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(GZ-5-2022)
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► Stromversorgung in Deutschland:

 

WBU bricht Lanze für Erdgas

 

„Erdgas ist auch mittelfristig unverzichtbar für die Sicherheit der Stromversorgung in Deutschland.“ Darauf weist Dr. Albrecht Schleich, Vorsitzender des Ausschusses für Energie- und Rohstoffpolitik im Wirtschaftsbeirat Bayern (WBU), in einer aktuellen Stellungnahme hin. Das Ziel der Bundesregierung, den Abschluss des Kohleausstiegs auf 2030 vorzuziehen, kann aus seiner Sicht „ohne Beeinträchtigung der Sicherheit unserer Stromversorgung nur mittels eines massiven Zubaus von Gaskraftwerken gelingen, die langfristig auch mit Wasserstoff betrieben werden können“.

Dr. Albrecht Schleich. Bild: Dr. Albrecht Schleich
Dr. Albrecht Schleich. Bild: Dr. Albrecht Schleich

Der geplante und notwendige großdimensionierte Ausbau der Wind- und PV-Kraftwerkskapazitäten vermag Schleich zufolge nur die durch die Abschaltung von Kern- und Kohlekraftwerken verlorenen Strommengen ersetzen, nicht aber die Gewährleistung sicherer Leistung durch diese Anlagen. Hierzu bedürfe es großer, rund um die Uhr verfügbarer Gaskraftwerks-Kapazitäten, die die sog. Residuallast abdecken, also aushelfen, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht. Dieses für unsere Gesellschaft und Wirtschaft und damit auch für das Gelingen der Klimawende so essenzielle Erfordernis werde in der öffentlichen Diskussion immer wieder ignoriert.

Dies sei umso unverständlicher, als es sich bei dem erforderlichen Gaskraftwerks-Zubau um eine weitere große Herausforderung der Energie- und Klimawende handelt, so Schleich. Zurzeit liege die Jahreshöchstlast in Deutschland, d.h. die zu einem bestimmten Zeitpunkt im Jahr maximale, gleichzeitig auftretende Nachfrage-Belastung des Stromversorgungssystems, der der verfügbaren Kraftwerksleistung entsprechen muss, bei ca. 80.000 MW und der Stromverbrauch bei ca. 550 Mrd. kWh. „Da wir im Zuge der Klimawende in Industrie und Verkehr in großem Umfang fossile Energieträger durch Strom ersetzen wollen und müssen, werden der Stromverbrauch schon bis 2030 auf über 700 Mrd. kWh und in der Folge Richtung 1.000 Mrd. kWh und die Höchstlast Richtung 100.000 MW ansteigen“, stellt der Ausschussvorsitzende klar.

Unzureichende Kapazitäten

Parallel, also 2020 bis 2030, sollen aber bis Ende 2022 die letzten Kernkraftwerke und bis 2030 alle Kohlekraftwerke, d.h., in der Summe rd. 40.000 MW an gesicherter, ständig verfügbarer Leistung, abgeschaltet werden. „Damit verbleiben uns als gesicherte Leistung nur noch die zurzeit am Netz befindlichen Gaskraftwerks-Kapazitäten in Höhe von ca. 30.000 MW“, erklärt Schleich. Die so entstehende beständig wachsende Lücke zwischen diesen 30.000 MW und der sich in Richtung 100.000 MW entwickelnden Höchstlast bereite nicht nur dem WBU, sondern der gesamten deutschen Wirtschaft große Sorgen. „Zwar können uns im Rahmen des EU-Strom-Binnenmarktes Kraftwerke unserer europäischen Nachbarn aushelfen. Und natürlich können auch unsere eigenen Reserve-Kraftwerke zur Reduzierung der Gefahren, die aus dieser Stromlücke erwachsen, beitragen. Doch werden diese Kapazitäten nicht annähernd ausreichen, um unser Versorgungssicherheits-Problem zu lösen“, zeigt sich Schleich überzeugt.

„Vielmehr gehen wir mit BDEW und BDI davon aus, dass wir schon bis 2030 rund 40.000 MW an Gaskraftwerkskapazität zubauen müssen, um eine zuverlässige Stromversorgung sicherzustellen“, fährt Schleich fort. „Dies wären über 130 Gaskraftwerke à 300 MW Leistung, die nicht – wie heute leider üblich – in sieben oder acht Jahren, sondern in sehr viel kürzerer Zeit zu genehmigen wären.“

Hinzu komme, dass die Anlagen so konzipiert werden müssten, dass sie langfristig auch mit Wasserstoff betrieben werden können, sobald ausreichende Mengen an Wasserstoff zu wirtschaftlichen Bedingungen lieferbar sind. Dies sei aber noch nicht Stand der Kraftwerkstechnik. Und schließlich würden sich solche Anlagen dann, wenn sie nach verkauften kWh bezahlt würden, nicht rechnen, da sie nur zur Abdeckung der Residuallast dienen sollen; deshalb müsste die Bundesregierung über die Einrichtung sog. Kapazitätsmechanismen nachdenken,
die die Bezahlung von Gaskraftwerken schon für deren beständige Verfügbarkeit ermöglichen würden. Dass hier noch große Herausforderungen auf die neue Ampel-Koalition warten, erkläre sich von selbst, so Schleich abschließend.

DK

 

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