Kommunalverbändezurück

(GZ-23-2021)
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► Koalitionsvertrag:

 

Gemischte Gefühle der Kommunalverbände

 

Der Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP bietet nach Auffassung von Deutschem Landkreistag und DStGB zwar gute Ansätze, jedoch haben die Kommunalverbände Bedenken, was die Umsetzung der Vorhaben anbelangt. „Zahlreiche positive Impulse für zukunftsfähige Städte“ sieht dagegen der Deutsche Städtetag. Im Koalitionsvertrag seien mehrere Forderungen des Verbandes aufgegriffen worden.

Mit gemischten Gefühlen betrachtet der Deutsche Landkreistag den Koalitionsvertrag. Präsident Landrat Reinhard Sager hob positiv hervor, dass die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse weiterhin im Fokus bleibt und die drängenden Zukunftsthemen wie Klimaschutz und Digitalisierung unter Einbeziehung der Landkreise, Städte und Gemeinden angegangen werden sollen.

Generell leide das Vertragswerk aber darunter, dass statt einer Kräftigung kommunaler Selbstgestaltung und finanziellen Stärkung der Kommunen erneut zahlreiche weitere Förderprogramme, zentrale Steuerung und Projektfinanzierungen angekündigt werden. „Stattdessen sollte die neue Bundesregierung die Kommunen befähigen, ihre Aufgaben und Herausforderungen aus eigener Kraft und mit eigenen Mitteln zu bewältigen.“

Es fehlten die nicht erkennbare politische Priorisierung der Vorhaben sowie fehlende Aussagen zum Finanztableau. „Das ist aber wichtig, wenn es um die Umsetzbarkeit der einzelnen Projekte geht. Denn die Mittel des Bundeshaushalts sind begrenzt. Dieses Koordinatensystem fehlt zum jetzigen Zeitpunkt noch.“

So würden im Sozialbereich kostenträchtige Vorhaben angekündigt, bei denen die Finanzierung geklärt und kommunale Mehrbelastungen wirksam ausgeschlossen werden müssten. „Das betrifft zum einen das Bürgergeld, das das Arbeitslosengeld II ablösen soll und zwei Jahre lang ohne Anrechnung von Vermögen jegliche Unterkunftskosten übernehmen soll. Wenn die Jobcenter jede noch so hohe Miete übernehmen, ist zu befürchten, dass es für untere Einkommensgruppen noch schwieriger wird, bezahlbaren Wohnraum zu finden“, machte Sager deutlich.

Zum andern sehe der DLT die Kindergrundsicherung skeptisch, „an der hat sich schon die Vorgängerregierung konzeptionell die Zähne ausgebissen“, betonte der Präsident. Die Grundsicherung von Kindern werde schon heute sichergestellt. „Wichtig ist es, Kinder nicht isoliert von ihren Eltern und ihrer Familie zu betrachten, in der sie leben.“ Zu begrüßen sei hingegen, dass die Belastungen für pflegebedürftige Menschen weiter reduziert werden sollen. Dies greife drängende Zukunftsfragen auf und werde auch der kommunalen Hilfe zur Pflege zugutekommen.

Laut DStGB-Hauptgeschäftsführer Dr. Gerd Landsberg werden viele richtige Ziele beschrieben, allerdings sei die konkrete Umsetzung – insbesondere die nachhaltige Finanzierung – teilweise vage. Es bleibe zu hoffen, dass die Ampel die Leistungsfähigkeit von Staat und Wirtschaft nicht überschätzt hat.

Insbesondere im Sozialbereich sei eine Reform mit dem Ziel „Finanzierung des Sozialstaats dauerhaft sichern, Überforderung vermeiden“ kaum erkennbar. Im Gegenteil: Die geplante Einführung einer Kindergrundsicherung, das Bürgergeld (Ersatz für Hartz-IV), die Rentengarantie, die fehlende Positionierung, dass in einer älterwerdenden Gesellschaft auch eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit kein Tabu sein darf, seien Indizien dafür, dass der Sozialbereich weiter ausgedehnt werden wird. In diesem Zusammenhang fehlt aus Landsbergs Sicht bedauerlicherweise auch ein klares Bekenntnis zum Grundsatz: Wer bestellt, bezahlt.

Für die Kommunen sei positiv zu bewerten, „dass sich der Koalitionsvertrag zum Ziel von Zukunftsinvestitionen bekennt und dabei auch den hohen kommunalen Investitionsbedarf berücksichtigt und Kommunen bei notwendigen Anpassungen für Klima Resilienz unterstützen wird. Gut ist auch, dass sich der Bund zur dauerhaften Mitfinanzierung der Ganztagsbetreuung im Grundschulbereich bekennt. Anzuerkennen ist weiterhin, dass man sich zur Stärkung der Daseinsvorsorge in ländlichen Räumen bekennt. Dazu gehört auch die Schaffung des Amtes eines Staatsministers für gleichwertige Lebensverhältnisse und die neuen Länder.“

„Der Koalitionsvertrag erkennt an, dass wir in Deutschland leistungsstarke und handlungsfähige Kommunen brauchen. Deshalb ist es ein gutes Signal, dass die Altschuldenproblematik der Kommunen gemeinsam mit den Ländern nachhaltig gelöst werden soll“, unterstrich Landsberg.

Seit Jahren fordert der DStGB, den Förderdschungel zu entwirren und somit den Zugang zu Fördermitteln auch für kleinere Verwaltungseinheiten zu vereinfachen. Vor diesem Hintergrund sei es zu begrüßen, dass hier eine neue Förderstruktur die Übersichtlichkeit und damit auch die Umsetzbarkeit erleichtern soll. Die Eigenverantwortung und damit die kommunale Selbstverwaltung würden so deutlich gestärkt. Ein gutes Signal sei darüber hinaus, dass bei finanzschwachen Kommunen die Eigenanteile reduziert oder durch andere Leistungen ersetzt werden können.

Auch das Bekenntnis zu schnelleren Verwaltungs-, Planungs- und Genehmigungsverfahren, die Digitalisierung der Verwaltung sowie die Stärkung des öffentlichen Wohnungsbaus seien wichtige Ziele. „Positiv ist die Ankündigung, die dringend notwendige Finanzierung des Onlinezugangsgesetzes über das Jahr 2022 sicherzustellen.“

„Die ehrgeizigen Ziele beim Ausbau der alternativen Energien deutlich zu beschleunigen, so dass bis zum Jahr 2030 Wind und Sonne 80 Prozent des Stromverbrauchs in Deutschland decken, ist richtig“, erklärte Landsberg. Es bleibe aber im Hinblick auf die großen Widerstände in der Bevölkerung abzuwarten, ob die Umsetzung tatsächlich gelingt. Unverzichtbar seien zuverlässige und belastbare Planungsperspektiven auch für die Stadtwerke und kommunalen Unternehmen, die eine zentrale Rolle bei der Energiewende spielen.

In einer ersten Bewertung stellte der Präsident des Deutschen Städtetags, Oberbürgermeister Markus Lewe aus Münster, fest: „Es ist ein gutes Signal, dass die neue Koalition für wichtige Zukunftsfragen der Städte Verantwortung übernimmt. Mehr Investitionen in bezahlbare Wohnungen und für den Klimaschutz sind geplant. Die Ampel bekennt sich zu einem starken öffentlichen Nahverkehr als Herzstück einer nachhaltigen Mobilität. Der Koalitionäre wollen dauerhaft die Digitalisierung von Schulen unterstützen und den Digitalpakt entbürokratisieren. Auch eine unbürokratische Kindergrundsicherung kommt endlich. Es ist klug, dass die Lösung des kommunalen Altschuldenproblems im Verbund mit den betroffenen Ländern gelöst werden soll.“

Als unzureichend wertete Lewe jedoch die Ankündigungen der neuen Koalition, bei Aufgabenübertragungen auf die Kommunen lediglich „stärker auf die Ausgewogenheit zu achten“. Der Grundsatz „Wer bestellt, bezahlt“ müsse Maßgabe aller finanzpolitischen Entscheidungen sein.

DK

 

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