(GZ-3-2023) |
► Bayerischer Landkreistag zur Asyl- und Migrationspolitik: |
Kommunen brauchen Luft zum Atmen! |
Den Eindruck, dass Brüssel weit weg ist von Bayern, hinterließen bei den bayerischen Landrätinnen und Landräten anlässlich ihrer letztjährigen Tagung in Brüssel die Gespräche zur Asyl- und Migrationspolitik mit Vertretern der EU-Kommission. „Dass die kommunale Flüchtlingsaufnahme in Bayern und der Bundesrepublik Deutschland insgesamt durch den Zustrom von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine einerseits und Asylsuchenden andererseits am Limit ist, schien dort bisher wenig präsent zu sein“, bilanziert der Bayerische Landkreistag.
Die aktuelle Situation sei vergleichbar mit 2015/2016, weshalb der Kommunalverband im Namen seiner 71 Landkreise in einem aktuellen Positionspapier umso dringlicher die Europäische Union und insbesondere die Bundesregierung auffordert, dafür zu sorgen, dass die Aufnahme von Flüchtlingen und Migranten nach Deutschland auf Dauer stärker und auch begrenzend gesteuert wird.
Wirksamere Sicherung der EU-Außengrenzen
Konkret bedarf es aus Sicht des Verbandes einer wirksameren Sicherung der EU-Außengrenzen, um illegale Einreisen von Flüchtlingen zu begrenzen, die von vornherein keine Bleibeperspektive in der EU haben. Zudem müsse die Rückführung von nicht aufenthaltsberechtigten Ausländern von allen EU-Mitgliedstaaten effektiv vollzogen werden. Die EU müsse dazu auch Möglichkeiten erhalten, fehlendes mitgliedstaatliches Engagement zu sanktionieren.
Im Sinne einer gerechten Lastenverteilung bedürfe es im Rahmen eines neuen Dublin-Verfahrens grundsätzlich verbindlicher Verteilungsquoten auf einzelne EU-Mitgliedstaaten oder, sofern diese Quoten nicht eingehalten werden, wirksamer Ausgleichsmechanismen für untererfüllende EU-Mitgliedstaaten. Auch sei eine EU-Harmonisierung von Asylverfahrens- und Asylbewerberleistungsregelungen unerlässlich. So sollten existenzsichernde Unterstützungsleistungen zumindest annähernd vergleichbar in den Mitgliedstaaten gestaltet werden.
Europaweit geordnete Asyl- und Migrationspolitik
Nur eine europaweit geordnete Asyl- und Migrationspolitik werde letztlich die Errungenschaft eines von Freizügigkeit geprägten Schengenraums sichern können. „Deshalb fordern wir, dass die Bundesrepublik Deutschland als größter EU-Mitgliedstaat noch stärker und mit höchster Priorität auf eine zeitnahe Einigung drängt“, heißt es weiter. Europa müsse seine Entwicklungspolitik danach gestalten, dass nachhaltig die Situation in den Herkunftsländern, insbesondere den afrikanischen Staaten so stabilisiert wird, dass Migration aus wirtschaftlichen Gründen sich nicht noch stärker ausweitet. Mit vielen kleinen unterstützenden Projekten und Partnerschaften bringe sich eine Vielzahl bayerischer Kommunen bereits ein. Dies aber sei nur ein Tropfen auf den heißen Stein, wenn nicht die übergeordnete Politik intensiver tätig wird.
EU-Blue Card
„Um den uns wirtschaftlich schwächenden Fachkräftemangel in Europa zu überwinden“, gilt es laut Bayerischem Landkreistag überdies, auch Formen der legalen (Erwerbs-)migration aus Drittstaaten zu stärken. Die Vorschläge der EU-Kommission zur legalen Migration aus dem vergangenen Jahr, wie etwa die Reduzierung des Verwaltungsaufwands und die Zuwanderung hochqualifizierter Arbeitskräfte mittels einer EU-Blue Card fänden in ihren Grundsätzen die Unterstützung der bayerischen Kommunen. Dabei sollten bereits im Heimatland erste deutsche Sprachkenntnisse vermittelt werden. Bei der Anerkennung von Berufsabschlüssen sowohl im akademischen Bereich wie auch sonst seien weitere Erleichterungen bei Drittstaatsangehörigen und vor allem auch Unionsbürgern wünschenswert. „Dieser Appell richtet sich an EU, Bund und Freistaat Bayern.“
„Auf nationaler Ebene benötigen wir schnelle Entscheidungen über Asylanträge und in Asylgerichtsverfahren genauso wie die konsequente Rückführung abgelehnter Asylbewerberinnen und Asylbewerber im Rahmen einer gezielten Rückführungsoffensive. Hierfür sind effektive und praktikabel ausgestaltete Rückübernahmeabkommen mit den Herkunftsländern, insbesondere denjenigen, die sich der Aufnahme ihrer Staatsbürger hartnäckig verschließen, unabdingbar“, lautet eine weitere Forderung. Zügige Verfahren und ein konsequenter Vollzug der Ausreisepflicht sendeten das klare Signal, dass von Anfang aussichtslose Asylanträge auch nicht durch bloßen Zeitablauf in ein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik münden.
Begrenzung des ungesteuerten Zugangs
„Ohne eine spürbare Begrenzung des ungesteuerten Zugangs vor Ort wird die Integration auf kommunaler Ebene scheitern“, ist der Bayerische Landkreistag überzeugt. Die Kapazitäten für die Unterbringung von Geflüchteten in geeignetem Wohnraum, die Ressourcen für die soziale Betreuung sowie die notwendigen Plätze für Kinder in Kindertageseinrichtungen und Schule seien in den bayerischen Kommunen nahezu erschöpft. Helferkreise stünden nicht mehr in der Menge und Einsatzbereitschaft wie in der ersten Flüchtlingskrise zur Verfügung und die Mitarbeiter der Landratsämter seien durch die Dauerkrisenbewältigung ausgebrannt. Auch die Stimmung in der Bevölkerung sei nach den vielen Krisen und Problemen nicht mehr so aufgeschlossen wie bisher.
Mehrbelastungen müssen ausgeglichen werden
Der Kommunalverband fordert vehement, dass die flüchtlingsbedingten Mehrbelastungen der Kommunen bei den Kosten der Unterkunft vollständig ausgeglichen werden. Dies gelte auch für die weiteren flüchtlingsbedingten Kosten, insbesondere im Bereich der Kinderbetreuung und der Schulen sowie im Bereich der Eingliederungshilfe und Hilfe zur Pflege sowie den Krankenhilfen nach SGB XII. „Den Kommunen darf nicht die finanzielle Luft zum Atmen genommen werden“, lautet die abschließende Botschaft.
DK
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