Kommunalverbändezurück

(GZ-10-2016)
Kommunalverbände
► Frühjahrs-Bezirksversammlung Oberbayern:
 
Themenvielfalt in Lenggries
 
Bezirksversammlung Oberbayern des Bayerischen Gemeindetags

V. l.: Gemeindetagspräsident Dr. Uwe Brandl, Finanz- und Heimatminister Dr. Markus Söder, das Geschäftsführende Präsidialmitglied des Bayerischen Gemeindetags, Dr. Franz Dirnberger und der Vorsitzende des Bezirks Oberbayern im Bayerischen Gemeindetag, Josef Steigenberger.

Welche Themen stehen aktuell auf der kommunalpolitischen Agenda? Und wo drückt der Schuh? Antworten auf diese Fragen gab die Frühjahrs-Bezirksverbandsversammlung Oberbayern des Bayerischen Gemeindetags in Lenggries. Als Hauptreferent konnte Bezirksvorsitzender Josef Steigenberger Finanz- und Heimatminister Dr. Markus Söder willkommen heißen. Daneben griff u. a. Gemeindetagspräsident Dr. Uwe Brandl aktuelle Themen aus der Verbandsarbeit auf.   

Nach einem Grußwort von Landrat Josef Niedermaier, in dem er unter anderem die stockende Entwicklung beim Wohnungsbau im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen thematisierte - immerhin stehen mehr als 50 Prozent der Kreisfläche unter Schutz - wies Staatsminister Söder auf „die drei B“ hin, auf die es seiner Ansicht nach ankommt: „Bauern, Bürgermeister, Beamte“. Jede Veränderung müsse besonders sensibel angegangen werden und: „Alle Bürgermeister sind gleich wichtig.“

Entwicklungspotenziale der Regionen stärken

Die eigentliche Aufgabe des Heimatministers sieht Söder in der Suche nach Möglichkeiten, die unterschiedlichen Entwicklungspotenziale in den einzelnen Regionen zu stärken. Seine Strategie, dies beispielsweise durch Ausnahmen vom Anbindegebot zu bewerkstelligen, sei der richtige Weg.

Der Gefahr, dass Bayern ein Land mit zwei Geschwindigkeiten in Stadt und Land wird, werde mit der Heimatstrategie präventiv entgegengesteuert. Eine wesentliche Säule sei die Flexibilisierung der Landesplanung im Rahmen einer Weiterentwicklung des Landesentwicklungsprogramms Bayern (LEP). Die vorgesehene LEP-Fortschreibung zum neuen Zentrale-Orte-System und zur Erweiterung des Raumes mit besonderem Handlungsbedarf (RmbH) soll die Landesentwicklung flexibler, dezentraler und regionaler gestalten.

Ein Zentraler Ort habe zum Beispiel bessere Chancen bei der Vergabe von Einrichtungen, wie Gymnasien, Krankenhäusern oder Ämtern. Auch sei die Ansiedlung bestimmter Einzelhandelsunternehmen nur in Ober- und Mittelzentren zulässig, zum Beispiel Möbel- oder Baumärkte. In Oberzentren seien größere Verkaufsflächen für innenstadtrelevante Sortimente zulässig.

Das neue System baut auf ein externes Gutachten auf, bezieht aber auch andere Aspekte wie die Förderung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit Österreich oder Tschechien mit ein. Die Zuordnung zum RmbH bringt Kommunen Söder zufolge bessere Förderkonditionen in einschlägigen Programmen, z.B. bei Breitband, Regionalmanagement, Konversionsmanagement und regionaler Wirtschaftsförderung. Söders Augenmerk liegt insbesondere auf der Förderung von Freizeit und Tourismus: Hier würden – gerade mit Blick auf das Nachbarland Österreich - dringend mehr Angebote im Vier- und Fünf-Sterne-Bereich benötigt.

„Auf einem guten Weg“ ist der Freistaat laut Söder in punkto kommunaler Finanzausgleich. Neben den absoluten Zahlen sei auch eine neue Systematik der Schlüsselzuweisungen, der größten Einzelleistung im kommunalen Finanzausgleich, verabschiedet worden. Die Reform bringe mehr Gerechtigkeit in das System der Schlüsselzuweisungen. Künftig würden Steuereinnahmen aus der Grund- und Gewerbesteuer in höherem Umfang berücksichtigt als bisher. Dies komme im Ergebnis vor allem Gemeinden mit geringeren eigenen Einnahmen zugute.

Ein wesentlicher Schwerpunkt der Heimatstrategie ist die flächendeckende Versorgung mit Breitband. „Unser Ziel ist, dass jede Gemeinde bis 2018 einen Anschluss an die Datenautobahn erhält. Die Aussichten sind sehr gut“, stellte Söder fest. Die Verbesserungen bei der Breitbandförderung hätten dazu geführt, dass aktuell 95 Prozent aller Kommunen in Bayern am Breitbandförderprogramm teilnehmen.

Bis 2020 plant der Freistaat ein flächendeckendes, engmaschiges Netz von mindestens 10.000 kostenfreien WLAN-Hotspots. In einem ersten Schritt werden in diesem Jahr die staatlichen Behörden mit Hotspots ausgestattet. Danach folgen die bayerischen Städte und Gemeinden. Pro Gemeinde soll es zwei Stützpunkte geben, „im Zweifelsfall auch mehr“. „Ich kann nur allen Bürgermeistern empfehlen, mitzumachen“, betonte der Minister.

Auf den Weg gebracht worden sei zudem die größte Regionalisierung von staatlichen Behörden und Einrichtungen der letzten Jahrzehnte. Diese Neustrukturierung stelle eine Chance für den ländlichen Raum dar, an Stärke zu gewinnen. Mit der Verlagerung von 2.225 Arbeitsplätzen und 930 Studienplätzen aus den Ballungszentren in ländliche Regionen Bayerns werde eine passgenaue Strukturpolitik betrieben. Insgesamt umfasst das Konzept 64 Maßnahmen aus allen Ressorts und der Staatskanzlei mit 3.155 Personen.

Finanzpolitisch könne man beinah von „paradiesischen Zuständen“ sprechen - „wäre da nicht das Thema Asyl“, räumte Söder ein. Die Rücklagen des Freistaats von knapp sechs Milliarden Euro schmölzen wie Butter in der Sonne, stünden 2015 und 2016 doch bereits Ausgaben in Höhe von jeweils viereinhalb Millionen Euro für Flüchtlinge zu Buche.

Ende Mai werde eine Entscheidung darüber fallen, ob und wie sich der Bund künftig stärker an den Kosten der Unterbringung anerkannter Asylbewerber beteiligt. Hier zeigte sich der Minister zuversichtlich. Bei der Schaffung von neuem Wohnraum sei die Lage dagegen schwieriger, gebe es doch keine entsprechenden gesetzlichen Änderungen, die Wohnungsbau dort ermöglichten, wo man eigentlich nicht bauen darf.

Megathema Integration

Über viele Jahre beschäftigen wird die Politik das Thema Integration jener Flüchtlinge, die in Deutschland bleiben wollen. Damit gehe u. a. die Definition von Grundwerten, die Akzeptanz von Tradition und eine Definition der Toleranz  einher. Dieser Prozess der Wertevermittlung werde einige Jahre in Anspruch nehmen, prognostizierte der Minister.

Auf diverse Baustellen beim Thema Integration verwies auch der Präsident des Bayerischen Gemeindetags, Dr. Uwe Brandl. Der Familiennachzug ist eine davon. Alle hier anerkannten Flüchtlinge hätten verfassungsrechtlich die Möglichkeit, ihre Angehörigen nachzuholen. Realistisch sind Brandl zufolge im Durchschnitt vier Personen.

Was die Situation für die Gemeinden im Augenblick nicht einfach macht, sei die fehlende  Planungssicherheit. Schließlich sei völlig offen, ob alle momentan in einer Erstunterkunft untergebrachten Flüchtlinge auch an diesem Ort bleiben werden. Für die Gemeinde stelle sich demzufolge die Frage, wie viele bleiben. Im Anschluss müsse eine Bestandsaufnahme erfolgen: Wie viele Wohnungen und wie viele Plätze in Kitas und Schulen gibt es? Sind Arbeitsplätze vor Ort vorhanden? Eine zeitlich begrenzte Residenzpflicht könnte hier nach Auffassung des Bayerischen Gemeindetags eventuell Abhilfe schaffen.

Brandl prognostizierte zudem, dass die Siedlungsentwicklung ein anderes Gesicht bekommen wird. Die Masse der Flüchtlinge, die unterzubringen sein wird, die Menge an Personen, die selbst nicht in der Lage sind, den üblichen Marktzins zu bezahlen, werde derart groß sein, dass mit neuen Planungs- und Umsetzungsinstrumenten günstiger Wohnraum in massiver Form geschaffen werden muss. Dies werde auch das Gesicht des Landes insgesamt verändern.

Insgesamt könnten die Gemeinden die zahlreichen Aufgaben nicht allein bewältigen. An dieser Stelle sei interkommunale Zusammenarbeit gefragt. Auf diese Weise könnte man zum Beispiel sozialen Wohnungsbau in GmbH-Form realisieren. Doch befürchte das bayerische Innenministerium, dass eine staatliche Förderung dieser Maßnahme beihilferelevant sein könnte. Auf alternative Vorschläge warte der Gemeindetag bedauerlicherweise bis heute vergebens.
Vordringlichste Aufgabe der Politik sei es darüber hinaus, in Bayern auch dafür zu sorgen, dass für die Menschen „Lebensperspektiven auf unterschiedlichsten Qualifikationsebenen“ entstehen.

In der bayerischen Wasserversorgung und im Kanalnetz liege ein erheblicher Investitionsbedarf vor, fuhr der Gemeindetagschef mit Blick auf die RZWAs 2016 fort. Allerdings werde es für die Sanierung der bestehenden Anlagen keine flächendeckende Förderung mehr geben. Vielmehr werde auf eine Härtefallförderung umgestellt, die nur noch für Einzelfälle gilt. Dies werde in den aktuellen Richtlinien beschrieben. Der Entwurf befinde sich aktuell in der Verbändeanhörung.

Zuversichtlich zeigte sich Brandl beim Ausbau des Mobilfunknetzes in Bayern. Bis 2018 soll die Bevölkerungsabdeckung für den mobilen Datenturbo LTE flächendeckend erfolgt sein. „Und dies weitestgehend, ohne dass es zur Co-Finanzierung der kommunalen Seite kommen muss“, so der Präsident abschließend.

DK

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