Der Deutschlandtourismus hat bis zum Beginn der Corona-Pandemie zu einer positiven Entwicklung in vielen Kommunen im gesamten Bundesgebiet beigetragen. Denn branchenfreundliche Rahmenregelungen und gut ausgebaute touristische Infrastrukturen haben nicht nur direkte wirtschaftliche Effekte, sie tragen auch zur Attraktivität der Städte und ländlichen Räume bei. Die Dimension der Corona-Pandemie zeigt sich seit 2020 besonders im Tourismus, wo ganze Regionen vom Tourismus abhängig sind. Aus Sicht des DStGB gilt es nun, „den Neustart bestmöglich zu stützen, Arbeitsplätze zu sichern und vor allem den Betrieben und allen weiteren Tourismusakteuren eine verlässliche Perspektive zu bieten“.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamts verzeichneten die Beherbergungsbetriebe in Deutschland im vergangenen Jahr 310,3 Millionen Gästeübernachtungen. Das waren 2,7 % Übernachtungen mehr als im Jahr 2020, aber noch 37,4 % weniger als im Vorkrisenjahr 2019. Die Daten belegen, dass die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den internationalen wie nationalen Tourismus in Deutschland auch 2021 deutlich zu spüren waren, trotz eines gut laufenden Sommergeschäfts. Bund und Länder sind daher aus kommunaler Sicht auch weiterhin gefordert, Vorgaben und Auflagen im Bereich des Tourismus eng abzustimmen sowie transparent und frühzeitig zu kommunizieren.
Abhängigkeit zum Kultur- und Veranstaltungsbereich
Die Erholung des Tourismus in den Städten und Gemeinden stellt sich laut DStGB sehr differenziert dar. Während bestimmte Küsten- und Alpenregionen wieder eine höhere Nachfrage erfahren, erholt sich beispielsweise der Städtetourismus seit Beginn der Pandemie nur langsam. Hier wirken sich die starke Abhängigkeit zum Kultur- und Veranstaltungsbereich, das weiterhin eingeschränkte Dienstreise- und Kongressgeschäft sowie die Einschränkungen beim Einzelhandel massiv aus. Viele städtische Veranstaltungsgesellschaften wie Messen, Kongresszentren oder Kulturbetriebe mussten ihr Geschäft massiv zurückfahren und tragen weiterhin ein hohes Risiko bei der Neuplanung von Formaten.
Große Belastung für kommunale Unternehmen
„Kommunale Unternehmen müssen deutlicher als bisher in den Blick genommen werden“, fordert der Verband. Die maßgeblichen Wirtschaftshilfen seien für kommunale Unternehmen weiterhin nicht zugänglich, was die kommunalen Haushalte teilweise extrem belaste.
Um die Entwicklung und Aufrechterhaltung lebendiger Innenstädte zu unterstützen, aber auch um den Städtetourismus zu fördern, seien sowohl der Einzelhandel als auch die Gastronomie zu stärken. Zudem müssten kommunale Konzepte und Maßnahmen zur Wiederbelebung, Nutzungsmischung und letztlich Frequenzsteigerung der Innenstädte fortlaufend gefördert werden.
Förderprogramm „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“
Das im vergangenen Jahr vom Bund aufgelegte Förderprogramm „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“ sei hier ein wesentlicher Schritt. Um eine nachhaltige Wirkung zu erzielen, ist es nach Auffassung des Deutschen Städte- und Gemeindebundes erforderlich, dieses Programm auch in den Folgejahren fortzuführen bzw. einen Innenstadtfonds des Bundes aufzulegen, der mit jährlich mindestens 500 Mio. Euro ausgestattet werden sollte. Auch brauche es in diesem Bereich einen fortlaufenden Dialog aller Innenstadtakteure unter Einbindung von Bund und Ländern. Neben der Arbeit des „Beirat Innenstadt“ sollte dies durch eine Bundesinstitution „Allianz für Innenstädte“ etabliert werden. Darüber hinaus sei es notwendig, die Städtebauförderung des Bundes von 750 Millionen Euro künftig auf mindestens 1,5 Milliarden Euro pro Jahr zu erhöhen.
„Die Einbußen im Tourismussektor treffen die Regionen in unterschiedlichem Ausmaß. In den ländlich geprägten Tourismusregionen entwickelte sich insbesondere die Beschäftigungssituation trotz Wirtschaftshilfen in eine gefährliche Richtung. Nach Rückmeldungen aus unserer Mitgliedschaft droht weiterhin eine zunehmende Abwanderung aus den Gemeinden mit dominierendem Tourismussektor. Der ohnehin vielerorts vorherrschende Arbeits- und Fachkräftemangel verschärft sich weiter. Wenn jedoch beispielsweise Gaststätten schließen, wirkt sich dies auf die Attraktivität weiterer Angebote und letztlich der gesamten Gemeinden aus“, heißt es weiter.
Gut ausgebaute „klassische“ kommunale Infrastruktur
Laut DStGB bedarf es deshalb weiterer arbeitsmarktpolitischer Anstrengungen wie der notwendigen Qualifizierung von Langzeitarbeitslosen und der Aktivierung lebensälterer Arbeitskräfte und qualifizierter Geflüchteter.
Gleichzeitig sei eine gut ausgebaute „klassische“ kommunale Infrastruktur, beispielsweise im Verkehrsbereich, essenziell für eine Tourismusregion. In Zeiten von Klimaschutz und steigenden Energie- und Spritkosten müssten nachhaltige Verkehrsträger im Fokus stehen. Auch hier benötigten die Kommunen finanzielle Unterstützung von Bund und Ländern: durch die Reaktivierung von Bahnstrecken, die Erhöhung der Regionalisierungsmittel, durch Bahnhofsprogramme und schließlich den Ausbau der Radinfrastruktur. Zudem stelle der Aufbau von Ladeinfrastruktur auch für Tourismusgemeinden zunehmend einen Standortfaktor dar. Dem dort derzeit entstehenden Flaschenhals müsse allerdings schnellstmöglich mit der Förderung von Elektromobilitätsmanagern auf kommunaler Ebene begegnet werden, so der DStGB.
Kein Wettlauf zwischen Ländern und Regionen
Für viele Tourismusgemeinden stellte gerade zu Beginn der Pandemie der unkoordinierte Zustrom von Tagesgästen eine kaum zu bewältigende Herausforderung dar. Die Menschen wichen zunehmend auf Orte und Routen abseits jedweder Ordnungs- und Kontrollmöglichkeiten aus, womit Konflikte beispielsweise zum Naturschutz aber auch Unmut bei der Bevölkerung vor Ort verbunden waren. Nur durch gezielte Öffnung und Besucherlenkung kann laut DStGB ein geordneter Tourismus funktionieren. Damit sich Gäste gleichmäßig verteilen, dürfe es zudem nicht zu einem Wettlauf zwischen den Ländern und Regionen kommen.
Aufwändige Förderbürokratie
„Eine aus unserer Mitgliedschaft häufig dargestellte Herausforderung stellt die Förderbürokratie dar. Aufwändige Antrags- und Nachweisverfahren sowie lange Prozesse der Bewilligung verzögern die Projekte in den Städten und Gemeinden um Jahre. Dies ist ein maßgeblicher Grund, weswegen Fördermittel trotz attraktiver Förderraten nicht abgerufen werden“, betont der Kommunalverband. Leistungsfähige Kommunen setzten daher Projekte trotz Förderangeboten selbst um, finanzschwache Kommunen mit wenig Verwaltungskraft könnten wiederum teilweise keine Kofinanzierung aufbringen und seien mit den Prozessen überfordert. Notwendig sei deshalb, wie im Koalitionsvertrag der Bundesregierung verankert, eine angepasste Förderstruktur im Sinne einer Vereinfachung, Flexibilisierung und Beschleunigung der Prozesse.
Modernisierungsprogramm
Fazit: „Eine den Neustart im Tourismus unterstützende Förderpolitik und das im Koalitionsvertrag angekündigte Modernisierungsprogramm müssen schnellstmöglich umgesetzt werden, damit die Tourismusakteure noch im Jahr 2022 wichtige Investitionsentscheidungen treffen können.“ Hierbei müssten Zukunftsthemen wie Nachhaltigkeit, Digitalisierung aber auch Qualitätsinitiativen im Mittelpunkt stehen. In den Städten und Gemeinden sorgten beispielsweise Programme zur energetischen Sanierung von Einrichtungen wie kommunalen Schwimmbädern für langfristig spürbare Effekte. Förderwürdig sind laut DStGB zudem regionale und interkommunale Tourismuskonzepte und -projekte. Somit könnten Potenziale gebündelt werden.
DK
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