Viele Krankenhäuser stehen laut Deutschem Städtetag mit dem Rücken zur Wand. Die höheren Kosten wegen der Inflation, zum Beispiel für Medizinprodukte und die steigenden Energiepreise, können durch Fallpauschalen nicht refinanziert werden. Weil Personal fehlt, werden teilweise Stationen geschlossen und es können weniger Patienten aufgenommen werden. Etliche Krankenhäuser sind derzeit existenziell bedroht, jedes fünfte Haus ist absehbar insolvenzgefährdet. Die Kommunen müssen oft in Windeseile viele Millionen Euro zuschießen, damit die Versorgung der Menschen sichergestellt wird. „Das kann nur eine Notlösung sein. Städte sind keine Ausfallbürgen, weil Bund und Länder ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben und Defizite nicht ausgleichen. Jetzt müssen vor allem die versprochenen 6 Milliarden Euro des Bundes aus dem Härtefallfonds zügig und unbürokratisch vor Ort ankommen“, forderte Verbandsvize Burkhard Jung.
Gemeinsame Krankenhausreform
Jung zufolge ist es der richtige Weg, dass Bund und Länder gemeinsam die Krankenhausreform angehen und bis zum Sommer einen Referentenentwurf abliefern wollen. Die Städte erwarten außerdem, dass Bund und Länder sich unverzüglich über ein gemeinsames Konzept für eine funktionierende Krankenhausplanung verständigen.
„Wir brauchen einen Plan, der die Versorgung der Patientinnen und Patienten sicherstellt und die gegebenen Realitäten berücksichtigt, beispielsweise absehbar weniger verfügbare Fachkräfte. Dazu gehört auch frisches Geld im System, denn eine bloße Umverteilung beseitigt nicht die jahrelange strukturelle Unterfinanzierung der Krankenhäuser“, unterstrich der Vizepräsident.
Vollständige Refinanzierung von Kostensteigerungen
Konkret fordern die Städte, die Vorhaltekosten mindestens in Höhe von 60 Prozent anzusetzen. Allein das Pflegebudget macht ungefähr 30 Prozent aus. Die empfohlenen 40 Prozent reichten nicht, um strukturelle Unterfinanzierung zu beseitigen. Dazu zähle auch, die vollständige Refinanzierung der künftigen Kostensteigerungen sicherzustellen. Zudem wird für eine Reform der mangelhaften Investitionsfinanzierung der Länder plädiert. Der Bund sollte mit eigenen Haushaltsmitteln in die Investitionsfinanzierung einsteigen. Auch müsse die unausweichliche Reduzierung der Krankenhausstandorte geplant werden und langfristig erfolgen. Ungeplante Schließungen durch Insolvenzen seien zu vermeiden. Bund und Länder müssten die Defizite der kommunalen Krankenhäuser auffangen, die eine ganze Region weit über die Stadtgrenze hinaus versorgen. Die regionale Gesundheitsversorgung dürfe nicht aus dem städtischen Haushalt finanziert werden. Überdies sei dafür Sorge zu tragen, dass Universitätskliniken und Großkrankenhäuser als Maximalversorger gleichbehandelt werden.
Nach Jungs Worten halten es die Städte für erforderlich, dass Bund und Länder bei der Reform auch die ambulante Versorgung mitdenken, die vielerorts bereits ihre Leistungsgrenze erreicht habe. Gerade die ambulante Notfallversorgung sei in den vergangenen Wochen zum Teil vor einem Kollaps gestanden. Zentrales Problem seien immer mehr Einsätze bei gleichzeitiger Personalnot. Schon jetzt fingen die Krankenhäuser die Defizite der ambulanten Strukturen auf, obwohl sie keinen Auftrag haben und Leistungen nicht refinanziert werden. Aus Jungs Sicht „wäre es widersinnig, wenn bestimmte Krankenhäuser schließen müssen, obwohl die Leistungsfähigkeit der Arztpraxen im ländlichen Raum und in manchen großstädtischen Quartieren weiter abnimmt. Die Häuser könnten dort als zentrale ambulante Versorgungszentren sinnvoll genutzt werden.“
Innenstädte und Ortskerne
Sorge bereitet dem Deutschen Städtetag auch die schwierige Situation in vielen Innenstädten und Ortskernen. Wie das Präsidiumsmitglied, Oberbürgermeister Thomas Kufen aus Essen, deutlich machte, „folgen hohe Energiepreise und der Einbruch der Kaufkraft durch Inflation auf Corona-Schließungen. Und der Online-Handel wächst weiter. Früher erfolgreiche Konzepte haben heute keine Überlebenschance. Unsere Innenstädte müssen sich deshalb neu erfinden. Wir wollen mehr Möglichkeiten für Begegnung und Erlebnis bieten, mit einer höheren Aufenthaltsqualität. Nutzungsvielfalt, saubere, einladende öffentliche Räume, mehr Grün und Wasser in der Stadt sind dafür zentral. Die Menschen wünschen sich Orte zum Ausruhen und Verweilen. Mehr grüne und blaue Infrastruktur zahlt zugleich auf den Umbau zur klimagerechten Stadt ein. Damit das gelingen kann, fordern wir Bund und Länder auf, ihre Innenstadt-Programme darauf auszurichten.“
Trotz vieler Bemühungen der Städte verlören viele Innenstädte aktuell weiter an Attraktivität. Läden und ganze Gebäude stünden teilweise leer. Studien, wie die Deutschlandstudie Innenstadt 2022 der CIMA GmbH zeigten: Die Bedeutung des Einkaufens schwindet, besonders für die unter 30-Jährigen, unterstrich Kufen.
Verlust zentraler Ankerpunkte
Er wies darauf hin, dass die möglichen weiteren Schließungen von Filialen von Galeria Karstadt Kaufhof die Innenstädte vor Ort hart treffen werden, denn die Filialen seien zentrale Ankerpunkte. „Viele Städte bangen und kämpfen um den Erhalt ihrer Kaufhäuser. Nicht überall wird es gelingen. Städte, die davon getroffen werden, brauchen deshalb schnelle und gezielte Hilfe, um Alternativen zu entwickeln.“
In etlichen Städten gebe es bereits konkrete Ideen, Pläne oder bereits umgesetzte Projekte, wie ehemalige Kaufhäuser wieder mit Leben gefüllt werden können: als Universitätsstandort oder Schule, mit Start-ups, Kultur oder Bürgerservice, als Mehr- Generationenhaus oder Wohn- Areal.
Der Deutsche Städtetag sprach sich dafür aus, dass die von Galeria Karstadt Kaufhof- Schließungen betroffenen Städte auch nachträglich noch Förderanträge für das Bundesprogramm „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“ einreichen können. Außerdem solle der Bund unbedingt prüfen, ob der Zwischenerwerb von Großimmobilien in Einzelfällen förderfähig werden kann. Überdies fordern die Städte den Bund auf, die fast ein Jahr verspätet bereitgestellten Mittel des Bundesprogramms in Höhe von 250 Millionen Euro über 2023 hinaus zur Verfügung zu stellen. „Denn immer noch gibt es Lieferschwierigkeiten und mangelt es teilweise an Material und Personal. Das wird einen fristgerechten Abruf der Mittel erheblich erschweren oder womöglich sogar unmöglich machen“, erläuterte Kufen.
DK
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