schaffen.
|