„Wir sind nicht nur Krisenmanager, sondern mittlerweile zu Dauerkrisenmanagern geworden“, betonte eingangs KPV-Vorsitzender Rößle. Der russische Angriffskrieg in der Ukraine und seine Folgen wie Rohstoffknappheit, massiv steigende Energiekosten und weitere Preissteigerungen beschäftigten die Kommunen massiv. Auch das Thema Klimawandel habe durch den Krieg noch größere Brisanz erlangt. „Wir haben es mit einer belastenden Situation zu tun“, so Rößle. Nun gelte es, die zahlreichen Herausforderungen mutig anzugehen und nicht in Panik zu verfallen. „Wir Kommunalpolitiker müssen mit unserem Tun Mut und Zuversicht für die Menschen vor Ort ausstrahlen.“
Stabile Schlüsselzuweisungen gefordert
Finanziell sei Bayern insgesamt gut durch die Corona-Krise gekommen, hob Rößle hervor. In diesem Jahr erhielten die bayerischen Landkreise und Gemeinden Schlüsselzuweisungen in Höhe von vier Mrd. Euro. Insgesamt entfielen 10,56 Mrd. Euro auf den kommunalen Finanzausgleich. Auch mit Blick auf den FAG 2023 forderte der Vorsitzende stabile Schlüsselzuweisungen, da sie den gerechtesten Ausgleich für finanzschwächere Gemeinden böten, zudem eine Erhöhung des FAG-Zuschusses für den Kommunalen Hochbau und schließlich mehr Anreize für den Ausbau der Erneuerbaren Energien in den Kommunen sowie den kommunalen Klimaschutz vor Ort. „Wir sind hier viel zu langsam unterwegs. Planungs- und Genehmigungsverfahren dauern zu lange“, kritisierte Rößle. Um mehr Erneuerbare zu ermöglichen, sei mehr Offenheit und Akzeptanz vor Ort erforderlich. Auch müsse am Netzausbau in Bayern noch deutlich nachjustiert werden.
Förderverfahren vereinfachen
Rößle unterstrich zudem die Notwendigkeit, die Förderverfahrenfahren für die bayerischen Kommunen zu entbürokratisieren und zu vereinfachen. Die während der Corona-Krise aufgelegte Masse an kurzfristig aufgelegten Förderprogrammen und diverse Fördervoraussetzungen machten es oftmals hochkomplex und sehr aufwändig, Förderanträge zu stellen. Damit sei ein nicht unerheblicher zusätzlicher Personalaufwand seitens der Kommunen notwendig.
Unterschiedliche Förderprogramme von Land, Bund und Europäischer Union mit unterschiedlichen Fördervoraussetzungen täten ihr Übriges. „Das ist nicht mehr zu stemmen und belastet uns sehr, so gut das Ganze gemeint ist. Eine kleine Verwaltung hat hier kaum eine Chance“, stellte Rößle fest. Für die Komplexität des Konstrukts stünden exemplarisch die Förderprogramme zur Digitalisierung von Schulen von Bund und Land.
Förderverfahren digitalisieren
Als Lichtblick bezeichnete der KPV-Vorsitzende den Beschluss des bayerischen Ministerrats vom März 2022, Förderverfahren durchgängig zu digitalisieren sowie Antrags- und Fachverfahren zu vereinheitlichen. Damit sollen die Verfahren beschleunigt sowie Fördermittel gezielter und effizienter ausgereicht werden.
Digitale Plattform „Kommunal Digital“
Im Rahmen der Landesversammlung wurde neben der neuen KPV-Initiative „Starke Kommunalpolitikerinnen braucht das Land“, die von der KPV-Frauenbeauftragten und Altbürgermeisterin Christine Borst gemeinsam mit einer Steuerungsgruppe aus dem KPV-Landesvorstand und Hauptausschuss geleitet wird, auch die digitale Plattform für CSU-Kommunalpolitiker „Kommunal Digital“ vorgestellt. In diesem Ideenpool finden sich kommunalpolitische Handreichungen und Mustervorlagen, hilfreiche Ideen und Tipps für die Gremienarbeit sowie gute kommunalpolitische Beispiele aus den Kommunen für die Kommunen.
„Wir leben in einer Zeit, die widersprüchlicher nicht sein könnte. Ich habe manchmal den Eindruck, das Wappentier dieser Zeit ist der Widerspruch“, erklärte Bayerns Finanz- und Heimatminister Albert Füracker. „Wenn eine Krise die nächste jagt, muss man schauen, wie man das Gleichgewicht der unterschiedlichen Ebenen herstellt.“ Er habe die Sorge, „dass wir die wirtschaftlichen Auswirkungen der Ukraine-Krise immer noch unterschätzen“. Füracker sprach sich für eine Finanzpolitik aus, die „Maß hält“. Für das kommende Jahr wolle er die Schuldenbremse wieder einhalten. Dies sei unerlässlich für ein finanziell stabiles Land. Im Ländervergleich sei Bayern weiter hervorragend aufgestellt.
Höchste Unterstützung durch den Freistaat
Stolz sei der Freistaat darauf, dass von den ursprünglich zur Bewältigung der Corona-Pandemie angedachten 20 Mrd. Euro Schulden nur die Hälfte aufgenommen werden musste, betonte Füracker. Städte und Gemeinden erführen die höchste Unterstützung, die es je gab. Für die Unterstützung von Investitionen sei im Haushalt über eine Milliarde Euro eingestellt und der Kostenrichtwert in diesem Jahr um 12,5 Prozent angehoben worden. „Wir haben die höchste Investitionsquote ever in Bayern“, unterstrich der Minister. 23,5 Prozent betrage die kommunale Investitionsquote. Damit liege der Freistaat deutlich über dem westdeutschen Durchschnitt von 15,2 Prozent. Im bundesweiten Vergleich zähle der Freistaat zu den Bundesländern mit der geringsten Pro-Kopf-Verschuldung.
Verlässlicher Partner der Kommunen
Füracker zufolge „sind und bleiben wir ein verlässlicher Partner der Kommunen“. Insgesamt summiere sich der Haushaltsetat 2022 auf 71,1 Mrd. Euro (2021: 70,2). „Davon sind direkt und indirekt ca. 20 Mrd. Euro für die Kommunen vorgesehen.“
Positiv bewertete der Minister die Entwicklung der digitalen Infrastruktur in Bayern. Der Ausbau der Internet-Glasfaseranbindungen mache Fortschritte. Seit 2014 seien dafür 61.000 Kilometer neue Leitungen mit Geld aus bayerischen Förderprogrammen verlegt worden.
Glasfaser-Ausbau
Etwa 98 Prozent aller Haushalte im Freistaat seien an schnelles Internet (mindestens 30 Mbit pro Sekunde) angebunden. 91 Prozent aller Haushalte könnten auf eine Übertragung von mindestens 100 Mbit pro Sekunde zurückgreifen, 64 Prozent empfingen sogar bereits im Gigabit-Bereich. Für den Ausbau der Glasfaseranschlüsse habe der Freistaat bisher 1,7 Mrd. Euro investiert. Zählt man die Förderungen von Kommunen und Bund dazu, belaufe sich der Betrag auf 2,6 Mrd. Euro.
Apropos Förderungen: Mit Blick auf die staatlichen Förderprogramme vertrat Füracker die Ansicht, „dass wir uns an der individuellen Leistungsfähigkeit von Kommunen stärker orientieren müssen“. Er verwies dabei u.a. auf die aktuellen Förderrichtlinien RZWas 2021, wonach Vorhaben der Sanierung kommunaler Trink- und Abwasseranlagen in Härtefällen gefördert werden können. Auch bei der Städtebauförderung und der Dorferneuerung müssten die Regularien geändert werden. Laut Füracker handelt es sich hier um eine „strukturelle Förderproblematik, die es zu besprechen gilt“.
Anträge zu Bürokratieabbau und Finanzausgleich
Diskutiert wurden im Rahmen der KPV-Landesversammlung auch vier Anträge, darunter zu den Themen Bürokratieabbau und Kommunaler Finanzausgleich. Beschlossen wurde der Antrag von Alois Scherer, KPV-Bezirksvorsitzender Oberpfalz, demzufolge „auf allen Ebenen, die den kommunalen Wirkungsbereich beeinflussen, die Bürokratie abgebaut wird“. Hierzu sei es notwendig, dass neue Regelungen und Verordnungen bereits in der Gesetzgebungsphase mit einem Ablaufdatum versehen werden, um sicherzustellen, dass bestehende Regelungen regelmäßig auf Ihre Wirkung überprüft werden und auslaufen bzw. ggf. angepasst werden können. „Für bestehende Regelungen schlagen wir vor, dass alle Ministerien Zielvorgaben zur Beschleunigung und der Prozesse und Kostenreduzierung in den Verfahren bekommen. Die fiktive Genehmigung z. B. aus dem Baugenehmigungsprozess könnte auf für alle beteiligten Fachstellen ausgeweitet werden.“
Menschen vor Ort mitnehmen
Zustimmung erfuhr auch der Antrag von Karl-Philipp Ehrler, KPV-Bezirksvorsitzender Oberfranken. Er bat darum, in den kommunalen Finanzausgleich die Komponente „Erzeugung von erneuerbarer Energie“ aufzunehmen, damit die Lasten der Erzeugergemeinden beim Landschaftsverbrauch ausgeglichen werden. Die neue Komponente soll über einen neuen Artikel im Bayerischen Finanzausgleichsgesetz (z.B. 13i BayFAG) im Kommunalen Finanzausgleich fest verankert werden, der mit zusätzlichen Mitteln des Freistaates Bayern gefüllt wird.
Mit neuen Geldern könne die Bayerische Staatsregierung die Förderung von kommunaler Erzeugung von erneuerbarer Energie gesondert, transparent und nicht zu Lasten finanzschwacher Kommunen unterstützen, voranbringen und die Leistungen der Standortkommunen anerkennen, so Ehrler. Eine Umverteilung zu Lasten anderer wichtiger kommunaler Aufgabenbereiche innerhalb des BayFAG werde somit vermieden, anders als durch die reine Aufnahme der Komponente in den Kommunalen Finanzausgleich.
Eine reine Umverteilung kommunaler Mittel würde außerdem zu Lasten finanzschwacher Kommunen gehen, da dies die Summe der verfügbaren Schlüsselzuweisungen reduzieren würde. Insgesamt werde ein Anreiz- und Ausgleichssystem geschaffen, „damit der Ausbau der Erneuerbaren zügig voranschreitet, Bayern als Wirtschaftsstandort vorne bleiben kann und die Gemeinden und Menschen vor Ort mitgenommen werden“.
DK
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