Kommunalverbändezurück

(GZ-7-2023)
gz kpv
GZ-Plus-Mitgliedschaft

► KPV-Kongress für CSU-Kommunalpolitikerinnen:

 

Strukturen und Netzwerke

 

Wie wichtig Frauenförderung ist, um einen erhöhten Frauenanteil in der CSU und der bayerischen Kommunalpolitik zu generieren, hat am Weltfrauentag ein KPV-Kongress explizit für CSU-Kommunalpolitikerinnen gezeigt. Organisiert von der KPV-Frauenbeauftragten und Leiterin der KPV-Initiative „Starke Kommunalpolitikerinnen braucht das Land“, Christine Borst, wurde die Rolle von Frauen in der Kommunalpolitik mit prominenten Gästen und erfahrenen Mandatsträgerinnen diskutiert. Es gilt, Frauen in der Kommunalpolitik verstärkt zu fördern, zu vernetzen und zu unterstützen. So ist es ein Ziel, den Frauenanteil bei den nächsten Kommunalwahlen 2026 zu erhöhen.

Frauen und ihr Weg in die Rathäuser – Inspiration und Unterstützung in der Podiumsdiskussion. V.l.: Moderatorin Constanze von Hassel, Chefredakteurin der Bayerischen GemeindeZeitung; Kathrin Alte, 1. Bürgermeisterin Anzing; Irene Biebl-Daiber, 1. Bürgermeisterin Bernau am Chiemsee; Heike Faltermeier, 1. Bürgermeisterin Bruck i. d. Oberpfalz; Carmen Pepiuk, 1. Bürgermeisterin Trabitz sowie Katrin Albsteiger, Oberbürgermeisterin von Neu-Ulm. Bild: Sebastian Franz
Frauen und ihr Weg in die Rathäuser – Inspiration und Unterstützung in der Podiumsdiskussion. V.l.: Moderatorin Constanze von Hassel, Chefredakteurin der Bayerischen GemeindeZeitung; Kathrin Alte, 1. Bürgermeisterin Anzing; Irene Biebl-Daiber, 1. Bürgermeisterin Bernau am Chiemsee; Heike Faltermeier, 1. Bürgermeisterin Bruck i. d. Oberpfalz; Carmen Pepiuk, 1. Bürgermeisterin Trabitz sowie Katrin Albsteiger, Oberbürgermeisterin von Neu-Ulm. Bild: Sebastian Franz

Unter dem Motto „Mehr Frauen braucht das Land“ leitete GZ-Chefredakteurin Constanze von Hassel eine Podiumsdiskussion mit den bayerischen Rathauschefinnen Katrin Albsteiger (Neu-Ulm), Kathrin Alte (Anzing), Irene Biebl-Daiber (Bernau am Chiemsee), Heike Faltermeier (Bruck i. d. Oberpfalz) und Carmen Pepiuk (Trabitz), die über ihren Weg ins Rathaus berichteten und Impulse für die kommenden Kommunalwahlen gaben. Ergänzend informierten die stellvertretende Generalsekretärin der CSU, Tanja Schorer-Dremel (MdL), sowie die Landesvorsitzende der Frauen Union und Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales, Ulrike Scharf (MdL), über Frauenförderung in der CSU.

Großes Engagement investieren die KPV-Frauenbeauftragte Altbürgermeisterin Christine Borst und die Landesvorsitzende der Frauen-Union, Staatsministerin Ulrike Scharf, in ihren Plan, den Frauenantreil auf allen Ebenen in der Politik zu stärken. Bild: Sebastian Franz
Großes Engagement investieren die KPV-Frauenbeauftragte Altbürgermeisterin Christine Borst und die Landesvorsitzende der Frauen-Union, Staatsministerin Ulrike Scharf, in ihren Plan, den Frauenantreil auf allen Ebenen in der Politik zu stärken. Bild: Sebastian Franz

Hartnäckige Unterrepräsentanz

Dass Frauen in der bayerischen Kommunalpolitik nach wie vor unterrepräsentiert sind, zeigen die harten Fakten: Beim Vergleich des Frauenanteils in den Landesparlamenten liegt Bayern mit 26,8 Prozent auf dem letzten Platz. Von insgesamt 238 Bürgermeisterinnen im Freistaat gehören 79 der CSU an. Unter den 29 Oberbürgermeistern großer Kreisstädte gibt es gerade einmal drei Rathauschefinnen, darunter eine von der CSU. Genauso verhält es sich bei den Oberhäuptern der 25 kreisfreien Städte in Bayern. Und auch von den 71 Landräten in Bayern sind lediglich sieben weiblich, davon 3 CSU-Mitglieder.

Generelle Familienunfreundlichkeit

Als Gründe für die hartnäckige Unterrepräsentanz wurden der enorme Zeitaufwand und die generelle Familienunfreundlichkeit ehrenamtlicher politischer Arbeit genannt. Da Frauen nach wie vor deutlich mehr Zeit für Haushalt und Familie als Männer aufwendeten, seien Ressourcen für Netzwerkarbeit oft weniger vorhanden. Hinzu kämen kulturell männlich geprägte Parteikulturen, die nicht selten eine offene und subtile Form der Abwertung bis hin zur sexuellen Belästigung bedingten, zudem männlich dominierte Netzwerke, in denen Frauen nicht ernst genommen und auf ihr Äußeres reduziert werden.

Oftmals Verlegenheitskandidatinnen

Oftmals, so hieß es in der Diskussionsrunde, seien Frauen zunächst „Verlegenheitskandidatinnen“, letztlich aber „Überraschungssiegerinnen“. Hatte bei Kandidatur oder Wahl die Hälfte der Frauen mit Schwierigkeiten oder Widerständen zu kämpfen, waren es bei den Männern lediglich ein Drittel. Auch die schwindende Attraktivität des Bürgermeisteramtes spiele in punkto fehlendes Engagement eine Rolle. Während in früheren Zeiten den Honoratioren Bürgermeister, Pfarrer und Arzt mit Achtung und Respekt begegnet wurde, seien gerade erstere heutzutage „Dienstleister und Fußabtreter“. Außerdem stünden familienunfreundliche Arbeitszeiten, eine fehlende Absicherung bei einer möglichen Abwahl und die schwierige Rückkehr in die Wirtschaft oftmals einem politischen Amt im Weg.

Auf die Frage, was die KPV in ihrem Zuständigkeitsbereich tun kann, wurde zunächst der Ruf nach Förderung und Unterstützung von Amtsinhaberinnen laut. Es gelte, die Ortsverbände bei der Aufstellung geeigneter Frauen zu unterstützen. Grundsätzlich müssten die Rahmenbedingungen des Amtes für Männer und Frauen auf den Prüfstand. Die Attraktivität des Amtes müsse gesteigert werden, um letztlich auch eine deutliche Erhöhung des Frauenanteils in den Rathäusern zu erreichen.

Ansprache, Gewinnung und Bindung (Vernetzung der Neumitglieder, Sichtbarkeit von weiblichen Vorbildern erhöhen, Vernetzung von Frauenorganisationen vor Ort, aktive Willkommens- und Anerkennungskultur, Ausbau des Mentoringprogramms der Frauen Union) wurden ebenso hervorgehoben wie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Hier sei die Einhaltung klarer Regeln bei den Sitzungszeiten ebenso zu beachten wie die flexible Gestaltung der Sitzungstermine, und die gezielte Nutzung digitaler Formate. Überdies müsse das Augenmerk sowohl auf der Schaffung von Betreuungsangeboten als auch verbesserten Regelungen zu Mutterschutz und Elternzeit liegen.

Coaching-Angebote

Neben Coaching-Angeboten für Orts- und Kreisverbände wurden auch Leitlinien und verbindliche Gleichstellungspläne genannt. Männer mit ins Boot zu holen, sei aufgrund der weiblichen und männlichen Sicht auf die Dinge unverzichtbar, hieß es. Darüber hinaus seien Nachwuchsgewinnung und -förderung durch direkte und persönliche Ansprache gerade in Ehrenämtern und vorpolitischen Organisationen wie etwa Verwaltungshochschulen in den Blick zu nehmen. Mentoringprogramme täten ihr übriges.

Wichtig ist es nach Auffassung der Kongressteilnehmerinnen, den Amtsinhaberinnen „ein Gesicht zu geben“ und damit deren Vorbildfunktion hervorzuheben. Jährliche Kongresse der amtierenden Kommunalpolitikerinnen, der Aufbau eines Unterstützungsnetzwerks, Workshops wie „Strategien zur Wiederwahl“, die Entwicklung einer Anerkennungskultur sowie schließlich auch Kampagnen zur Gewinnung von Kandidatinnen seien erste Ideen für Maßnahmen auf dem Weg zu erfolgreichen Kommunalwahlen 2026.

„Als KPV werden wir uns in Zukunft verstärkt für die Förderung von Frauen in der bayerischen Kommunalpolitik einsetzen“, machte KPV-Landesvorsitzender Landrat Stefan Rößle abschließend deutlich. „Der erfolgreiche Kongress war der Startschuss unserer KPV-Initiative, um die Strukturen und Netzwerke für Frauen in der bayerischen Kommunalpolitik zu stärken und dies federführend durch erfolgreiche und erfahrene Frauen sowie Männern aus der KPV zu begleiten.“

„ARGE Frauen führen Kommunen“: Kritik an Kommunalrechtsnovelle

Im Nachgang zum KPV-Kongress am Weltfrauentag wurde parteiübergreifend u.a. die aktuelle Novelle des Kommunalrechts aufgegriffen. Wenn es das gemeinsame Ziel ist, die Zahl der Frauen im Bürgermeisteramt ab 2026 signifikant zu steigern, müssen aus Sicht der „ARGE Frauen führen Kommunen“ entscheidende Rahmenbedingungen in der Novelle angepasst werden.

In einem Brief an den Präsidenten des Bayerischen Gemeindetags Dr. Uwe Brandl heißt es: „Wir begrüßen grundsätzlich… die gemeinsamen Vorschläge, durch Verbesserungen am Kommunalrecht künftig mehr Frauen und Männer für das Amt des Bürgermeisters/der Bürgermeisterin zu gewinnen. In den bisher uns bekannten Vorschlägen wurde allerdings die besondere Situation der Bürgermeisterinnen – insbesondere der Kolleginnen, die ehrenamtlich tätig sind – nicht ausreichend berücksichtigt.“ Allein das Hochsetzen der Altersgrenze oder die Anpassung der Bezüge der Bezirkstagspräsidenten machten noch keine Novelle und spiegelten keinesfalls das wider, was vor Ort tatsächlich die Themen sind.

Folgende Themen sollten bei einer Modernisierung des Kommunalwahlrechts überdacht werden:

1. Hauptamt/Ehrenamt: Dieses Amt sollte nach Auffassung der ARGE grundsätzlich immer hauptamtlich und entsprechend finanziell honoriert sein. „Es ist ein Schritt in die richtige Richtung, die Grenze für die Ehrenamtlichkeit von 5.000 auf 2.500 Einwohner herabzusetzen. Das ist aber nicht ausreichend. Warum zählt weder die Zahl der zu betreuenden Ortsteile noch die steigende Flut an Aufgaben?“

2. Neue Regelung der Aufwandsentschädigung: Die Fortführung der Aufwandsentschädigung, über die im Gemeinderat entschieden wird, wird abgelehnt. Oftmals kommen hier objektive Kriterien, wie sie im normalen Arbeitsleben für alle Arbeitnehmer gelten, nicht zum Tragen. Das motiviert hoch qualifizierte Frauen und Männer nicht, sich dem auszusetzen. Für die Vertreter der anderen politischen Ebenen, z. B. Landtag oder Bundestag – wo der Frauenanteil wesentlich höher ist – gelten solche Einschränkungen im Übrigen nicht.

3. Familienfreundlichkeit: Ein Zuschuss zur Kinderbetreuung ist keine ausreichende Maßnahme, um die Mütter im Amt zu unterstützen. Es ist absolut unzureichend, dass die Thematik Mutterschutz und Aufwandsentschädigung nicht berücksichtigt wurde. „Bürgermeisterinnen müssen bei Schwangerschaften beim Gemeinderat beantragen, dass sie die Entschädigung zumindest bis Ende des Mutterschutzes gezahlt bekommen. Das ist nichts anderes als entwürdigend.“

4. Absicherung: Für alle Bürgermeister, die nicht Beamte oder Angestellte im Öffentlichen Dienst sind, ist nach sechs Jahren keine finanzielle Absicherung vorhanden und die schwierige Rückkehr in den Beruf war und bleibt ein Thema. „Dafür brauchen wir eine tragfähige Lösung und wir regen daher die Einsetzung einer Arbeitsgruppe/Kommission an, in der die Bürgermeisterinnen ausreichend berücksichtigt sind, um hier Vorschläge zu erarbeiten. Für uns ist das ein entscheidender Faktor, um mehr Frauen für die Kommunalpolitik zu gewinnen.“

DK

 

Dieser Artikel hat Ihnen weitergeholfen?
Bedenken Sie nur, welche Informationsfülle ein Abo der Bayerischen GemeindeZeitung Ihnen liefern würde!
Hier geht’s zum Abo!

 

GemeindeZeitung

Kommunalverbände

AppStore

TwitterfacebookinstagramYouTube

Google Play

© Bayerische GemeindeZeitung