Nach der Eröffnung durch die Organisatorin und Moderatorin der Veranstaltung, Gemeindetags-Direktorin Dr. Juliane Thimet, nahm Benno Strehler vom Bayerischen Landesamt für Umwelt eine „Standortbestimmung in der Wasserwirtschaft“ vor. Seinen Ausführungen zufolge geht die Zunahme der Jahresmitteltemperatur bis 2100 um ca. 1,1 bis 3,8 0C mit höheren Verdunstungsraten sowie einer weiteren Zunahme von Hitzetagen (> 30 0C) und tropisch warmen Nächten (> 20 0C) einher. Niederschläge werden tendenziell im Winter ab- und im Sommer zunehmen. In Zukunft werde es wahrscheinlich häufigere und intensivere Starkniederschläge geben, ebenso werden Trockenperioden häufiger vorkommen.
Aufgrund des Klimawandels liegen laut Strehler seit 2003 „unterdurchschnittliche Neubildungsraten“ beim Grundwasser vor. Trübungen und mikrobiologische Belastungen im oberflächennahen Grundwasser zum Beispiel nach Starkregen, eine Verschlechterung der Rohwasserqualität durch Niedrigwasser in langen Trockenperioden, sowie Algenblüten in Trinkwassertalsperren seien die Folgen. „Diese Auswirkungen können zu einem vermehrten Bedarf an Filtrations- und Desinfektionsmaßnahmen führen“, betonte Strehler. Gleichzeitig bekannte er sich zu einem aktiven Ressourcenmanagement. Vor dem Hintergrund des Klimawandels sei dieses wichtiger denn je.
Insgesamt müsse das „Wasserland Bayern“ neu gedacht werden. Hierzu nehme das Programm „Wasserzukunft Bayern 2050“ die Trink- und Brauchwasserversorgung des Freistaats umfassend in den Blick. In den fünf Säulen Wasser speichern, Wasser verteilen, Wasser schützen, Wasser schätzen und Wasser gesamtstaatlich denken soll eine Vielzahl von konkreten Projekten gestartet werden. Diese reichen von einer neuen Studie für Wasserspeicher über Zukunftskonzepte zur Wasserversorgung vor Ort und der Fernwasserversorgung bis hin zu intelligenten Bewässerungsprojekten in der Landwirtschaft und der Umsetzung von Gewässerrandstreifen. Aktuelle Projekte befassen sich mit der „Erfassung, kleinmaßstäblichen Abgrenzung und Bewertung von Einzugsgebieten für Trinkwassergewinnungen“ sowie der Fortschreibung der Wasserversorgungsbilanzen für den Prognosezeitraum 2035. Ziel ist eine gesicherte Wasserversorgung in ganz Bayern.
Einführung des Wassercents Führt der Freistaat den sogenannten Wassercent ein, der dann bei allen Bürgern die Wassergebühren erhöht? Fakt ist, dass ein Wasserentnahmeentgelt in 13 von 16 Bundesländern längst etabliert ist. In Hessen, Thüringen und Bayern werden dagegen bislang keine Wasserentnahmeentgelte erhoben, machte Juliane Thimet deutlich. Die Diskussion in den Bundesländern ohne Wasserentnahmeentgelt wird seit über zehn Jahren immer wieder und in unterschiedlicher Intensität geführt.
Gleichbehandlung ist oberstes Gebot
Für die Gemeindetags- Direktorin wäre es angesichts der vielen Aufgaben, die die Wasserversorger im Klimawandel in Angriff nehmen und über Gebühren finanzieren müssen, der Königsweg, ganz von einer Einführung abzusehen. Wenn jedoch ein Wasserentnahmeentgelt kommt, dann ist „Gleichbehandlung das oberste Gebot für eine Einführung in Bayern“. Die 13 landesspezifischen gesetzlichen Regelungen zur Erhebung von Wasserentnahmeentgelten seien sehr unterschiedlich ausgestaltet. Dies gelte im Hinblick auf die Art der Wasserressource (Grund- und Oberflächenwasser), die Nutzergruppen (Wasserversorgung, Industrie, Landwirtschaft, Bergbau und Wasserkraft) und auch die Höhe der Abgabensätze, also der jeweiligen Wassercents. Für die Nutzung zur öffentlichen Trinkwasserversorgung reiche die Spanne der Wasserentnahmeentgelte von 1,5 Cent pro Kubikmeter in Sachsen bis hin zu 31 Cent pro Kubikmeter, die in Berlin erhoben werden.
In einer Regierungserklärung hatte Ministerpräsident Markus Söder bereits im vergangenen Jahr die Einführung des Bayerischen Wassercents angekündigt. Dieser solle als „ein kleiner Beitrag, der einen Anreiz setzt, mit Wasser schonend und sparsam umzugehen”, verstanden werden und der Finanzierung von Wasserschutzmaßnahmen dienen. Zur möglichen finanziellen Belastung wurde damals lediglich ein eher grober Rahmen genannt, wonach die Mehrkosten pro Person und Jahr bei einem „normalen, durchschnittlichen Wasserverbrauch” bei rund fünf Euro liegen würden. Diese Forderung nach einem Wassercent deckt sich Thimet zufolge mit den Ergebnissen der Expertenkommission Wasserversorgung in Bayern, deren Bericht die Einführung eines Wassercents als Steuerungsinstrument empfiehlt, um Abhilfe für die Sicherstellung einer dauerhaften Ressourcenausstattung zur Anpassung des Wassersektors an steigende Herausforderungen zu schaffen.
Kritik am LEP
Deutliche Worte der Kritik erntet auch die Teilfortschreibung des Landesentwicklungsprogramms (LEP) Bayern unter anderem im Hinblick auf das Thema Grundwasserschutz. Aus Thimets Sicht ist Grundwasser „das blaue Gold unter der Erde“. Tiefengrundwasser gehöre „nicht nur in eine Schatztruhe, sondern in einen Tresor“. Gleichwohl würden 20 Prozent des in Bayern von den Wasserversorgern zur Verfügung gestellten Wassers aber bereits heute dem Tiefengrundwasser entnommen. Die Brunnen bestehen bereits. Langfristig sei davon auszugehen, dass die Grundwasserneubildung um 20 bis 25 Prozent zurückgeht. Ein Sinneswandel sei unumgänglich, so die Tagungsleiterin. Aber es dürfen nicht diejenigen, die heute schon das Tiefengrundwasser entnehmen, alleine die Zeche dafür zahlen, dass höher gelegene Grundwasserstöcke die Nitratgrenzwerte überschreiten und nun saniert werden müssen.
Aus Sicht der Wasserversorger sollte das Ziel sein, die Aufgabe der öffentlichen Wasserversorgung gegenüber allen anderen Planungen zu stärken. Als problematisch werden daher Regelungen erachtet, mit denen die Staatregierung den eigenen Wasserwirtschaftsämtern Vorgaben macht, wie Wasserrechte in Zukunft quantitativ zu begrenzen sind. Dies könne schnell zu Umsetzungsproblemen bei den Wasserversorgern führen, denn vorher müssen diese technisch und rechtlich in der Lage sein, Mengenbegrenzungen gegenüber Bürgern, Landwirtschaft und Gewerbe auch durchzusetzen.
Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie
Bundesregierung und EU-Kommission verhandeln derzeit neue gesetzliche Rahmenbedingungen Deutschlands zur Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie. Unter anderem wurde vereinbart, dass die Abgrenzung der „mit Nitrat belasteten Gebiete“ (rote Gebiete) hierzulande künftig ausschließlich auf Basis der Messstellen und Messwerte geschehen soll. Nach Auffassung des stellvertretenden Generalsekretärs des Bayerischen Bauernverbandes, Carl-Wilhelm von Butler, stellt sich allerdings die Frage, ob Deutschland auch den Landwirten gegenüber mit offenen Karten spielt, die Pläne transparent macht und Details zur geänderten AVVGeA offenlegt.
Wahrscheinlich sei, dass auch die nun geplanten Änderungen wieder als „geheime Kommandosache“ behandelt werden und die betroffenen landwirtschaftlichen Betriebe erst unnötig kurzfristig Informationen zu den geänderten Bedingungen erhalten. Von Butler zufolge erfolgt die Neuabgrenzung auf Grundlage eines völlig unzureichenden und ungeeigneten Messnetzes. So würden die Landwirte wieder gezwungen, Klagen zu erheben – allein schon, um Fristen zu wahren. „Nach über 31 Jahren Hickhack“ rund um die deutsche Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie wäre es notwendig, dass das Bundeslandwirtschaftsministerium jetzt den Dialog mit den betroffenen Landwirten sucht und endlich ein Verfahren etabliert wird, das den Gewässerschutz sicherstellt, gleichzeitig aber auch praktikable Handlungsmöglichkeiten für die Betriebe eröffnet.
„Tiefengrundwasser – wie weiter?“ lautete der Titel des Vortrags von Ministerialdirigent Prof. Dr.- Ing. Martin Grambow, Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz. Aktuell nutzen 306 kommunale Wasserversorger Tiefengrundwasser bzw. Tiefengrundwasser-Mischwasser. Dies entspricht einem Anteil von etwa 14 Prozent der Wasserversorger in Bayern.
Grambow sieht Staat und Politik als Zuständige für jedes Wasser in der Hauptverantwortung. „Das Wasser für uns Menschen muss von hervorragender Qualität sein.“ Das oft bis mehrere Jahrtausende alte Tiefengrundwasser sei von natürlicher Reinheit, regeneriere sich sehr langsam und trage bei jedem Eingriff ein hohes Risiko nachteiliger irreversibler Veränderungen. Es sei die „eiserne Reserve“ für künftige Generationen und daher besonders schutzbedürftig, erklärte Grambow. Eine Nutzung in bestimmten Grenzen und unter strengen Auflagen, zum Beispiel für die Gewinnung von natürlichem Mineralwasser, stehe dem per se nicht entgegen.
Bereits im LfU-Merkblatt von 1995 sei darauf verwiesen worden, dass die Förderung von Tiefengrundwasser „keine Lösung ist, um anthropogen belastetes Grundwasser aus höheren Grundwasserstockwerken zu ersetzen“, informierte Grambow. Eine dauerhafte Nutzung solle nur auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben, zudem sei die Nutzung oberflächennaher Grundwasservorkommen stets anzustreben.
Laut einem „Rahmenkonzept der Trinkwassernotversorgung“ des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe vom Februar 2022 muss laut Grambow die Resilienz der öffentlichen Wasserversorgung gestärkt werden und im Falle einer starken Einschränkung oder eines Ausfalls der kritischen Infrastruktur der Wasserversorgung die Mindestversorgung gesichert sein. Erforderlich seien die Aufstellung neuer Trinkwassernotversorgungskonzepte sowie die Berücksichtigung vorhandener öffentlicher und privater Anlagen und Einrichtungen, wie etwa Gewinnungsanlagen von Getränkeherstellern. „Gemeinsam sollte die Wasserfamilie eine Strategie Wassersicherheit entwickeln“, schlug der Professor vor. Erforderlich sei ein Schulterschluss mit allen Wasserversorgern in Form von Verbandsanhörungen und „Runden Tischen“ zu maßgeblichen Themen.
DK
Organisatorin Dr. Juliane Thimet, Bayerischer Gemeindetag und Thorsten Glauber, Bayerischer Umweltminister. Bild: Zeiler
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