(GZ-14-2020) |
► Vollversammlung des Bayerischen Bezirketags in Erlangen: |
Wie viel Sozialstaat können wir uns leisten? |
„Wie viel Sozialstaat können und wollen wir uns leisten? Mit dieser zentralen Frage befasste sich die Vollversammlung des Bayerischen Bezirketags in Erlangen, die coronabedingt in verkleinerter Form und nahezu ohne externe Gäste stattfand. Der Hausherr, Bürgermeister Jörg Volleth, begrüßte die Gäste in der Hugenottenstadt, allen voran den Präsidenten des Bayerischen Bezirketags Franz Löffler sowie die Minister Albert Füracker und Joachim Herrmann.
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Dass die Corona-Pandemie nicht nur die Wirtschaft und die Bevölkerung, sondern auch den Sozialstaat vor große Herausforderungen stellt, ist kein Geheimnis. Bezirketagspräsident Franz Löffler verwies deshalb auf den wichtigen gesellschaftlichen Beitrag, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Gesundheits-, Behinderten- und Pflegeeinrichtungen für das Gemeinwesen geleistet hätten. Gerade in den vergangenen Monaten sei dies mehr als jemals zuvor deutlich geworden. Rückläufige Steuereinnahmen und steigende Ausgaben Doch ein Sozialstaat und eine funktionierende soziale Infrastruktur kosten Geld. Und das in Zeiten rückläufiger Steuereinnahmen und steigender Ausgaben bei den Sozialleistungen. Unabhängig von der Corona-Pandemie kämpfen die bayerischen Bezirke laut Löffler durch Gesetzesänderungen im Bereich der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung sowie der Hilfe zur Pflege ohnehin mit zunehmenden Kosten, die auch in den kommenden Jahren noch weiter ansteigen werden. „Da es sich hierbei aber überwiegend um Rechtsansprüche der Leistungsberechtigten handelt, ist nahezu kein Einsparpotenzial vorhanden“, betonte der Verbandspräsident. Die bayerischen Bezirke, die weitestgehend über Umlagen finanziert werden, sind auf solide Verwaltungshaushalte von Gemeinden, Städten und Landkreisen angewiesen. Durch die Corona Pandemie müssen die Kommunen jedoch, wie die Ergebnisse der Steuerschätzung Mitte Mai gezeigt haben, mit einem drastischen Einbruch der Steuereinnahmen rechnen. Deshalb begrüßt der Bayerische Bezirketag als Spitzenverband der bayerischen Bezirke das Konjunkturpaket des Bundes sowie die Verdoppelung der Bundeshilfen durch den Freistaat Bayern. Dennoch betonte Franz Löffler eindringlich: „Wir brauchen die finanzielle Unterstützung vom Freistaat und die gerechte Verteilung auf die Kommunen, um die Defizite in den Verwaltungshaushalten so gering wie möglich zu halten und um unsere Aufgaben in der sozialen Daseinsvorsorge auch weiterhin zuverlässig erledigen zu können.“ Auch weitere Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft seien wichtig. „Wir erhoffen uns daher durchschlagende Ergebnisse von den laufenden Gesprächen zwischen den Kommunalen Spitzenverbänden und dem Bayerischen Finanzministerium“, appellierte Löffler direkt an den Finanzminister. Umlagezahler entlasten Neben der finanziellen Unterstützung für die Gemeinden, Städte und Landkreise durch das Konjunkturpaket ist es aus Sicht des Bayerischen Bezirketags zudem wichtig, dass gerade die Bezirke eine deutlich spürbare Aufstockung der Leistungen aus dem Bayerischen Finanzausgleich erhalten, um so den Anstieg der Umlagesätze zumindest teilweise begrenzen zu können und damit die Umlagezahler unmittelbar zu entlasten. Finanz- und Heimatminister Albert Füracker, der als Festredner gewonnen werden konnte, ergänzte: „Wir haben alle gemeinsam bereits einiges geschafft, auch wenn die Pandemie noch nicht vorbei ist. Dabei haben gerade auch die Bezirke Großes geleistet, beispielsweise im Bereich der Einrichtungen und Dienste in der Eingliederungshilfe.“ Sozialpolitik ist immer auch Finanzpolitik „Sozialpolitik ist immer auch Finanzpolitik. Wir wollen gemeinsam mit der kommunalen Familie durch diese schwierige Krisenzeit kommen: Mit rund 2 Milliarden Euro Landesmitteln verdoppelt der Freistaat die Unterstützungen im Konjunkturpaket des Bundes – dies bedeutet insgesamt rund 4 Milliarden Euro für unsere Kommunen. Damit gibt der Staat auch ein klares Signal an die Bezirke, die über die Bezirksumlagen profitieren werden“, stellte Füracker fest. Bewährung in der Krise Lobende Worte für die Bayerische Verwaltung fand indes Innen- und Kommunalminister Joachim Herrmann: „Unsere Mitarbeiter leisten auf allen staatlichen und kommunalen Ebenen jeden Tag Außerordentliches. Auch während der Hochzeiten der Corona-Krise hat jeder Einzelne seinen Anteil dazu beigetragen, dass der öffentliche Dienst handlungs- und leistungsfähig bleibt.“ Damit konnte den Menschen Herrmann zufolge das insbesondere in der Krise so wichtige Gefühl von Sicherheit gegeben werden. „Auch die Struktur unserer Krankenhäuser hat sich in der Corona-Krise einmal mehr bewährt“, fügte Herrmann hinzu. Seiner Ansicht nach wird es weiterhin eine große Aufgabe für alle sein, dem Infektionsschutz auch in den kommenden Monaten Rechnung zu tragen. Auch die bezirklichen Gesundheitsunternehmen mit ihren mehr als 40 Fachkliniken für Psychiatrie und Neurologie hätten in den vergangenen Wochen intensiv daran mitgearbeitet, die Corona-Pandemie zu bewältigen. Nachdrücklich begrüßte Herrmann den Antrag von CSU und FW im Landtag zur Schaffung kommunalwirtschaftlicher Erleichterungen anlässlich der Corona-Pandemie. Die inzwischen vom Bayerischen Landtag verabschiedete Gesetzesänderung sieht vor, für 2020 und 2021 Abweichungen von kommunalwirtschaftlichen Bestimmungen zuzulassen. Damit erhalten die Kommunen größere Spielräume für ihre Nachtragshaushalte und für die Haushaltsplanung. Die am 1. August in Kraft tretende Gesetzesänderung erleichtert den Kommunen zum Beispiel den Zugang zu Krediten und Kassenkrediten. Die Haushaltsaufstellung kann beschleunigt, Genehmigungspflichten können ausgesetzt werden. Die zur Umsetzung erforderliche Verordnung soll noch in der ersten Augusthälfte ergehen. „Gepaart mit finanziellen Unterstützungen des Freistaats stellen wir sicher, dass die Kommunen trotz akuter finanzieller Herausforderungen kurzfristig handlungsfähig bleiben“, erklärte Herrmann. Mittel- und langfristig bleibe es freilich das Ziel, wieder zu soliden Kommunalfinanzen, einem Markenzeichen des Freistaats Bayern, zurückzukehren. Die Gesetzesänderung beruht auf Anregungen des Innenministeriums, die wiederum auf Wünsche der Kommunalen Spitzenverbände zurückgehen. |
DK
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