Zu Beginn hob Bayerns Ministerpräsident Dr. Markus Söder in einer Videobotschaft die überaus wichtige Rolle der sieben bayerischen Bezirke und ihres Spitzenverbands für ein funktionierendes Gemeinwesen im Freistaat Bayern hervor. Mit einer modernen, zeitgemäßen und flächendeckenden psychiatrischen Versorgung der Menschen setzten die Bezirke und der Bayerische Bezirketag seit Jahrzehnten Maßstäbe, so Söder.
Ebenso würdigte Kultusminister Bernd Sibler die Bedeutung der Bezirke und des Bezirketags. Vor allem hob der Minister den identitätsstiftenden Charakter der Bezirke für die Menschen in den Regionen hervor.
Verbesserung der Versorgung
Wie der Präsident des Bayerischen Bezirketags, Josef Mederer ausführte, sei es beispielsweise in den vergangenen Jahren gelungen, ein modernes und wegweisendes Maßregelvollzugsgesetz für die forensische Psychiatrie zu erarbeiten und umzusetzen. Als besonderen Erfolg wertete er den Umstand, dass jeder Maßregelvollzugseinrichtung, die die Entlassung eines Patienten vorbereitet, nun forensische Ambulanzen für die Nachsorgebetreuung verpflichtend zur Verfügung stünden.
Auch das neue Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz (PsychKHG) trage erheblich zu einer Verbesserung der psychiatrischen Versorgung in Bayern bei. Für die sieben bayerischen Bezirke und den Bayerischen Bezirketag ist dieses Gesetz ein Meilenstein auf dem Weg zu einer modernen psychiatrischen Versorgung im Freistaat Bayern. Mederer zufolge wird die Betreuung von Menschen in psychischen Notlagen dadurch erheblich verbessert und der Bereich der öffentlich-rechtlichen Unterbringung neu und im Sinne eines echten Hilfegesetzes geregelt.
Ausdrücklich positiv bewertete Mederer die in Zukunft flächendeckende Einführung eines psychiatrischen Krisendienstes, der auch im neuen PsychKHG verankert ist. Vor allem dankte er der Bayerischen Staatsregierung dafür, dass diese die Kosten für die Leitstellen in Höhe von 7,7 Millionen Euro übernehmen werde.
Der psychiatrische Krisendienst sei ein absolutes Muss einer Versorgungskette, die möglichst alle Menschen in psychischen Notlagen erreichen müsse. In Oberbayern und Mittelfranken habe sich der Krisendienst bereits auf vielfältige Weise bewährt. Es gehe darum, in Zukunft für ganz Bayern ein solches Angebot zu schaffen.
Mederer verwies vor diesem Hintergrund auf eine eben angelaufene große Aktion in München, wo in U-Bahnhöfen Plakate auf das Angebot des Krisendienstes mit der dazu gehörigen Notfallnummer hinweisen. Erfahrungsberichte aus den USA zeigten, dass derartige Plakataktionen sogar dazu beitragen könnten, Menschen von suizidalen Überlegungen abzubringen. Umso mehr werde der Krisendienst ein weiteres Instrument sein, Menschen in psychischen Notlangen in Zukunft erstklassig und mit hoher fachlicher Kompetenz wohnortnah und passgenau zu betreuen.
Dass den Bezirken mit Jahresbeginn nun auch die Zuständigkeit für die ambulante Hilfe zur Pflege übertragen wurde, lobte Mederer ebenfalls als wichtigen Schritt. Die Bezirke verstünden dies jedoch auch als Auftrag, vor allem die bereits bestehenden Beratungsstrukturen für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen in ganz Bayern weiter zu verbessern. Die flächendeckende Einrichtung von Pflegestützpunkten, die auf bewährte Beratungsstrukturen vor Ort aufbauen und umfassende Beratung unter einem Dach anbieten, sei hierfür ein vielversprechendes Modell. Die Bezirke sehen sich hier in einer Vorreiterrolle. Allerdings müsse die finanzielle Last dabei auf mehrere Schultern verteilt werden. Neben der kommunalen Seite stünden hierbei insbesondere die Pflege- und Krankenkassen in der Pflicht. Aber auch der Freistaat Bayern müsse sich an den Kosten der Pflegestützpunkte angemessen beteiligen.
Forderungen zur Landtagswahl
Insgesamt sieht Mederer die Bezirke und den Bezirketag als verlässliche Partner in wichtigen Fragen der Sozial- und Gesundheitspolitik weiterhin auf einem sehr guten Weg. Die von der Vollversammlung formulierten zwölf Forderungen des Bayerischen Bezirketags zur Landtagswahl 2018 machten deutlich, wo dieser die künftige Landesregierung in der Pflicht sehe:
1. Reform des Bezirkswahlrechts – aktives und passives Wahlrecht für EU-Bürgerinnen und -Bürger einführen
2. Digitalisierung der Verwaltung – landesrechtliche Formerfordernisse abbauen, Förderprogramm E-Government einführen und IT-Kompetenzen in Aus- und Fortbildung stärken
3. Prozentuale Beteiligung der Bezirke am allgemeinen Steuerverbund – bisherige pauschale staatliche Zuweisungen des kommunalen Finanzausgleichs an die Bezirke verstetigen
4. Jugendhilfekosten der unbegleitet einreisenden minderjährigen Ausländer (UMA) auch nach Erreichen der Volljährigkeit vollständig übernehmen
5. Staatliche Fördermittel für Krankenhausinvestitionen dauerhaft anheben
6. Fachkräftemangel in der Medizin aktiv entgegenwirken
7. Sicherstellung wohnortnaher Beratung Pflegebedürftiger unterstützen
8. Schaffung inklusiven Wohnraums ermöglichen
9. Diskriminierende Leistungskürzung in der Pflegeversicherung für Menschen mit Behinderung abschaffen
10. Schulen finanziell und personell so ausstatten, dass sie ihre Aufgabe Inklusion auch leisten können
11. Fischotter-Schäden an Teichanlagen und Fließgewässern – Monitoring einführen, administrative Voraussetzungen zur Entnahme schaffen sowie Beratung ausbauen
12. Maßnahmen zur Reduktion des Feinsediments-Eintrags in Gewässern – verpflichtende Ausweisung von Gewässerrandstreifen
In seiner letzten Vollversammlung als 1. Vizepräsident des Bayerischen Bezirketags wies Oberfrankens Bezirkstagspräsident Dr. Günther Denzler in seinem Schlusswort darauf hin, „dass es uns gelungen ist, die Bedeutung und den Wert einer modernen Psychiatrie für die Gesellschaft aufzuzeigen – insbesondere auch für die von einer psychischen Erkrankung betroffenen Menschen. Und dies in all ihrer Vielfältigkeit, ihren Aufgaben, ihren Herausforderungen und Chancen.“
An vielen wichtigen Beispielen und sehr persönlicher Schilderungen sei aufgezeigt worden, was Psychiatrie heute ist, was sie ausmacht und auf welchen Säulen sie in der öffentlichen Wahrnehmung steht. Auch das Innenverhältnis zwischen den Patienten, Ärzten, Therapeuten und Pflegern sei dabei beleuchtet worden. Nicht unerwähnt sei dabei auch geblieben, welch große Herausforderungen die Psychiatrie in den kommenden Jahren noch vor sich hat, will sie das fatale Siegel der Stigmatisierung hinter sich lassen.
Mit Blick auf die psychiatrischen Institutsambulanzen stellte Denzler fest: „Sie erfüllen in Ergänzung der klinischen Versorgung durch unsere größeren psychiatrischen Krankenhäuser eine zunehmend wichtige Scharnierfunktion für Menschen mit psychischen Erkrankungen.“ Die PIAs stellten ein ambulantes Angebot der psychiatrischen Kliniken dar und hätten sich in Bayern inzwischen längst bewährt.
In den über 100 ambulanten Einrichtungen werde sehr segensreich gearbeitet. Denn die psychiatrischen Institutsambulanzen leisteten einen wichtigen Beitrag, betroffene Menschen auch außerhalb der Fachkliniken umfassend und auf höchstem medizinischem und therapeutischem Niveau zu begleiten und zu versorgen. Von Beginn an seien hier die Bezirke die treibende Kraft gewesen, auch um gute Rahmenbedingungen mit den Krankenkassen in Bayern auszuhandeln. Ohne eine gute Grundausstattung könnten die PIAs ihrem Auftrag nicht gerecht werden und keine derart hervorragende Arbeit vollbringen, so Denzler.
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