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(GZ-20-2021)
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► Deutscher Pflegetag 2021:

 

Bausteine für die Pflegereform

 

Umfassende Maßnahmen zur Stärkung der Pflege in Deutschland hat Bayerns Gesundheits- und Pflegeminister Klaus Holetschek von der künftigen Bundesregierung gefordert. Wie Holetschek, der auch Vorsitzender der Gesundheitsministerkonferenz ist, im Rahmen des Deutschen Pflegetags in Berlin erklärte, „muss eine Pflegereform auch die Situation der pflegenden Angehörigen verbessern. Die Angehörigen leisten Großes und sind neben der professionellen Pflege eine tragende Säule des Pflegesystems. Deswegen schlage ich ein steuerfinanziertes Pflegezeitgeld vor.“

„Wir brauchen eine solche Lohnersatzleistung, die es ähnlich dem Elterngeld ermöglicht, sich für einen bestimmten Zeitraum um die Pflege eines nahen Angehörigen zu kümmern. Wer diese Aufgabe übernimmt, sollte auch eine entsprechende Unterstützung von der Gemeinschaft dafür erwarten dürfen. So eine finanzielle Hilfe würde ermöglichen, für einige Monate aus dem Beruf auszusteigen und sich ganz der Pflege zu widmen“, erläuterte der Minister.

Steuerliche Absetzbarkeit

Über die genaue Höhe und die Länge des Leistungsbezugs muss man aus Holetscheks Sicht noch diskutieren. Aber die Pflege müsse in den Koalitionsverhandlungen für eine neue Bundesregierung in jedem Fall ganz oben stehen, ergänzte er und warnte: „Wenn wir jetzt nicht handeln, stehen wir vor einer humanitären Katastrophe.“ Der Minister forderte auch für Menschen Verbesserungen, die weit weg von ihren Angehörigen wohnen und die Pflege selbst nicht leisten können: „Wenn jemand eine professionelle Pflegeleistung für einen Angehörigen einkaufen muss, sollte er diese Ausgaben ähnlich wie bei einer Spende von der Steuer absetzen können.“

Laut Holetschek sind dies nur zwei von vielen Bausteinen für die Pflegereform, die so dringend benötigt wird. „Wir müssen unter anderem auch mehr qualifiziertes Personal für Pflegeberufe gewinnen und dafür den Beruf attraktiver machen, sowie die Struktur und Finanzierung der Pflegeversicherung genau unter die Lupe nehmen.“

Klar sei: „Auf die nächste Bundesregierung wartet eine Mammutaufgabe. Wer immer demnächst regieren und Gesundheitspolitik gestalten wird, muss das schnell und beherzt anpacken. Jetzt ist keine Zeit mehr für eine Politik der kleinen Schritte, denn schon in wenigen Jahren wird im Verhältnis von Pflegebedürftigen und Pflegekräften die Schere noch weiter auseinanderklaffen.“

Die Präsidentin des Deutschen Pflegerats, Christine Vogler, hatte im Vorfeld der Konferenz „eine Gesamtidee“ gefordert, „wie wir 5,1 Millionen Pflegebedürftige bei fehlenden 500.000 Pflegefachpersonen in 2030 noch gepflegt bekommen“.

Bereits heute fehlten rund 200.000 Kräfte in Krankenhäusern, Altenheimen und in der ambulanten Pflege. Deshalb müsse dringend die Bezahlung angepasst werden. Derzeit liege die Spanne zwischen 2.100 und 3.700 Euro brutto im Monat. Angemessen für eine Vollzeitstelle wäre aber ein Monatsgehalt von 4.000 Euro, so Vogler. Laut Bundesagentur für Arbeit sind rund 1,7 Millionen Menschen in der Kranken- und Altenpflege sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Auf Pflege angewiesen sind hierzulande mehr als vier Millionen Menschen. Im Pflegerat haben sich große Verbände der Pflegebranche zusammengeschlossen.

Laut Vogler blieben Reformen zur Verbesserung der Lage, die von der großen Koalition in den vergangenen Jahren auf den Weg gebracht wurden, in der Wirkung für die Pflegebedürftigen und die Beschäftigten zu schwach. „Die Maßnahmen wenden sich kurzfristig den Symptomen zu - die Grundfragen aber werden konsequent ignoriert.“

Ohne Personal keine Versorgung

„Wir erwarten in einem Koalitionsvertrag klare Aussagen, wie der Fachkräftemangel angegangen werden soll. Erster Schritt muss es sein, das Pflegepersonalbedarfsbemessungsinstrument, die PPR 2.0, das der Deutsche Pflegerat, Verdi und wir gemeinsam entwickelt haben, als Interimsinstrument umgehend einzusetzen“, erklärte Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). Die künftige Bundesregierung müsse ein deutliches Zeichen für die Stärkung der Pflege setzen.

Die Corona-Pandemie hat aus seiner Sicht deutlich gemacht, dass ohne Personal keine Versorgung möglich ist und der Personalmangel die größte Herausforderung ist. Aber auch die Krankenhäuser selbst müssten ihren Anteil leisten, um die Arbeitsbedingungen bestmöglich zu gestalten.

„Wir müssen verlässliche gute Arbeitgeber sein, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sicherstellen und auch gut bezahlen. Dazu brauchen wir verlässliche Rahmenbedingungen, eine deutliche Entbürokratisierung des Berufes und verlässliche Finanzierungsgrundlagen und Strukturen“.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn dankte in seinem Grußwort zunächst den Pflegekräften für ihre Arbeit während der Corona-Pandemie und verwies darauf, dass in der zurückliegenden Legislaturperiode für die Pflege viel angestoßen worden sei. „Die Abwärtsspirale ist gestoppt, wir haben den Weg begonnen.“

Exemplarisch nannte der Minister die Ausbildung für Pflegekräfte. In den Krankenhäusern sei mit dem Pflegebudget dafür gesorgt worden, dass nicht mehr zu Lasten der Pflege gespart werden kann. In den Krankenhäusern sei Bezahlung nach Tarif gesichert, in der Altenpflege werde diese gesetzliche Vorgabe derzeit umgesetzt. Zudem sei mit der Einführung einer gesetzlichen Personalbemessung begonnen worden.

Spahn zufolge hat in der Altenpflege der neue Mindestlohn für Tausende von Pflegekräften einen echten Unterschied gemacht. Für viele Pflegekräfte habe sich im Alltag noch nicht viel verändert, weil zwar die Stellen und die Bezahlung gesichert seien, aber das Personal fehle. Die „Stellenbesetzung braucht einen langen Atem“, so der Minister. Abschließend rief er die Pflegekräfte dazu auf, sich besser zu organisieren, um ihre Interessen durchzusetzen. Angesichts der Personalknappheit „sitzen Sie am längeren Hebel.“

DK

 

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