Kommunalverbändezurück

(GZ-1/2-2019)
gz deutscher landkreistag

► Präsidiumssitzung des Deutschen Landkreistags:

 

Wirksame Impulse

 

Bei seiner Präsidiumssitzung im Landkreis Wesel erörterte der Deutsche Landkreistag u.a. die Themen Gleichwertige Lebensverhältnisse, Grundsteuer und 5G. Dabei wies DLT-Präsident Landrat Reinhard Sager darauf hin, dass es jetzt wichtig sei, die Zeit intensiv zu nutzen, um für die ländlichen Räume wirksame Entwicklungsimpulse zu setzen.

Sager zufolge ist es seit Einsetzung der Kommission vor vier Monaten noch nicht gelungen, zu einem strukturpolitischen Durchbruch zu gelangen. „Und die Zeit läuft uns davon, denn bereits im Mai sollen erste belastbare Ergebnisse auf dem Tisch liegen“, so seine Einschätzung. Der Großteil der Themen sei beispielsweise im Koalitionsvertrag enthalten – etwa im Bereich der Gesundheitsversorgung, der Breitbandversorgung und der Sicherstellung der Mobilität im ländlichen Raum, die derzeit völlig von der Feinstaub- und Dieselthematik überschattet werde.

Dezentralisierungspolitik

Generell gehe es um eine breite räumliche Dezentralisierungspolitik. Darin liege die Stärke des Landes – vor allem bezogen auf die Wirtschaftsstruktur. Für die Landkreise sei es wichtig, die eigene Attraktivität für Menschen und Unternehmen zu steigern und weiterzuentwickeln.

„Hierbei kommt der Digitalisierung von Angeboten, zunächst aber dem Glasfaserausbau und der 5G-Versorgung eine zentrale Bedeutung zu. Ebenso bedarf es einer familienfreundlichen, generationenübergreifenden Agenda, die der Unterstützung von Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Politik bedarf. Stabile Engagementstrukturen tragen in diesem Zusammenhang gemeinsam mit den relevanten Infrastrukturen zur Lebensqualität bei.“

Außerdem strebe der Deutsche Landkreistag etwa Regionalbudgets an, um eine freiere, kommunal verantwortete Förderpolitik zu ermöglichen, in dem kommunale Entscheidungsprozesse nicht inhaltlich vorgeformt werden. „Die ländlichen Räume brauchen verbesserte Förderinstrumente, um fortan Impulse auch außerhalb der Landwirtschaft breiter und wirksamer unterstützen zu können. Dem dient eine angepasste Gemeinschaftsaufgabe ‚Agrarstruktur und Küstenschutz‘. Darüber muss bereits Ende des Monats Januar im Vermittlungsausschuss entschieden werden, die Länder haben im Sommer im Bundesrat mit 16:0 Stimmen einen entsprechenden Beschluss gefasst“, erklärte Sager.

Milliarden-Investitionen

Die entsprechenden Investitionen erforderten Milliarden von den Kreisen und Gemeinden, fuhr der Präsident fort: „Hier gibt es in sehr vielen Landkreisen, aber auch Gemeinden ein strukturelles Problem, was sich stark verkürzt auf den Nenner bringen lässt: Die Aufgaben werden mehr und teurer, die verfügbaren Finanzmittel bleiben ungefähr gleich. Das kann auf Dauer nicht aufgehen.“

Zusätzliche Steuermittel

Daher fordere der Deutsche Landkreistag einen größeren kommunalen Anteil an der Umsatzsteuer, auch für die Landkreise: „Heute tragen die Kommunen knapp ein Viertel der gesamtstaatlichen Ausgaben. Ihr Anteil an den originären Steuereinnahmen beträgt aber nur gut 13 %. Zusätzliche kommunale Steuermittel sind deshalb die Lösung des Problems.“ Diese zusätzlichen Steuermittel sollten dann nicht nach Wirtschaftskraft, sondern bedarfsgerechter verteilt werden, meinte der Präsident.

Der Deutsche Landkreistag sprach sich zudem für ein wertabhängiges Modell zur Reform der Grundsteuer aus. Laut Reinhard Sager „geht es uns bei der Grundsteuer darum, die bestehenden Realitäten abzubilden.“ Das bedeute, dass in herausgehobenen Wohnlagen mehr Grundsteuer anfällt als in strukturschwachen Gebieten. Eine wertberichtigende Reform sei das Ziel der vom Bundesverfassungsgericht geforderten Novelle, da die alten Einheitswerte die Realitäten nicht mehr abbilden. Eine rein flächenbezogene Steuer sei schon aus Gerechtigkeitsaspekten kein gangbarer Weg.

Vorschlag des Bundesrates

Ein guter Ausgangspunkt sei das vom Bundesfinanzministerium vorgestellte wertabhängige Modell, das sich am Vorschlag des Bundesrates orientiere, aber weniger Wertkomponenten als dieses aufweise und an die Nettokaltmiete statt an den Verkehrswert anknüpfe. „Uns wurden vom Finanzministerium bereits erste Modellrechnungen für verschiedene Gemeinde- und Grundstückstypen überlassen. Danach müssten zur Herstellung der Aufkommensneutralität die größeren Städte die Hebesätze nach unten sowie die kleineren Städte und Gemeinden nach oben anpassen. Das wäre dann eine von Kommune zu Kommune zu treffende Entscheidung, die lokal verantwortet werden würde“, unterstrich der Verbandschef.

Der Deutsche Landkreistag plädierte darüber hinaus dafür, das Ziel eines flächendeckenden Mobilfunkausbaus auch mit 5G nicht aufzuweichen. Wie Sager erläuterte, müsse eine weitere und andauernde digitale Spaltung des Landes unbedingt verhindert werden. „Für die bevorstehende Frequenzauktion der Bundesnetzagentur erneuern wir unsere Forderung, entsprechende Versorgungsauflagen für unrentable Gebiete im Wege einer Negativauktion vorzusehen. Damit würde der Bund seiner Verantwortung gerecht.“

Flächendeckende Versorgung mit Mobilfunknetzen

Die flächendeckende Versorgung mit Mobilfunknetzen sei unabdingbare Voraussetzung für die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Stadt und Land. Das gelte gleichermaßen für den Ausbau der Glasfasernetze.

Sager: „Wir brauchen überall echtes 5G. Sprichwörtlich auch an jeder Milchkanne. Sonst stellen sich viele Fragen nach wirtschaftlicher Entwicklung in einer globalisierten Welt gar nicht erst. Das wahre industrielle, mittelständische Herz schlägt in Deutschland im ländlichen Raum. Wenn wir hier im buchstäblichen Sinne den Anschluss an das globale und mehr und mehr digitalisierte Wirtschaftssystem verlieren, stellen wir den ländlichen Raum als Wohn- wie als Wirtschaftsstandort in Frage.“

Kritik an Bundesnetzagentur

Vor diesem Hintergrund sei die Entscheidung der Bundesnetzagentur nachdrücklich zu kritisieren, im Rahmen der bevorstehenden Versteigerung von Frequenzen auf den Erlass von Auflagen für eine echte flächendeckende Versorgung auch jenseits der bewohnten Gebiete und der wichtigsten Verkehrswege verzichtet zu haben.

„Die vorgesehenen Auflagen werden – wie bereits jetzt bei LTE zu beobachten – zu einem lückenhaften 5G-Netz führen, zumal sie bezogen auf die Verkehrswege jenseits der Bundesautobahnen schon dann als erfüllt gelten, wenn jeweils nur einer der Anbieter eine entsprechende Infrastruktur errichtet hat. Um damit zu echter Flächendeckung zu gelangen, bräuchten wir im zweiten Schritt ein nationales Roaming“, hob der DLT-Präsident hervor.

Sollten weitergehende Auflagen aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht möglich sein, müssten andere Instrumente wie eine Änderung des Regulierungsrechts die Flächendeckung sicherstellen. „Hier bleibt der Bund in der Pflicht, wie man es auch dreht und wendet“, betonte der Verbandschef. Dazu zähle auch eine Auktion mit negativem Veräußerungserlös.

Die Mobilfunkbetreiber hätten sich bislang strikt gegen solche Auflagen gewehrt mit dem Argument, der Ausbau sei deutlich zu teuer. „Die Bundesnetzagentur begründet ihre Vorschläge ebenfalls mit hohen Kosten. Wer aber gleichwertige Lebensverhältnisse will, muss beim Mobilfunkausbau für Flächendeckung eintreten. Das bedeutet, dass wir wirksame Versorgungsauflagen brauchen. Wir dürfen nicht dieselben Fehler machen wie beim 4G-Netz, wo wir gerade keine Flächendeckung erreicht haben“, erläuterte Sager.

Zwar sei dort eine Haushaltsabdeckung von 97 % angestrebt, dennoch bestehe keine Flächendeckung. So liege beispielsweise bei Kreisstraßen die Verfügbarkeit zwischen 37 % und 80 %. Das bedeute, dass der schlechteste Anbieter auf 57.000 der insgesamt rund 92.000 km Kreisstraßen keine Dienste verfügbar halte, der beste Anbieter auf rund 17.000 km.

DK

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