Kommunalverbändezurück

(GZ-15-16-2020)
gz bayerischer staedtetag

► Bayerischer Städtetag in Regensburg:

 

Kommunen brauchen sichere Finanzen

OB Pannermayr zum neuen Verbandsvorsitzenden gewählt

 

Markus Pannermayr ist neuer Vorsitzender des Bayerischen Städtetags. Bei der Vollversammlung des Kommunalverbandes in Regensburg wurde der Straubinger Oberbürgermeister zum Nachfolger von Altoberbürgermeister Dr. Kurt Gribl, Augsburg, gewählt. Zum ersten stellvertretenden Vorsitzenden bestimmten die Delegierten erneut den Fürther Oberbürgermeister Dr. Thomas Jung, zweiter stellvertretender Vorsitzender ist nunmehr Erster Bürgermeister Markus Loth aus Weilheim i. OB. Er tritt die Nachfolge des ehemaligen Rathauschefs von Dingolfing, Josef Pellkofer, an.

Der neue Vorstand des Bayerischen Städtetags (v. l.): 1. stellvertretender Vorsitzender Oberbürgermeister Dr. Thomas Jung, Stadt Fürth; Oberbürgermeister Markus Pannermayr (Vorsitzender), Straubing und  2. stellvertretender Vorsitzender Erster Bürgermeister Markus Loth, Stadt Weilheim.
Der neue Vorstand des Bayerischen Städtetags (v. l.): 1. stellvertretender Vorsitzender Oberbürgermeister Dr. Thomas Jung, Stadt Fürth; Oberbürgermeister Markus Pannermayr (Vorsitzender), Straubing und  2. stellvertretender Vorsitzender Erster Bürgermeister Markus Loth, Stadt Weilheim.

Aufgrund der Einhaltung der Regeln in Folge der Corona-Pandemie wurde die diesjährige Tagung möglichst kurzgehalten. In seiner Abschiedsrede bezeichnete der scheidende Städtetagschef Kurt Gribl die Corona-Pandemie als eine der herausfordernden Phasen der wechselreichen Geschichte des Städtetags seit 1896. Corona hinterlasse Spuren im gesamten gesellschaftlichen Dasein und im kommunalen Handeln. Besonders jetzt sei es wichtig, als Gesellschaft zusammenzustehen.

Finanziell gute Jahre

Mit Blick auf seine dreijährige Amtszeit sprach Gribl von „finanziell alles in allem konjunkturbedingt guten Jahren“. Der kommunale Anteil am Steuerverbund sei angewachsen. Die Schlüsselzuweisungen seien in drei Jahren mehr als zwanzig Prozent gestiegen. Die größte Errungenschaft stelle die Absenkung der erhöhten Gewerbesteuerumlage dar, die im Koalitionsvertrag auf Bundesebene ausgehandelt werden konnte. Hingegen bleibe die Mittelausstattung im Bereich der übertragenen Aufgaben weiterhin eine Baustelle.

Große Herausforderungen für die Städte

Bei den Themen Klimaschutz und Mobilität blickte der scheidende Vorsitzende auf bewegte Jahre zurück. Stickoxide, Dieselskandal und Diskussionen über Fahrverbote stellten die Städte vor große Herausforderungen. Gribl erinnerte an den Kampf der Städte gegen die weitere Lockerung des Anbindegebots, die Verinnerlichung des Grundsatzes des Vorrangs der Innenentwicklung oder an die Verantwortung der Kommunen für Luftreinhaltepläne. Anstelle einer Obergrenze müssten die Kommunen Instrumente der Baulandmobilisierung bekommen, Verfahren schneller werden und die Wohnraumförderung verlässlich auf hohem Niveau ausgestattet sein. Abschließend dankte Gribl seinen Weggefährten. Er wende sich nicht ab von den Kommunen, sondern wolle diese im Herzen behalten und „vermutlich sogar vermissen”.

Sichere Ankerpunkte für die Menschen

Sein Nachfolger Markus Pannermayr bezeichnete Bayerns Städte und Gemeinden gerade in Krisenzeiten als „sichere Ankerpunkte für die Menschen“. Sie seien die Basis des demokratischen Gemeinwesens, hier erführen die Bürger ihren Staat zuallererst. Die kommunale Daseinsvorsorge von der Wiege bis zur Bahre schaffe seit einem Jahrhundert Lebensvoraussetzungen für alle. Jeder Mensch bekomme Wasser in gleicher Qualität, jeder könne sich im Krankenhaus behandeln lassen. „Diese hohen Standards sind wir gewohnt und erscheinen uns selbstverständlich. Doch der Erfolg unseres Corona-Krisenmanagements im internationalen Vergleich zeigt, wie wertvoll kommunale Daseinsvorsorge ist“, betonte Pannermayr.

Trotz der angespannten Finanzsituation infolge der Pandemie müssten Kommunen weiter in der Lage bleiben, ihre Aufgaben der Daseinsvorsorge zu erfüllen und in die Zukunft zu investieren. „Wenn Kommunen weiter investieren sollen, müssen sie sich das auch leisten können, indem Bund und Freistaat dafür sorgen, dass finanzielle Spielräume erhalten bleiben.“

Mit ambitionierten Konjunkturpaketen wirkten Bund und Freistaat gegen die Krise, fuhr Pannermayr fort. Der Bund erhöht die Übernahme der Kosten der Unterkunft für Hartz-IV-Empfänger um 25 auf 74 Prozent. Dies bringt eine dauerhafte Entlastung von bundesweit 4 Milliarden jährlich, für die bayerischen Städte und Landkreise kann dies laut erster Schätzung des bayerischen Finanzministeriums eine Entlastung von 250 Millionen Euro jährlich bedeuten. Aus Sicht des neuen Städtetagschefs „ist dies eine gute und pragmatische Lösung. Besonders für Städte mit höherer Arbeitslosigkeit, mit sozialen Brennpunkten und in strukturschwachen Regionen bringt dies eine dringend erforderliche nachhaltige Linderung.“

Kompensation der Gewerbesteuerausfälle

Ein wichtiger Aspekt ist die Zusage von Bund und Ländern, Ausfälle bei der Gewerbesteuer im Jahr 2020 je zur Hälfte zu kompensieren. Unter Berücksichtigung der Effekte im bundesstaatlichen Finanzausgleich entfallen auf Bayern 1,05 Milliarden Euro Bundesmittel, die der Freistaat auf 2,4 Milliarden Euro erhöhen will. Dies könnte die in der Mai-Steuerschätzung prognostizierten Rückgänge der Gewerbesteuer von 2,5 Milliarden Euro fast auffangen. Pannermayr: „Die Kompensation der krisenbedingten Gewerbesteuerausfälle ist eine stabile Stütze für Städte und Gemeinden. Das ist ein konstruktiver Ansatz und verschafft den Kommunen zumindest für das Jahr 2020 eine Erleichterung.“

„Jetzt kommt es darauf an, dass der Freistaat die Kompensationsmittel des Bundes tatsächlich ergänzt“, erklärte Pannermayr, „und es muss einen Verteilungsmaßstab geben, der sich möglichst gemeindescharf an den tatsächlichen Steuerausfällen orientiert. Die versprochenen Mittel müssen schnell und unbürokratisch fließen. Auch die Bundesregierung will, dass sich die Verteilung der Bundes- und Landesmittel an den zu erwartenden Ausfällen der Gewerbesteuer orientiert.“

Für die Verhandlungen im Herbst zum kommunalen Finanzausgleich 2021 gelte es, vor allem die Verteilungsmasse für die Schlüsselzuweisungen zu stabilisieren. Der Freistaat müsse die Schlüsselmasse erhöhen, um die Finanzkraft der Kommunen sicherzustellen. Städte und Gemeinden gäben Bayern ein Gesicht, sie machten die Attraktivität und die Wirtschaftskraft Bayerns aus.

Globale Herausforderung

Klimaschutz bleibt auch in Corona-Zeiten eine globale Herausforderung. Ein elementares Handlungsfeld ist nach den Worten des ersten stellvertretenden Verbandsvorsitzenden Dr. Thomas Jung der öffentliche Nahverkehr. Er sei das Rückgrat für Mobilität in Stadt und Land. Öffentlicher Nahverkehr helfe beim Klimaschutz. „Jeder Meter, den wir zu Fuß gehen oder mit dem Rad fahren, nutzt dem Klima. Jeder Kilometer, den wir nicht im Auto, sondern im Bus oder auf der Schiene zurücklegen, reduziert Schadstoffe. Klimaschutz erfordert, Verkehr zu vermeiden und Autoverkehr zu verlagern auf Fuß, Rad, Bus, Tram, S-Bahn, U-Bahn und Bahn.“

Die bisherigen Anstrengungen müssten konsequent fortentwickelt werden, um auf lange Sicht Schadstoffemissionen weiter zu reduzieren, fuhr Jung fort. Nötig sei in Corona-Zeiten ein ÖPNV-Rettungsschirm zur Kompensation von Erlösausfällen, da wegen der geringeren Auslastung des ÖPNV hohe Kosten aufgelaufen sind. Je engmaschiger das Angebot im öffentlichen Nahverkehrsnetz ist, desto besser für das Klima. Der ökologische Vorteil des ÖPNV muss Jung zufolge weiter intensiviert werden mit dem Ausbau von Schienennetzen und Busspuren, grünen Wellen für Bus und Straßenbahn, effizienteren Fahrzeugflotten, Nutzung von Elektromobilität mit regenerativer Energie, mit Hybridtechnik und alternativen Antrieben.

In Innenstädten entsteht mehr Raum für Fußgänger. Radwege werden ausgebaut, da immer mehr Pendler das Fahrrad nutzen. Mit den Erfahrungen aus Corona-Zeiten experimentieren einzelne Großstädte mit Pop-Up-Radwegen. Jung: „Die Kommunen intensivieren diese Anstrengungen, um bewährte Ansätze für Fußgänger, Radler und Nahverkehr mit neuen Ideen weiter auszubauen.“

Die Zukunft liege in der effizienten digitalen Verknüpfung unterschiedlicher Verkehrsmittel mit attraktiven Umsteigemöglichkeiten. Dynamische digitale Leitsysteme geben an Haltestellen, in Bussen und Bahnen Informationen zum Umsteigen. Verständliche Tarife mit übergreifenden Tarifsystemen und elektronischen Tickets machen den Nahverkehr attraktiver. Umsteigemöglichkeiten, barrierefreie Haltestellen, Park&Ride, Park&Bike verbessern die Mobilität; Rufbusse, Sammeltaxis und Sharing-Angebote ergänzen den öffentlichen Nahverkehr.

„Nur mit weiteren Investitionen und einer dauerhaften staatlichen Mitverantwortung an den ÖPNV-Betriebskosten lassen sich Verbesserungen erreichen“, bekräftigte Jung. Bund und Freistaat hätten Fahrt aufgenommen. Verkehrsverbünde müssten dauerhafte Förderimpulse bekommen, um sich stärker über Stadtgrenzen und Landkreisgrenzen hinweg zu vernetzen und digitale Technologie einzusetzen. Gute Anfänge seien gemacht. „Auf diesem Weg müssen Bund, Freistaat und Kommunen gemeinsam weitergehen. So stellt sich die Frage, ob der Freistaat ein 365-Euro-Ticket für Jugendliche oder ein 365-Euro-Ticket für Pendler in Verkehrsverbünden dauerhaft mitfinanziert.“

Auf bayerischer Ebene funktioniert Klimaschutz im Schulterschluss von Freistaat und Kommunen, hob Markus Loth, zweiter stellvertretender Vorsitzende des Bayerischen Städtetags, hervor: „Die Klimaschutzoffensive des Freistaats ist ein solider Schritt und muss nun mit realistischen Zielen und finanziellen Mitteln in die Umsetzung kommen. Der Entwurf zum bayerischen Klimaschutzgesetz bietet eine Grundlage, auf der alle Beteiligten gemeinsam weiterarbeiten können.“

Querschnittsaufgabe Klimaschutz

Loth zufolge sind die Kommunen bereits seit langem im Klimaschutz unterwegs. Die kommunale Daseinsvorsorge öffne mit vielen Maßnahmen Potenziale zur Energieeinsparung, von Abfall und Abwasser bis zur Straßenbeleuchtung. Klimaschutz brauche langfristige Planung und bleibe auch in Zeiten der Corona-Krise eine Querschnittsaufgabe in allen Bereichen staatlicher und kommunaler Politik. Konzepte zum Klimaschutz umfassten neben kommunalen Liegenschaften auch private Haushalte, Handel, Gewerbe, Dienstleistungen und Industrie. Jeder Mensch könne mit seiner Lebensführung einen Beitrag leisten.

Als praktische Ansätze in Städten und Gemeinden nannte Loth die klimafreundliche Siedlungsentwicklung mit Grünzügen und Bäumen, die energetische Sanierung von Gebäuden, die Steigerung der Energieeffizienz, eine klimafreundliche Energieversorgung und CO2-arme Energiegewinnung, eine energiesparende Gebäudeklimatisierung und die abgasarme Mobilität.

Wie Loth erläuterte, „können bei Stadtentwicklung und Bauleitplanung wirkungsvolle Hebel zum Klimaschutz ansetzen. Das Leitmotiv für eine klimafreundliche Siedlungsentwicklung lautet: Innenentwicklung vor Außenentwicklung.“ Die vorhandenen Siedlungsstrukturen böten die Möglichkeit, eine kompakte Stadt weiter zu entwickeln, indem Baulücken und Brachflächen genutzt werden. Dies steigere die Energieeffizienz und spare viele Kilometer zusätzlicher Infrastruktur mit Straßen, Kanälen oder Leitungen für neue Baugebiete auf der grünen Wiese.

DK

 

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