Kommunalverbändezurück

(GZ-12-2019)
gz deutscher staedtetag

► Deutscher Städtetag in Dortmund:

 

Städte schaffen Zusammenhalt

 

Burkhard Jung ist neuer Präsident des Deutschen Städtetages. Bei der Hauptversammlung des Kommunalverbandes in Dortmund unter dem Motto „Zusammenhalten in unseren Städten“ wurde der Leipziger Oberbürgermeister zum Nachfolger des Münsteraner Rathauschefs Markus Lewe bestimmt, der nunmehr als Vizepräsident fungiert und damit Nürnbergs Stadtoberhaupt Dr. Ulrich Maly abgelöst hat. Als weiterer Stellvertreter des Präsidenten wurde unter anderem Oberbürgermeister Dr. Kurt Gribl, Augsburg, gewählt.

Neben dem Zusammenhalt beschäftigten den Deutschen Städtetag aktuell besonders die Themen Verkehr, Wohnungsbau, Klimaschutz und die Reform der Grundsteuer. Vor rund 1.300 Delegierten und Gästen betonte der scheidende Präsident Markus Lewe: „Wir dürfen nicht zaghaft und zögerlich sein, wenn es um den Umbau unserer Verkehrssysteme geht. Und wir müssen klotzen statt kleckern. Die kommunale Verkehrsinfrastruktur ist dramatisch unterfinanziert, es gibt hier einen Investitionsstau von über 38 Milliarden Euro. Für die Trendwende zu nachhaltiger Mobilität brauchen die Kommunen über bisherige Programme hinaus eine Investitionsoffensive von Bund und Ländern mit zusätzlichen Mitteln von 20 Milliarden Euro für mindestens zehn Jahre, also 2 Milliarden jährlich.“

Klimaschutz zu lange vernachlässigt

Auch der Klimaschutz im Verkehr sei zu lange vernachlässigt worden. Deshalb müsse jetzt schnell gehandelt werden. „Wir müssen einer nachhaltigen, umweltfreundlichen und klimaschonenden Mobilität für alle zum Durchbruch verhelfen. Das wollen viele Menschen und das wird unsere Städte lebenswerter machen. Die Städte fordern dazu von Bund und Ländern ein Gesamtkonzept für nachhaltige Mobilität, in dem der Klimaschutz eine wichtige Rolle spielt.

Rund 11 Milliarden Fahrgäste sind im ÖPNV in Deutschland pro Jahr unterwegs, Tendenz steigend. Tatsächlich lebe der ÖPNV aber seit Jahren von der Substanz. Tunnel- und Gleisanlagen müssten saniert, Busse und Bahnen neu beschafft und Haltestellen umgebaut werden. Der Bund müsse jetzt rasch sein Versprechen aus dem Koa-litionsvertrag umsetzen, das Bundesprogramm für Großprojekte im Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) von rund 330 Millionen auf 1 Milliarde Euro anzuheben. Für den Aus- und Umbau von Straßen, Bahnen und Schienen seien zudem die Länder gefordert, die GVFG-Mittel bedarfsgerecht zu erhöhen, für die sie ab 2020 finanziell verantwortlich sind.

„Der Fahrradverkehr nimmt deutlich zu, immer mehr Menschen fahren selbst weitere Strecken mit dem Rad und elektrische Tretroller werden in Kürze ebenfalls verstärkt Radwege nutzen. Deshalb brauchen wir auch eine Radwege-Offensive“, forderte Lewe.

Öffentlichen Raum in den Städten neu aufteilen

Außerdem sei es notwendig, den begrenzten öffentlichen Raum in den Städten neu aufzuteilen. Im Durchschnitt transportieren Pkw nur 1,4 Menschen pro Fahrt, brauchen dafür aber die meiste Fläche pro Fahrgast. „Wir brauchen im öffentlichen Raum mehr Flächen für Begegnungen und für nachhaltige Mobilität. Das Gesicht unserer Städte soll nicht Parkplatz oder vierspurige Straße sein. In der Konsequenz wird das heißen müssen: weniger Platz für Autos, dafür mehr Raum für die Menschen, die mit ÖPNV, dem Rad oder zu Fuß unterwegs sind. Diese neue Balance müssen die Städte im Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern aushandeln.“ Der Erfolg messe sich vor allem an der Akzeptanz in der Bevölkerung und bei den ansässigen Unternehmen.

Trotz der beim Wohngipfel im Herbst 2018 ausgerufenen Wohnraumoffensive und einiger positiver Entscheidungen von Bund und Ländern würden vor allem in Ballungsräumen und wachsenden Städten zu wenige bezahlbare Wohnungen neu gebaut, fuhr der Städtetagspräsident fort. Nötig wären derzeit etwa 400.000 neue Wohnungen jedes Jahr. Tatsächlich wurden im vergangenen Jahr aber nur knapp 290.000 gebaut. Der Mangel an Bauland, hohe Grundstückspreise und Baukosten erschweren es, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.

Bauen, bauen, bauen

Die Städte selbst entwickelten Baulandstrategien, gäben zum Teil Grundstücke preisreduziert ab und verpflichteten größere Investoren, anteilig bezahlbare Wohnungen vorzusehen. Die bestehenden Probleme könnten jedoch nur in einer konzertierten Aktion von Bund, Ländern und Kommunen, Wohnungs-, Immobilien- und Bauwirtschaft, Stadtplanung und Architektur bewältigt werden, machte Lewe deutlich: „Wohnen ist für jeden Menschen ein Grundbedürfnis. Ausreichend bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, darf nicht allein dem Markt überlassen werden. Alle Akteure sind gefragt. Wir müssen bauen, bauen und bauen. Die Wohnraumoffensive muss mit mehr Tempo umgesetzt werden.

Die Städte wollen dazu beitragen. Sie werden weiter Bauland mobilisieren und Nachverdichtung ermöglichen. Und zwar so, dass in guter Qualität gebaut und eine soziale Mischung der Bevölkerung in den Wohnvierteln gesichert wird.“ Nötig sei eine nachhaltige, gemeinwohlorientierte Bodenpolitik, meinte Lewe.

Klimaschutz spielt auch bei der kommunalen Bauleitplanung eine wichtige Rolle. Besondere Potenziale sehen die Städte in der Digitalisierung und der intelligenten Vernetzung beispielsweise von Energie und Mobilität. Hinzu komme der vorbeugende Schutz der Menschen vor häufigeren Extremwetterereignissen wie Starkregen, Stürmen und Hitzetagen, wie der scheidende Vizepräsident des Deutschen Städtetages Dr. Ulrich Maly, hervorhob.

Städte als Klimaschützer

Das Engagement der Städte beim Klimaschutz belegten unter anderem rund 12.500 Projekte in mehr als 3.000 Kommunen, die von 2008 bis Ende 2018 im Rahmen der Kommunalrichtlinie der Nationalen Klimaanpassungsstrategie des Bundes gefördert worden sind. Alle größeren Städte hätten zum Beispiel ein eigenes kommunales Energiemanagement, das die kommunalen Gebäude betreut.

Mit Blick auf die Pläne des Bundes für ein Klimaschutzgesetz meinte Maly: „Das vom Bund geplante Klimaschutzgesetz muss einen kräftigen Schub nach vorn bringen, um den Ausstoß von Kohlendioxid zu reduzieren. Gleichzeitig müssen Bund und Länder ein möglichst ambitioniertes Maßnahmenprogramm auflegen, das soziale, wirtschaftliche und ökologische Aspekte berücksichtigt. Dabei halten wir als Städtetag einen Preis für CO2-Emissionen für einen geeigneten und notwendigen Ansatz, um die Klimaziele schneller zu erreichen.“

Der Deutsche Städtetag sorgt sich sehr um die für die Städte äußerst wichtige Reform der Grundsteuer. Die Städte appellieren eindringlich an Bund und Länder, sich endlich zu einigen. Laut Steuerschätzung vom Mai können die Kommunen laut Maly im kommenden Jahr mit 14,5 Milliarden Euro Einnahmen aus der Grundsteuer rechnen – Geld, das für die Finanzierung vieler städtischer Aufgaben unentbehrlich ist.

Gute Ideen gemeinsam mit den Menschen umsetzen

Generelle Aufgabe der Politik sei es, so der neue Städtetagspräsident Burkhard Jung, zuzuhören, die Ängste der Menschen zu verstehen und Bedenken zu berücksichtigen oder zu entkräften sowie Abhilfe für Probleme zu schaffen. Die Städte wollten gute Initiativen und Ideen der Menschen aufnehmen und mit ihnen umsetzen. Vertrauen in Politik und Redlichkeit von Politik seien dafür wichtige Faktoren. Das zeige sich auch beim Thema Digitalisierung, das alle Lebensbereiche betreffe.

Die Städte müssten die Smart-City-Möglichkeiten dort nutzen, wo sie Effizienzvorteile bieten und die städtischen Leistungen der Daseinsvorsorge verbessern können. „Es geht nicht um die maximale Digitalisierung, sondern um den smarten, also klugen und effizienten Einsatz von digitalen Produkten und Dienstleistungen, um die Lebensqualität der Menschen zu verbessern. Nicht alles, was technisch machbar ist, muss auch sinnvoll sein. Außerdem müssen wir mit den uns anvertrauten Daten verantwortungsvoll umgehen. Es muss sichergestellt sein, dass mit staatlich erhobenen Daten kein Schindluder getrieben wird“, stellte Jung fest.

Bei der Digitalisierung gehe es nicht nur darum, dass Verwaltungen rund um die Uhr online erreichbar seien oder Meldeverfahren online verfügbar sind. Laut Jung „geht es auch um die Qualität unserer städtischen Entscheidungsprozesse. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten Information und Transparenz und wollen an Entscheidungsprozessen beteiligt werden. Und sie erwarten zu Recht, dass unsere Verwaltungen nutzerfreundlich und unkompliziert arbeiten, unabhängig von Öffnungszeiten und Fahrtwegen.“ Klar sei aber auch, dass die Städte weiter direkt und auch analog für alle Bürgerinnen und Bürger erreichbar bleiben: „Wir in unseren Rathäusern sind und bleiben offene Orte für persönlichen Kontakt und Beratung.“

Digitalisierung brauche vor allem zukunftsfeste Telekommunikationsnetze. Der Bund müsse seine Zielsetzung einhalten, bis zum Jahr 2025 flächendeckend Gigabit-Netze zu schaffen. Für die Städte seien sie ein zentraler Standortfaktor, betonte Jung.

Dortmunder Erklärung

Die Städte in Deutschland haben ihren Willen und ihre Bereitschaft betont, sich den aktuellen Herausforderungen wie dem veränderten Miteinander im digitalen Zeitalter, dem Klimaschutz und nachhaltiger Mobilität sowie bezahlbarem Wohnen zu stellen.

Diese Zukunftsaufgaben erfolgreich zu stemmen, müsse im Verbund mit Bund und Ländern gelingen, machte der Deutsche Städtetag deutlich. Die wichtigsten Positionen wurden zum Abschluss seiner Hauptversammlung in einer „Dortmunder Erklärung“ verabschiedet.

DK

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