Kommunalverbändezurück

(GZ-19-2020)
gz bayerischer staedtetag

► Präsidium des Deutschen Städtetages:

 

Alarm in den Innenstädten

 

Mit der massiven Veränderung der Innenstädte und Stadtteilzentren durch Corona sowie dem Ausbau der Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder befasste sich der Deutsche Städtetag bei seiner jüngsten Präsidiumssitzung in Mannheim.

Fakt ist: Die Corona-Pandemie beschleunigt massiv den Trend zum Onlinekauf, gleichzeitig sinken die Umsätze in bestimmten Segmenten des stationären Einzelhandels rasant.

Corona-Pandemie als Katalysator

Dieser aktuelle Wandel trifft besonders Innenstädte und Stadtteilzentren. Für den Deutschen Städtetag ist dies eine besorgniserregende und alarmierende Entwicklung, wie Verbandspräsident Burkhard Jung, Oberbürgermeister der Stadt Leipzig, konstatierte. Aus seiner Sicht wirkt die Corona-Pandemie wie ein Katalysator: „Sie forciert den Onlinehandel und könnte viele Einzelhändler zur Geschäftsaufgabe zwingen. Eine große Zahl der Kaufhäuser ist in den vergangenen Jahren geschlossen worden.

Handelsketten, gerade mit Textilien, geben zunehmend Läden auf. Die Gastronomie verliert Kunden. Und Homeoffice macht einen Teil der Büroflächen womöglich überflüssig. Viele Einzelhändler und große Handelsketten warnen, dass sie ihre Mieten nicht mehr lange zahlen können.“

Dominoeffekte verhindern

Jung zufolge dürfen sich Leerstände in Fußgängerzonen und auf Einkaufsmeilen bundesweit nicht vermehrt ins Bild drängen. „Wir müssen jetzt handeln, um negative Dominoeffekte für das Umfeld zu verhindern. Geschäfte und Kaufhausfilialen brauchen schnell neue Nutzer. Deshalb fordern die Städte Bund und Länder auf, uns bei neuen, zukunftsfähigen Konzepten wirksam zu unterstützen.“

Die Städte erachten es als wichtig, dass alle relevanten Akteure miteinander beraten, wie die Innenstädte gestärkt werden können: Vertreter von Immobilien- und Wohnungswirtschaft, Mieterverbänden, Handel, Gastronomie, Handwerk, Kunst, Touristikverbänden, Bund
und Kommunen.

In diese Richtung geht ein Runder Tisch, zu dem der Bund für Anfang Oktober eingeladen hat. „Wir stehen am Anfang eines längeren Prozesses zur Zukunft der Innenstadt. Für eine Lösung der aktuellen Probleme müssen wir ganzheitliche Konzepte entwickeln und alle Beteiligten einbinden. Die Zukunft der Innenstädte lässt sich nicht allein mit Hilfe der Digitalisierung neugestalten, auch wenn das ein wichtiges Thema ist, das wir gerne mit Bundeswirtschaftsminister Altmaier besprechen“, betonte Jung.

Innovative Ansätze fördern

Die Städte wollen innovative Ansätze fördern, bei denen Gewerbe und Wohnen, kulturelle Vielfalt und wirtschaftliche Angebote in den Innenstädten und Stadteilzentren verträglich und erfolgreich zusammenspielen.

Nach Jungs Auffassung sollte für innovative Innenstadtkonzepte die Städtebauförderung von Bund und Ländern von derzeit 790 Millionen Euro jährlich deutlich aufgestockt werden. Mit diesem Instrument ließen sich Innenstädte besonders gut stabilisieren, wiederbeleben und weiterentwickeln. Bund und Länder sollten den Kommunen außerdem ermöglichen, relevante Schlüsselimmobilien vorübergehend zu erwerben, zum Beispiel aufgegebene Kaufhausfilialen. Dann könnten diese Immobilien für die Zentren neu entwickelt werden.

Themenwechsel. Damit ein starker Ausbau der Ganztagsbetreuung von Schulkindern gelingt, drängen die Städte auf eine Ausbildungsoffensive für mehr Fachpersonal. Der Deutsche Städtetag schlägt außerdem vor, den von Bund und Ländern geplanten Rechtsanspruch gestaffelt umzusetzen.

Ausbildungsoffensive

Wie der stellvertretende Präsident des Deutschen Städtetages und Oberbürgermeister der Stadt Heidelberg, Prof. Dr. Eckart Würzner, hervorhob, benötigten Eltern und Kinder Betreuungsplätze mit qualifiziertem Personal und nicht nur ein politisches Versprechen durch einen Rechtsanspruch. Schon jetzt suchten die Städte händeringend nach Erzieherinnen und Erziehern und Sozialpädagogen. Für den größten Teil der Grundschüler bis 2025 Betreuung in hoher Qualität anzubieten, sei faktisch unmöglich. Benötigt würden ein realistischer Zeitplan, ausreichend Geld und eine Ausbildungsoffensive für das pädagogische Personal. Sonst gelinge der Rechtsanspruch nicht. Dafür sei ein gewaltiger Kraftakt aller Beteiligten nötig.

Ganztagsbetreuung

Die Städte befürworten den Ausbau der Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder und halten den Rechtsanspruch für sinnvoll. Bund und Länder verhandeln aber derzeit ohne die Kommunen über die Finanzierung: „Die Städte müssen endlich mit an den Tisch, so wie es von den Koalitionspartnern versprochen wurde. Schließlich sollen die Städte den Rechtsanspruch vor Ort sicherstellen“, bekräftigte der Vizepräsident.

Die Städte plädieren dafür, einen Rechtsanspruch gestaffelt nach Altersgruppen einzuführen. Würzner: „Wir schlagen vor, den Betreuungsanspruch frühestens 2025 für Schulkinder in der ersten Klasse einzuführen und dann mit den weiteren Schuljahren auszubauen. Auch über Betreuungszeiten müssen wir sprechen. Ein Angebot an allen Wochentagen bis in den späten Nachmittag hinein wird nicht überall gleich zu Beginn möglich sein.“ Viele Horte und Schulen müssten umgebaut, ausgebaut oder sogar neu gebaut werden.

Zur Finanzierung meinte der stellvertretende Verbandschef: „Bund und Länder sind in der Finanzierungspflicht für diese gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Sie müssen die zusätzlichen Investitions- und Betriebskosten übernehmen.“

Für einen Rechtsanspruch wird rund eine Million zusätzlicher Plätze gebraucht. Nötig sind dafür Investitionen von 7,5 Milliarden Euro sowie die Finanzierung der jährlichen Betriebskosten von mindestens 4,4 Milliarden Euro. Die bisher vom Bund eingeplanten Mittel von 2 Milliarden Euro sowie die mit dem Konjunkturpaket zusätzlich für Kinderbetreuung in Aussicht gestellten 1,5 Milliarden Euro sichern davon nur einen Bruchteil.

Laut Würzner darf es für Familien beim Wechsel von der Kita zur Grundschule keinen Bruch geben. Richtig wäre es, den Rechtsanspruch in den Schulgesetzen der Länder zu regeln. Denn Schule und Betreuung müssen Hand in Hand gehen. Dass die Bundesregierung den Rechtsanspruch im Jugendhilferecht und damit bei den Kommunen ansiedeln will, halten die Städte nicht für sinnvoll.

DK

 

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