Kommunalverbändezurück

(GZ-10-2016)
Kommunalverbände
► Bayerischer Städtetag:
 
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Lobende Worte für die Bayerische Staatsregierung, allerdings mit einer Einschränkung, fand der Vorsitzende des Bayerischen Städtetags, Nürnbergs Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly, bei einer Pressekonferenz des Verbandes in München. Zum Entwurf des Integrationsgesetzes der Bayerischen Staatsregierung stellte er fest: „Damit anerkennt der Freistaat, dass Integration eines der zentralen Themen unserer Gesellschaft für die nächsten Jahre ist. Allerdings fehlen im Gesetzentwurf konkrete Aussagen zur Finanzierung der Kosten von Integrationsmaßnahmen. Das ist zu kurz gedacht.“

Der Gesetzentwurf ist nach Auffassung des Bayerischen Städtetags in zentralen Punkten zu vage, da lediglich Programmsätze aufgelistet seien, auf die keine konkreten Lösungsansätze folgen. Zur Förderung von Integrationsmaßnahmen bleibe der Gesetzentwurf unverbindlich.

Mammutaufgabe Integration

Maly zufolge müssen Bund und Land für die Integration Mittel in Milliardenhöhe zur Verfügung stellen. Um diese Mammutaufgabe zu meistern, benötigten die Kommunen staatliche Unterstützung etwa für zusätzliche Plätze in Kindergärten und Schulen, für Sprachunterricht und Integrationskurse, Hilfen für den Einstieg ins Arbeitsleben und bezahlbare Wohnungen. Die Kommunen bräuchten Sondermittel für den Bau und die Ausstattung von Kindertagesstätten und Schulräumen.

Auch der Bund müsse Weichen stellen. Maly: „Die bislang bekannten Eckpunkte für ein Integrationsgesetz auf Bundesebene zeigen mehr Überschriften als Inhalte.“ Das Integrationspaket müsse so geschnürt sein, dass Ressourcen effizient und effektiv eingesetzt werden und keine Parallelstrukturen wachsen. Wie der Städtetagsvorsitzende betonte, bleibe ein für die Städte zentraler Bereich im geplanten Bundesgesetz ausgeblendet: „Mit den Kosten der Unterkunft wächst ein riesiger Kostenblock. Der Bund muss diese Kosten voll übernehmen, die vom Flüchtlingszuzug verursacht werden.“

Wohnsitzzuweisungen

Die kommunalen Spitzenverbände begrüßten grundsätzlich die Möglichkeit der Wohnsitzzuweisung, die im Integrationsgesetz auf Bundesebene vorgesehen werden soll und dann jeweils auch auf Länderebene gesetzlich verankert werden müsste. Erforderlich seien klare Vorgaben, die bundesweit eine Verteilung nachvollziehbar machen und Integration ermöglichen. Maly: „Die Wohnsitzzuweisung ist rechtlich wegen der Freizügigkeit auf EU-Ebene und der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie schwierig umsetzbar und an hohe Kriterien gebunden. Die Zuweisung eines Wohnortes ist kein Allheilmittel. Der Bayerische Städtetag sieht die Wohnsitzzuweisung als ein Element für eine gelingende Integration.“

Schnell Arbeit finden

Eine Wohnsitzzuweisung sei so zu justieren, dass die Menschen möglichst rasch dort eine Wohnung finden, wo es Arbeit gibt. Dazu müssten Maßnahmen zur Schaffung von Arbeitsplätzen in strukturschwachen Regionen greifen, bestehe doch ansonsten die Gefahr, dass in Gebieten mit schwacher Wirtschaftskraft und schlechter Infrastruktur der Bezug von sozialen Transferleistungen für Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger zementiert wird.

Mehrbelastung

Eine von Bayerischem Städtetag und Bayerischem Landkreistag gemeinsam durchgeführte Umfrage zu den finanziellen Mehrbelastungen der bayerischen kreisfreien Städte und der Landkreise bei Aufnahme, Betreuung, Unterbringung und Integration von Flüchtlingen und Asylbewerbern zeigt laut Maly, „dass die bayerischen Kommunen im Jahr 2015 erhebliche finanzielle Mehrbelastungen tragen mussten – trotz der Erstattungsleistungen für Asylbewerber- und Flüchtlingsunterkünfte durch den Freistaat“. Im Jahr 2015 seien in den kreisfreien Städten und den Landkreisen rund 212 Millionen Euro an ungedeckten Kosten vor allem für die Erstaufnahme einer hohen Zahl an Flüchtlingen im Herbst angefallen. Hinzu kämen die noch nicht im Gesamten erhobenen Kosten der kreisangehörigen Gemeinden.

Personalkosten

Für das Jahr 2016 sind weiter deutliche Steigerungen zu erwarten, vor allem die Personalkosten für dringend nötige Neueinstellungen schlagen dauerhaft auf die kommunalen Haushalte durch. Wie der Städtetagschef erläuterte,  bringe der notwendige Stellenaufwuchs bei Städten, Gemeinden und Landkreisen erhebliche finanzielle Mehrbelastungen für die kommunalen Haushalte. Und weitere Kosten seien absehbar: Die Kommunen müssten mittelfristig erhebliche zusätzliche Kosten für Betreuungs- und Bildungseinrichtungen einplanen.

Ministerpräsident Horst Seehofer hat im Herbst 2015 die kommunale Familie gebeten, die zusätzlichen Mehrbelastungen der Kommunen für Flüchtlinge und Asylbewerber in einem transparenten „Open-Book-Verfahren“ aufzuschlüsseln. Maly: „Der Freistaat Bayern muss nun die aufgezeigten steigenden Mehrbelastungen anerkennen und in den kommenden Jahren angemessen berücksichtigen. Wir brauchen eine schnelle aufgabenbezogene finanzielle Entlastung der kommunalen Ebene. Eine finanzielle Entlastung ist besonders dringend bei der wirtschaftlichen Jugendhilfe für unbegleitete Flüchtlinge, bei Verwaltungskosten und durch höhere staatliche Förderungen in Bildung und Erziehung.“

Die Abfrage unter Federführung des Bayerischen Städtetags bezog sich im Frühjahr 2016 auf die wesentlichen Ausgaben für Aufnahme, Betreuung, Unterbringung und Integration von Flüchtlingen und Asylbewerbern im Jahr 2015. Die nicht durch Einnahmen gedeckten Gesamtaufwendungen der bayerischen kreisfreien Städte und Landkreise beliefen sich im Jahr 2015 auf rund 212,4 Millionen Euro. Allerdings sind in dieser Summe nicht die hohen Lasten der rund 2000 kreisangehörigen Städte und Gemeinden erfasst: Die Erfassung der ungedeckten Kosten ist kompliziert wegen der Vielfalt an Aufgaben und Zuständigkeiten.

Kostenübernahme

Vom Bund fordern die Kommunen die Übernahme der flüchtlingsbedingten Mehrkosten bei der Erstattung der Kosten der Unterkunft an Hartz-IV-Empfänger. Derzeit tragen die Kommunen zu zwei Dritteln und der Bund zu einem Drittel die Kosten der Unterkunft im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Die Kosten der Unterkunft insgesamt für alle Hilfeempfänger betrugen im Jahr 2015 für bayerische Kommunen rund 1 Milliarde Euro. Die durch die Aufnahme von Flüchtlingen und Asylbewerbern zu erwartenden Mehrkosten der Unterkunft werden für das Jahr 2016 in Bayern mit über 200 Millionen Euro geschätzt.

Nach Malys Worten trägt für diese Kosten der Bund die Verantwortung. Der Staat dürfe Menschen nach der Anerkennung als Flüchtling oder Asylbewerber nicht aus der Erstaufnahme sowie staatlicher Unterbringung in die Obdachlosigkeit entlassen und dann vor die Türen des Rathauses schicken. Der Bund müsse die Kosten der Unterkunft vollständig übernehmen, die vom Flüchtlingszuzug verursacht werden.

Die größten Belastungen für die Haushalte der Kommunen resultieren aus den nicht erstattungsfähigen Verwaltungskosten. So mussten allein die kreisfreien Städte und Landkreise im Jahr 2015 rund 1.800 zusätzliche Stellen schaffen. Der Gesamtaufwand für Personal und Sachkosten betrug 2015 mehr als 105 Millionen Euro. Die Personalausgaben resultieren insbesondere aus dem Vollzug des Asylbewerberleistungsgesetzes (28 Prozent) und der Betreuung von unbegleiteten Flüchtlingen (30,5 Prozent).

Unter Berücksichtigung der Erstattungsleistungen des Freistaates für die Verwaltungskosten im Bereich der Jugendhilfe mussten im Jahr 2015 die kreisfreien Städte und Landkreise 32,1 Millionen Euro aus dem Haushalt finanzieren. Dies bestätigt das gravierende Missverhältnis zu den tatsächlichen Personalkosten bei der Jugendhilfe der gewährten Verwaltungskostenpauschale von 8,5 Millionen Euro. Für das Jahr 2016 wird eine weitere Dynamik bei den Personalausgaben erwartet.

Finanzierungsdefizit

Bei Errichtung und Betrieb von Unterkünften für Flüchtlinge und Asylbewerber in zentralen Erstaufnahmeeinrichtungen und Dependancen sowie kommunalen Unterkünften (Wohnungen, Gemeinschaftsunterkünften, Leichtbauhallen, Turnhallen) werden die Aufwendungen größtenteils vom Freistaat erstattet. Dennoch bleibt ein Finanzierungsdefizit von 43,5 Millionen Euro.

Die Kosten für Asylsozialberatung (8,1 Millionen Euro) umfassen die Aufwendungen für Beratungen durch Kommunen und vor allem die Defizitübernahme für freie Träger.

Die Zweckaufwendungen bei kreisfreien Städten und Landkreisen im Rahmen der wirtschaftlichen Jugendhilfe für unbegleitete Flüchtlinge wurden bis 31. Oktober 2015 grundsätzlich von den außerbayerischen Jugendhilfeträgern oder den bayerischen Bezirken erstattet. Seit der Rechtsänderung zum 1. November 2015 wenden sich kreisfreie Städte und Landkreise an die bayerischen Bezirke. Trotzdem klafft eine Deckungslücke, weil der Freistaat nur Aufwendungen der wirtschaftlichen Jugendhilfe für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge erstattet, aber nicht für junge Volljährige. Im Jahr 2015 mussten die Bezirke Kosten von 33,8 Millionen Euro über die Bezirksumlagen auf die kreisfreien Städte und Landkreise umlegen. Dieser Betrag wird in den nächsten Jahren wegen des Eintritts der Volljährigkeit bei vielen Unbegleiteten deutlich anwachsen.

Bei den ungedeckten Ausgaben im Bereich Bildung und Erziehung von 11,5 Millionen Euro handelt es sich insbesondere um den zusätzlichen Sachaufwand für berufliche und allgemeinbildende Schulen. Einzelne kreisfreie Städte schultern mit ihren kommunalen Schulen einen hohen Sach- und Personalaufwand. Auch hier wird in den nächsten Jahren ein starker Zuwachs erwartet.

Darüber hinaus haben die Kommunen zusätzliche Aufwendungen für weitere Aufgaben (6,5 Millionen Euro) zu tragen, die bei Betreuung und Integration von Flüchtlingen entstehen, etwa für Programme und Maßnahmen für Integration, Sprachkurse, die Koordination von Ehrenamtlichen und Helferkreisen sowie erweiterte Angebote in Sport, Freizeit und Kultur.

DK

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