Das Papier enthält Vorschläge, wie der notwendigen besseren Förderung von Langzeitarbeitslosen sowie der stark wachsenden Anzahl von Flüchtlingen und Asylberechtigten innerhalb des SGB II entsprochen werden kann. Außerdem benennt es Möglichkeiten zur Entlastung der Jobcenter sowie zur Vereinfachung der Verfahren im SGB II und gibt Anregungen für eine effizientere Bearbeitung.
Bundesagentur für Arbeit, Deutscher Landkreistag und Deutscher Städtetag halten gemeinsam fest, dass der Soziale Arbeitsmarkt weiter ausgebaut werden müsse, um arbeitsmarktpolitische Handlungsmöglichkeiten für die Jobcenter zu eröffnen, die an Beschäftigung heranführen, Qualifizierungselemente enthalten und nicht in marktfernen Bereichen verbleiben. Der Gesetzgeber müsse den Jobcentern SGB II-spezifische Instrumente an die Hand geben, um sinnvolle und flexible Handlungsmöglichkeiten für die betroffenen Leistungsberechtigten zu eröffnen.
Strukturen schaffen
Arbeitsgelegenheiten dienten der Stabilisierung der Erwerbsfähigkeit der Betroffenen und der Heranführung an eine Tagesstruktur. Sie seien zu stärken und zu vereinfachen. Dem in jedem Jobcenter eingerichteten örtlichen Beirat, dem Wirtschafts- und Unternehmervertreter angehören, sollte ein Votum eingeräumt werden, bestimmte Beschäftigungsbereiche oder konkrete Tätigkeiten als unproblematisch und wettbewerbsneutral anzusehen. Auf dieser Grundlage habe das Jobcenter sodann über die Arbeitsgelegenheiten zu entscheiden.
Die bisherigen gesetzlichen Kriterien „zusätzlich“, „im öffentlichen Interesse“ und „wettbewerbsneutral“ würden dadurch entbehrlich und seien aufzuheben. Im Dialog mit der örtlichen Wirtschaft könnten so sinnvolle Ausgestaltungen entwickelt werden. Darüber hinaus sei zu prüfen, ob dieses Instrument im SGB II speziell für den Personenkreis der Asylberechtigten und anerkannten Flüchtlinge weiterentwickelt werden muss.
Für ihre anspruchsvolle und herausfordernde Tätigkeit im Interesse der Leistungsberechtigten benötigen die Jobcenter nach Ansicht der Träger eine auskömmliche Finanzausstattung. Dies betreffe sowohl die Eingliederungsmittel als auch die Verwaltungskosten. Die Politik müsse erkennen, dass es sich bei diesem Geld letztlich um Zukunftsinvestitionen in die Menschen handelt. Das gelte umso mehr in Anbetracht quantitativ und qualitativ steigender Herausforderungen der Jobcenter infolge des absehbar hohen Eintritts von Asylberechtigten und Flüchtlingen in den SGB II-Rechtskreis. Um den Jobcentern eine vernünftige Planung zu ermöglichen, dürften die Mittel nicht nur für ein Jahr feststehen, sondern müssten längerfristig planbar sein.
Rechtsvereinfachungen
Das SGB II ist nach wie vor geprägt von kleinteiligen Regelungen und verwaltungsaufwendigen Vorgaben. Es bedürfe weiterer Rechtsvereinfachungen, die auch Ressourcen für eine intensivere Betreuung der SGB II-Leistungsberechtigten freisetzen. Genannt werden unter anderem die Einführung einer Kleinbetragsgrenze für Erstattungsforderungen und eines pauschalierten Einstiegsgeldes für selbstständige Aufstocker sowie eine weitere Vereinfachung der Bildungs- und Teilhabeleistungen.
Ein besonderer Bürokratietreiber ist nach Ansicht von Deutschem Landkreistag, Deutschem Städtetag und Bundesagentur für Arbeit die sog. Bedarfsanteilsmethode bei der Einkommensanrechnung. Sie sprechen sich dafür aus, gemäß dem Individualprinzip die vertikale Einkommensanrechnung vorzunehmen. Dadurch würde Erwerbseinkommen zunächst beim Erwerbstätigen selbst angerechnet und nur Einkommen, das nicht zu seiner eigenen Existenzsicherung benötigt wird, auf die Bedarfe der anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft angerechnet. Dies würde die Verfahren deutlich vereinfachen und die Bescheide für die Leistungsberechtigten verständlicher machen.
Durch eine Erweiterung der sog. Rahmenfrist von zwei auf drei Jahre, innerhalb derer die zwölfmonatige Anwartschaftszeit für Leistungen der Arbeitslosenversicherung erfüllt sein muss, soll der Zugang zur Arbeitslosenversicherung erleichtert werden. Damit würden mehr Menschen die Chance einer frühzeitigen, individuellen Unterstützung im SGB III erhalten und das SGB II würde entlastet.
Die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund ist für die Jobcenter seit jeher ein wichtiger Teil ihrer Aufgaben. Bei dem großen Personenkreis der nun dazukommenden Asylberechtigten und Flüchtlinge zeige sich die Besonderheit, dass die Kenntnis der deutschen Sprache bestenfalls rudimentär vorhanden ist und vielfach auch die Kenntnis der lateinischen Schrift fehlt. Eine berufsbezogene Sprachförderung komme oftmals einer allgemeinen Sprachförderung gleich.
Derzeit melden die Jobcenter aufwendig die Teilnehmer für die berufsbezogenen Sprachkurse an die Sprachkursträger, die vom Bundesamt für Migration beauftragt wurden. Dadurch ergeben sich Verzögerungen und Schwierigkeiten bei der Kursinitiierung und Probleme mit der teilnehmer-spezifischen Ausrichtung der Kurse. Es wird vorgeschlagen, die Bewirtschaftung der Sprachkurse zur berufsbezogenen Sprachförderung auf die Jobcenter zu übertragen. Dies würde die Verwaltungswege vereinfachen und zugleich das BAMF entlas-ten für die dort vorrangig wichtige Beschleunigung der Asylverfahren.
Sprachförderung
Eine besondere Herausforderung stellt ferner die durch Flüchtlingszuwanderung zunehmende Zahl von Kursteilnehmern dar. Neben einer breit angelegten, verpflichtenden und hochwertigen Sprachförderung benötigt diese Personengruppe auch Unterstützung bei der Qualifikationsfeststellung und der Anerkennung von berufsqualifizierenden Abschlüssen. Der Aufbau weiterer beruflicher Qualifikationen und die Heranführung an den hiesigen Arbeitsmarkt, z. B. durch Praktikumsplätze, Bewerbungscoaching und Qualifizierungs- und Beschäftigungsmaßnahmen, müsse als ganzheitlicher Ansatz für die Gruppe der anerkannten Flüchtlinge und Asylberechtigten entwickelt werden. Bei mangelnder Mitwirkung kämen die Sanktionsvorschriften des SGB II zum Tragen. Flüchtlinge seien verpflichtet, die ihnen unterbreiteten Angebote der Jobcenter anzunehmen. Hinweise auf Chancen und Pflichten müss-ten Gegenstand des Beratungs- und Integrationsprozesses sein.
Förderung Asylberechtigter
Der durch die Flüchtlingszuwanderung steigenden Zahl von SGB II-Leistungsberechtigten müsse zudem durch zusätzliches Personal und eine ausreichende Mittelausstattung der Jobcenter Rechnung getragen werden. Begrüßt wird, dass der Bund mit dem Bundeshaushalt 2016 zusätzliche Mittel für den flüchtlingsbedingten Mehraufwand zur Verfügung stellt. Dies aber werde voraussichtlich nicht ausreichend sein. Bei weiter steigenden Zahlen sei der Bedarf der Jobcenter nach ausreichender finanzieller Ausstattung zur Förderung der Asylberechtigten und anerkannten Flüchtlinge unabweisbar.
Bei der wachsenden Gruppe von Asylberechtigten und Flüchtlingen sei unter Umständen eine höhere Mobilität zu erwarten, die zu vermehrten Umzügen der Leistungsberechtigten führen kann. Dies berge die Gefahr von doppelten Leistungen und Beitragszahlungen und führe zu aufwendigeren Bearbeitungsverfahren. „Erforderlich ist der Austausch der personenbezogenen Leistungsdaten unmittelbar zwischen den betroffenen Jobcentern. Hierzu bedarf es einer gesetzlichen Regelung im SGB II. Die Möglichkeiten eines einfachen IT-gestützten Datenaustausches sind zu prüfen“, heißt es abschließend.
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