Aus Sicht von Christian Haase, KPV-Bundesvorsitzender und kommunalpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, ist es zwingend notwendig, klare Zuständigkeiten zwischen den staatlichen Ebenen festzulegen: „Wir Kommunale der Union fordern mehr Gestaltungsfreiheit vor Ort.
Statt des Dschungels an Bundesförderprogrammen, die sich oftmals als goldene Zügel für die Kommunen entpuppen, brauchen wir verlässliche und kontinuierliche Finanzierungsquellen. Die Kommunen sollten deshalb künftig einen höheren Anteil am gesamtstaatlichen Umsatzsteueraufkommen erhalten. Auch werden immer wieder die sogenannten ‚klebrigen Finger‘ der Länder bei der Durchleitung von für die Kommunen gedachten Bundesmitteln beklagt.
Wir fordern deshalb ein Transparenzregister im Bundesfinanzministerium mit einer kommunenscharfen Gegenüberstellung der Bundesfördermittel und der jeweiligen Verbuchung im Jahresabschluss vor Ort. Klare Zuständigkeiten und Verantwortung statt Mischzuständigkeiten und organisierte Verantwortungslosigkeit – das sind die Kriterien, an denen wir das CDU/CSU-Regierungsprogramm messen werden.“
Diskussion in den Foren
Wie die kommunalfreundliche Politik in der nächsten Legislatur fortgesetzt werden kann, darüber diskutierten namhafte Verbandsvertreter in den fünf Foren „Nachhaltigkeit für Klimaschutz und Wirtschaft“, „Stabile Kommunalfinanzen“, „Innenstädte und Ortskerne aktivieren“, „Leben in Stadt und Land“ sowie „Mobilität der Zukunft“. Unter der Leitung des bayerischen KPV-Landesvorsitzenden Landrat Stefan Rößle (Donau-Ries) wurden dabei mit den Forumsteilnehmern Alois Rainer MdB (verkehrspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion), Thomas Hunsteger-Petermann (stellvertretender KPV-Bundesvorsitzender), Dr. Astrid Mannes MdB (Vorsitzende der AG Mobilität der Zukunft der KPV), Dr. Kay Ruge (Beigeordneter beim Deutschen Landkreistag) und Dr. Jan Schilling (Verband Deutscher Verkehrsunternehmen) die standardisierte Bewertung von Investitionsvorhaben im Bereich des ÖPNV sowie Mobilitätskonzepte mit einer Verknüpfung aller Verkehrsträger erörtert.
Das Standardisierte Bewertungsverfahren für anvisierte Infrastrukturprojekte wurde in den 1970er Jahren entwickelt und berücksichtigt kaum die aktuellen Anforderungen und Kriterien wie z.B. der Klima- und Umweltschutz oder die notwendigen Aspekte der Verkehrsverlagerung. Deshalb hat das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur die Verfahrensanleitung zur Erstellung der Standardisierten Bewertung zuletzt im Jahr 2016 grundlegend überarbeitet. Neben der Fortführung und finanziellen Verstärkung des bestehenden GVFG-Bundesprogramms wurden weitere ergänzende Fördervorhaben benannt. Dazu gehören u.a. Vorhaben der Kommunen, die eine Kapazitätserhöhung im bestehenden Verkehrsnetz ermöglichen oder zu einer Verbesserung der Betriebsqualität des ÖPNV führen. Darüber hinaus wurden die Elektrifizierung und Reaktivierung von regionalen Bahnstrecken des ÖPNV, auch außerhalb von Verdichtungsräumen, als Förderbestand benannt. Das ist ein wichtiger Schritt bei der Beseitigung des Investitionsstaus für große ÖPNV-Vorhaben, der im Interesse einer ökologisch sinnvollen und nachhaltigen Mobilitäts-, Umwelt,- und Klimapolitik aufgelöst werden muss.
Bonus für ländliche Räume
Die Bundes-KPV hat sich zum Ziel gesetzt, das standardisierte Bewertungsverfahren für über das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) geförderte Infrastrukturprojekte dahingehend weiterzuentwickeln, dass bestimmte Kriterien im Bewertungsverfahren wie Klima- und Umweltschutz, Verkehrsverlagerung oder Aspekte der Daseinsvorsorge stärker gewichtet werden können. Beim Kosten-Nutzen-Faktor erhalten dünn besiedelte ländliche Räume einen Bonus, um aus geringerer Einwohnerzahl zwangsläufig resultierende höhere Grundkosten besser berücksichtigen zu können.
Stichwort Mobilitätskonzepte: Aus Sicht der Forumsteilnehmer ist es wichtig, Stadt und Land in Modellvorhaben zu unterstützen, die Auto, Bahn, Bus und Fahrrad bedarfsangemessen miteinander verknüpfen. Der motorisierte Individualverkehr solle insbesondere im ländlichen Raum und als Verbindung in die Ballungsräume erhalten bleiben. Nachhaltige Mobilität unterscheide zwischen den Bedarfen beispielsweise in städtischen Ballungszentren und dünner besiedelten ländlichen Räumen. Während in Städten eine stärkere Verknüpfung zwischen Bus/Bahn und Fahrrad unter Einbeziehung von (Car-)Sharing-Angeboten möglich sei, könne eine nachhaltige Mobilität in ländlichen Räumen nicht auf den motorisierten Individualverkehr verzichten. Dies gelte es bei der Entwicklung nachhaltiger Mobilitätskonzepte, für die der Bund den Rahmen setzen kann, zu berücksichtigen.
Kommunale Bausteine
Die Kommunalpolitische Vereinigung der CDU und CSU Deutschlands nutzte den zweitägigen Bundeskongress, um ihren bereits vor einigen Monaten vorgelegten „kommunalen Bausteinen“ (wir berichteten) den letzten Schliff zu geben. Zahlreiche Themen und Forderungen aus der kommunalen Familie haben nunmehr Eingang gefunden in das gemeinsame „Programm für Stabilität und Erneuerung. Gemeinsam für ein modernes Deutschland“ von CDU und CSU für die Bundestagswahl 2021, das im Rahmen einer gemeinsamen Sitzung der Parteivorstände verabschiedet wurde.
Die „starke kommunale Handschrift“, die das Wahlprogramm laut Bayerns KPV-Chef Stefan Rößle auszeichnet, werde in folgenden „zehn wichtigsten kommunalen Punkten“ sichtbar:
- Mit Liebe zur Heimat für eine höhere Lebensqualität
- Regionale und nachhaltige Wirtschaft vor Ort fördern und unterstützen
- Zukunftsregionen in Stadt und Land schaffen
- Schnelle Entscheidungen vor Ort durch Bürokratieabbau und starke Verwaltungen
- Gutes Wohnen und Leben in vitalen Dörfern und Städten
- Digitalisierungsturbo für unsere Kommunen starten
- Bevölkerungsschutz und Polizei stärken: Sichere Städte und Gemeinden
- Mehr Verantwortung für Kommunen: Stärkung der Subsidiarität und Föderalismus
- Neue Wege und Lösungen für Mobilität und Verkehr vor Ort
- Vorfahrt für den lokalen Klimaschutz und bürgerschaftliches Ehrenamt
Verlässlichkeit für Familien
Für Familien schafft das Wahlprogramm aus Sicht der Union Verlässlichkeit und Zukunft. So soll ein Elterngeldbonus eingeführt werden: Nehmen beide Eltern Elternzeit, wird diese um zwei auf insgesamt 16 Monate verlängert. Zudem soll der Entlastungsbeitrag für Alleinerziehende perspektivisch auf 5.000 Euro erhöht werden.
Zur Förderung der eigenen vier Wände ist die Einführung eines Freibetrags bei der Grunderwerbsteuer beim erstmaligen Erwerb von selbstgenutztem Wohnraum vorgesehen: 250.000 Euro pro Erwachsenen und 100.000 Euro pro Kind.
Für Arbeitnehmer werden Entlastung und Flexibilität geboten. Hilfe beim Vermögensaufbau leistet die Erhöhung der Arbeitnehmersparzulage, der Höchstbetrag für vermögenswirksame Leistungen sowie der Sparer-Pauschbetrag. Um Mini-Jobs attraktiver zu machen, soll die Verdienstgrenze auf 550 Euro angehoben werden. Um Flexibilität im Arbeitsalltag zu schaffen, werden die Regeln der Höchstarbeitszeit weiterentwickelt. Künftig soll sie wöchentlich gelten, nicht täglich.
Freiheit und beste Infrastruktur
Für Unternehmer werden Freiheit und beste Infrastruktur garantiert. Geplant ist eine Unternehmenssteuerreform: „In der Perspektive wollen wir auf eine Steuerlast von 25 % kommen und unsere Unternehmen damit international wettbewerbsfähig halten. Zudem wollen wir zusätzliche Abschreibungsmöglichkeiten für Digital- und Klimaschutzinvestitionen“, heißt es. Des Weiteren werden Substanzsteuern gestoppt:
„Mit uns wird es keine Vermögenssteuer und keine Erhöhung der Erbschaftssteuer geben.“ Zudem sollen Planungs- und Genehmigungsverfahren durch Digitalisierung und Blockchain-Ansätze sowie Vergaberechtsnovellierungen beschleunigt werden. Um Deutschland mobil zu halten, lehnen CDU und CSU Dieselfahrverbote und ein generelles Tempolimit auf Autobahnen ab. „Gleichzeitig entwickeln wir einen Fahrplan zur emissionsfreien Mobilität. Wir wollen den Umstieg attraktiv gestalten.“
Klimaschutz und Generationengerechtigkeit
„Wir stehen zu Klimaschutz und Generationengerechtigkeit“, heißt es weiter. „Wir halten an der ‚Schwarzen Null‘ fest und wollen so schnell als möglich wieder zu ausgeglichenen Haushalten ohne Neuverschuldung. Wir halten an der grundgesetzlichen Schuldenbremse fest und wollen die gesamtstaatliche Schuldenquote wieder auf unter 60 % reduzieren.“ Geplant ist ein Generationen-Pensionsfonds, d.h. mit einem staatlichen Monatsbeitrag soll für neugeborene Kinder Vermögen aufgebaut werden, das sie von klein auf vor Altersarmut schützt. Außerdem soll Deutschland bis 2045 klimaneutral werden: Dafür wird in Gebäudesanierungen investiert. „Anreize statt Verbote“ lautet die Maxime.
Selbstbestimmtes und sicheres Leben
Für ein selbstbestimmtes Leben im Alter werden Robotik und Digitalisierung in Pflege und Gesundheit genutzt. Dazu wird eine Innovationsoffensive im Volumen von 500 Millionen Euro gestartet. Statt Sterbehilfe zu kommerzialisieren, werden zudem Hospiz- und Pflegeplätze garantiert. Darüber hinaus soll Altersvermögen geschützt werden: Wer im Alter staatliche Transferleistungen beziehen muss, soll in seinem Wohneigentum bleiben können.
Für ein sicheres Leben ist geplant, die Polizeipräsenz auf Deutschlands Straßen weiter auszubauen. Für Angriffe auf Einsatzkräfte sollen die Mindeststrafe erhöht und Body Cams flächendeckend in den Einsatz gebracht werden. Gegenüber Clans und Gefährdern sollen eine Beweislastumkehr für Vermögen mit unklarer Herkunft eingeführt und Aussteigerprogramme entwickelt werden. Um Europas Grenzen zu schützen, „stärken wir Frontex, weiten die sicheren Herkunftsstaaten aus und wollen EU-Asylzentren an den EU-Außengrenzen. Wir bleiben bei der Ordnung und Steuerung der Migration:
Wir akzeptieren weder eine Ausweitung des Familiennachzugs noch eine Zuwanderung in die Sozialsysteme. Wir gehen konsequent gegen Identitätstäuscher vor und bestrafen Falschangaben.“
Für ein modernes Deutschland will die Union in Zukunft und Infrastruktur investieren. Vorgesehen ist, die steuerliche Forschungsförderung nochmals zu verdoppeln und ein flächendeckendes 5G-Netz bis 2025 zu schaffen. Zudem werden bis 2025 15 Milliarden Euro in Gigabit-Netze investiert und bis 2024 alle weißen Flecken bei der Mobilfunkabdeckung geschlossen. „Wir setzen auf digitale Vorfahrt. Dazu führen wir einen Digital-TÜV für neue Gesetze ein. Alles, was digital werden kann, soll digital werden. Alles, was standardisiert werden kann, soll standardisiert werden. Wir schaffen auf Bundesebene ein eigenes Digitalministerium“, heißt es abschließend.
DK
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