Kommunalverbändezurück

(GZ-4-2023)
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► bvse-Fachverbände „Insgesamt zufrieden“ - aber:

 

Erhebliche Turbulenzen

bvse-Fachverbände Papierrecycling, Schrott, E-Schrott, Kfz-Recycling, und Altholz legten Jahresbilanzen vor

Mit erheblichen Turbulenzen kämpften im vergangenen Jahr die bvse-Fachverbände Papierrecycling, Schrott, E-Schrott und Kfz-Recycling, sowie Altholz. In seiner Jahresbilanz zeigte sich zumindest Werner Steingaß, Vorsitzender des bvse-Fachverbandes Papierrecycling und Vizepräsident des bvse-Bundesverbandes Sekundärrohstoffe und Entsorgung, „insgesamt zufrieden“.

Nach Steingaß‘ Worten bleibt Altpapier weltweit die wichtigste und vor allem auch eine nachhaltige Quelle für die Papierindustrie. Mehr als 250 Millionen Tonnen Altpapier werden für die Papier- und Pappe-Produktion rund um den Globus eingesetzt. Mit geschätzt einer Milliarde Tonnen CO2-Einsparpotenzial spielt das Altpapierrecycling auch eine erhebliche Rolle bei den internationalen Bemühungen zur Bekämpfung der Klimakrise und dem politischen Willen nach grünen Lösungen. „Als Entsorgungs- und Recyclingwirtschaft werden wir mit unseren Partnern in der Wertschöpfungskette noch enger im Dialog bleiben. Die globale Erfolgsstory Altpapier basiert in Deutschland darauf, dass wir gemeinsam an einem Strang ziehen. Wenn wir zusammen Synergieeffekte und gleichgerichtete Interessen herausfiltern und daraus Strategien und Handlungsweisen ableiten, die gemeinsame Vorteile und Lösungsansätze mit sich bringen, dann blicke ich für unseren Rohstoff Altpapier langfristig optimistisch in die Zukunft“, erklärte der Vorsitzende.

Verheerende Frachtsituation durch Ukrainekrieg

Bis zum Februar 2022 hielt die Covid-19-Pandemie die Altpapierbranche mit ihren Auswirkungen schwer in Atem. Rückblickend betrachtet hatten die Entsorgungs- und Recyclingunternehmen das schwierige Corona-Jahr 2021 jedoch gut bewältigt. Diese Entwicklung setzte sich in der ersten Jahreshälfte 2022 zunächst fort. Die Nachfrage der inländischen Papierproduzenten war insgesamt gut bis sehr gut und die Altpapierlager der Recyclingwirtschaft entsprechend leer. Der Altpapierimport nach Deutschland bewegte sich in der ersten Jahreshälfte auf einem relativ hohen Level. Auch im Exportbereich bestand eine gute Nachfrage, vor allem im braunen Sortenbereich. Nach und nach erreichten die politischen Turbulenzen dann auch den Altpapiermarkt. Im Lauf des 2. Quartals 2022 schlug sich der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine mehr und mehr auch auf die Papierbranche nieder. Die Altpapieraufbereiter mussten mit einer verheerenden Frachtsituation zurechtkommen. Geschätzt 100.000 Fahrer aus der Ukraine und ihre Lkw fehlten innerhalb kürzester Zeit durch die Folgen der Kriegshandlungen. Ein Umstand, der sich unter anderem in einer drastischen Verknappung von Ladekapazitäten und in sich vervielfachenden Frachtkosten niederschlug. Etwa 10 Prozent der lieferbaren Altpapiermenge konnte beispielsweise im Juni rein aus logistischen Gründen nicht zu den Papierfabriken transportiert werden. Die Konsequenzen dieser Krise betreffen Steingaß zufolge nicht nur einzelne Altpapier einsetzende Fabriken, sondern die gesamte Papierindustrie.

Massive Absatzprobleme

Erstmals seit vielen Jahren verzeichnete die Verpackungsindustrie massive Absatzprobleme für ihre Neuware. Im Resultat kam es im Verlauf des 4. Quartals 2022 im Inland bereits zu teils erheblichen Kürzungen der Altpapier- Ordermengen. Die Vergütung für verschiedene Altpapiersorten wurde in einem nie gekannten Maß von Monat zu Monat um einen höheren zweistelligen Eurobetrag gesenkt. Der Altpapier-Export erwies sich in dieser Lage als unverzichtbares Ventil und konnte dank des Know-how der Altpapierrecyclingwirtschaft das Gesamtbild ein Stück weit verbessern. Ungeachtet dessen ging die inländische Abnahme von Altpapier um den Jahreswechsel konjunkturbedingt weiter zurück. Im Ergebnis ließ sich ein massiver Aufbau der Lagerbestände bei den Altpapierrecyclern feststellen. Laut Steingaß ist die Altpapierrecyclingwirtschaft darin geübt, auch in schwierigen Phasen Lösungen zu finden. Zweifellos ziehe der Jahresanfang noch die schwierigen Auswirkungen aus dem Vorjahr mit sich. „Grundsätzlich aber sieht die Altpapierrecyclingwirtschaft positiv auf dieses neue Jahr 2023.“

Rückläufige Sammlungen von Elektro-Altgeräten

„Im Jahr 2022 hat es ein deutlich geringeres Aufkommen von Elektro-Altgeräten im Vergleich zum Vorjahr gegeben“, lautete das Fazit von Bernhard Jehle, Vorsitzender des bvse-Fachverband Schrott, E-Schrott und Kfz-Recycling. Wie bvse-Mitgliedsunternehmen berichteten, gingen die Mengen zur Behandlung insbesondere in der Sammelgruppe 5 (Kleingeräte) um ca. 30 Prozent zurück. Auch die Sammelgruppe 2 (Bildschirme) verlief leicht rückläufig. Ist es im Corona-Jahr 2021 beim großen „Aufräumen“ in den Haushalten noch zur Abgabe zwischengelagerter Altgeräte gekommen, blieb dieser Effekt vergangenes Jahr aus. „Zusätzliche Sammelmengen aus dem Einzelhandel konnten auch noch nicht registriert werden, obwohl der Handel seit dem 1.1.2022 zur Rücknahme ausgedienter Elektrogeräte verpflichtet ist. Insgesamt kritisiert die Branche, dass der Einzelhandel zu wenig auf die Rücknahmepflichten in seinen Märkten aufmerksam macht und somit die Verbraucher nicht zur Abgabe eingeladen werden“, betonte Bernhard Jehle, Vizepräsident des bvse-Bundesverbandes Sekundärrohstoffe und Entsorgung. Wie in allen abfallwirtschaftlichen Bereichen, verzeichneten auch die Altgeräte-Erstbehandlungsanlagen im vergangenen Jahr stark gestiegene Kosten für Logistik und Energie. „Aufgrund des hohen Wettbewerbsdrucks bei sinkenden Altgerätemengen konnten diese allerdings noch nicht weitergegeben werden. Hinzu kamen sinkende Sekundärrohstofferlöse zu Mitte des Jahres, die sich dann aber gegen Ende 2022 wieder erholten“, berichtete Jehle. Mit Sorge betrachten die Erstbehandlungsanlagen die Entwicklungen in den energieintensiven Abnehmerindustrien. Drosseln diese aufgrund der Energiekrise ihre Produktionen, sinkt zwangsläufig auch die Nachfrage nach Sekundärrohstoffen. Wie und wann sich die staatlichen Beihilfen auswirken, um den Industriestandort Deutschland zu erhalten, werde sich noch zeigen.

Energiepreise Schlüssel für Kreislaufwirtschaft

Wettbewerbsfähige Energiepreise seien jedoch ein Schlüssel für mehr Kreislaufwirtschaft, ist der bvse-Fachverbandsvorsitzende überzeugt. Unsicher blicken die Anlagenbetreiber in das Jahr 2023. Infolge der Inflation wird allgemein von einer Konsumzurückhaltung und damit nicht von einem Anstieg der Sammelmengen für Altgeräte ausgegangen. In der Branche wird außerdem kritisiert, dass nach wie vor kein aktiver Vollzug des ElektroG zu erkennen ist, so dass weiterhin zahlreiche Altgeräte an den offiziellen Behandlungsanlagen vorbeilaufen werden. Probleme bereitet den bvse-Mitgliedsunternehmen zunehmend auch der Arbeitskräftemangel. Zusätzlich verteuern weitere Anforderungen an die Behandlung die Prozesse, und die Gefahr von Bränden durch Lithium-Akkus wirken mittlerweile existenzgefährdend. „Die Schließung einzelner Standorte und damit eine fortschreitende Konsolidierung des Marktes wird wahrscheinlicher denn je“, befürchtet Jehle.

Rückgängiges Altholzaufkommen

Hinter den Erwartungen zurück blieb auch das Altholzaufkommen. „Insbesondere in der zweiten Jahreshälfte des vergangenen Jahres fehlte es an ausreichend verfügbaren Mengen zur Aufbereitung“, informierte bvse-Altholz-Experte Andreas Habel. Für den Mengeneinbruch nannte Habel verschiedene Gründe. So verlief die Baukonjunktur insgesamt rückläufig, so dass die Mengen aus diesem Bereich um 20 bis 40 Prozent gesunken sind.

Altholz wegen Energiekrise vermehrt Brennstoff

Darüber hinaus bewegten sich nach dem letzten Corona-Lockdown die kommunalen Sperrmüllmengen und die Mengen aus dem Gewerbe insgesamt auf schwachem Niveau. Auch die zunehmenden Probleme in den Lieferketten führten zu weniger Warenumschlag und damit zu weniger Palettenholz. Insgesamt führte die Energiekrise dazu, dass wieder mehr Altholz als Brennstoff genutzt wurde. Der Verteilungskampf zwischen stofflich oder energetisch nutzbaren Sortimenten erfolgte über den Preis. Hohe Stromerlöse ermöglichten es Kraftwerken, auch hohe Preise für Altholz zu zahlen.

Habel: „Um an Brennmaterial zu kommen, wurden hohe Störstoffanteile bis zur Schmerzgrenze akzeptiert.“ Unter den vorherrschenden Bedingungen hatte es die stoffliche Verwertung schwer, konkurrenzfähig gegenüber der energetischen Verwertung zu sein. Zumal die hohen Energiepreise, insbesondere der Anstieg beim Strompreis, die Produktionskosten für qualitätsgesicherte Hackschnitzel in die Höhe trieb. Von Unsicherheiten geprägt sind die Aussichten für das Jahr 2023. Vieles hängt Habel zufolge von der Entwicklung des Strompreises ab. Bei sinkenden Erlösen in der Energiebereitstellung und gleichzeitig sinkenden Kosten in der Aufbereitung wird auch der Preis für Holz zurückgehen müssen. Die Mengenentwicklung abzuschätzen ist indes noch schwieriger. In Folge der Inflation ist eher nicht mit steigenden Sperrmüllmengen zu rechnen und auch steigende Bauzinsen lassen nicht erwarten, dass es zu einer Zunahme der Bautätigkeit kommt.

„Im Kampf um die Inputmengen ist es für Aufbereitungsunternehmen umso wichtiger, dass gesetzliche Vorgaben, wie das Vorbehandlungsgebot der Gewerbeabfallverordnung, durch die Länder auch tatsächlich durchgesetzt werden. Wenn sich nicht auf die gesetzlichen Vorgaben verlassen werden kann, fehlt die Planungssicherheit, die letztlich zu Anlagenstillständen führen wird“, warnte der bvse-Altholzexperte.

DK

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