Kommunalverbändezurück

(GZ-8-2023)
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► VKU-Verbandstagung in Berlin:

 

10-Punkte-Plan für ein stärkeres Land in der Zeitenwende

 

Im Rahmen seiner diesjährigen Verbandstagung in Berlin hat der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) einen 10-Punkte-Plan vorgelegt. „Zentral ist, dass Politik nun relevante Weichen für die weiteren Investitionen in die Energie- und Wärmewende, in Glasfasernetze und klimarobuste Wasserinfrastrukturen schnell stellt”, unterstrichen VKU-Präsident Dr. Ulf Kämpfer und VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing. Von leistungsfähigen und klimarobusten Infrastrukturen würde auch der deutsche Wirtschaftsstandort nachhaltig profitieren, dessen Wettbewerbsfähigkeit zunehmend unter Druck gerät.

Das Ziel ist laut VKU klar: noch unabhängiger von fossilen Energie(-Importen) werden, die Ver- und Entsorgung sichern und klimaneutral werden. Zugleich bleiben die Herausforderungen des Klimawandels, der Digitalisierung und Demografie, an die sich kommunale Unternehmen anpassen müssen. Daseinsvorsorge muss immer und überall bezahlbar bleiben. Das stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt und es stärkt den Wirtschaftsstandort, dessen Wettbewerbsfähigkeit unter Druck steht. „Politik sollte dafür rasch Weichen stellen, denn wir brauchen Monate des Machens“:

1. Energiekrise: Krisenmanagement korrigieren, vorsorglichen Schutzschirm für Stadtwerke aufspannen. Um Stadtwerken auch in der Krise eine Beschaffung für ihre Kunden zu stabilen Preisen zu ermöglichen, muss Politik das 100 Mrd.-Margining-Programm für den Börsenhandel um Bürgschaften ergänzen, auf Phasen sinkender Preise erweitern und den außerbörslichen Terminhandel einbeziehen. Das wäre ein zentraler Bestandteil eines Schutzschirms für Stadtwerke. Die Preisbremsen erfordern ein technisches Reparaturgesetz mit klaren Umsetzungsregeln, der Auflösung von Widersprüchen und der Klärung beihilferechtlicher Auslegungsfragen. Außerdem muss die Erlösabschöpfung am 30. Juni dieses Jahres enden. Eine drohende Verlängerung schwächt dramatisch die Bereitschaft, in den Ausbau der erneuerbaren Energien zu investieren.

2. Energiewende beschleunigen und absichern. Für eine erfolgreiche Energiewende wird eine extreme Beschleunigung des EE-Ausbaus mit weiteren Erleichterungen im Genehmigungsrecht, mehr Personal in den zuständigen Behörden und der Digitalisierung von Verfahren benötigt. Hinzu tritt eine Reform des Strommarktdesigns, um die Versorgungssicherheit in einem klimaneutralen Stromsystem zu sichern. Eine marktliche Bepreisung von Kapazitäten schafft dauerhaft Anreize, gesicherte Leistung vorzuhalten. Zugleich muss Politik eine Kraftwerksstrategie schnell umsetzen und Fakten schaffen, die den Zubau regelbarer Kapazitäten im Wettbewerb jetzt anreizen und einen angemessenen Förderrahmen für H2-ready-Gaskraftwerken per KWKG-Reform bieten. Investitionsanreize werden auch gebraucht, um den Netzausbau zu forcieren - hier ist in punkto Anreizregulierung die Bundesnetzagentur gefordert. 

3. Wärmewende forcieren, aber praxisgerecht. Das Bundesgesetz zur kommunalen Wärmeplanung muss schnellstens kommen, flankiert durch eine Harmonisierung mit dem Bau- und Fachordnungsrecht sowie bestehenden Förderprogrammen. Bei der Gebäudeenergiegesetz-Novelle dürfen klimaneutrale Gase und hybride Technologien in der dezentralen Wärmeversorgung nicht ausgeschlossen werden. Es braucht Technologieoffenheit und für die Transformation der Gasnetze einen tragfähigen Regulierungsrahmen. 

4. Wasserstoff: Bundesregierung muss klare Kante in Brüssel zeigen. Für den Wasserstoffhochlauf wird in zwei Streitfragen die Unterstützung der Bundesregierung auf EU-Ebene benötigt. Erstens denkt die EU-Kommission an, die Gas- und Wasserstoffnetze streng zu trennen. Damit würden unnötige bürokratische Hürden errichtet und effizienter Netzbetrieb verhindert. Besser wäre, die schon bei Strom- und Gasnetzen bewährte Unterscheidung zwischen Fernleitungsbetreibern und Verteilnetzbetreibern zu erhalten. Die Möglichkeit des gemeinsamen Betriebs von Wasserstoff- und Gasnetzen muss gesichert werden. Zweitens muss bei der Wasserstofferzeugung der Grundsatz gelten: Jedes Molekül Wasserstoff zählt. So legt die EU-Kommission zwar erstmals klare Kriterien für grünen Wasserstoff vor, mit denen Stadtwerke ihre Planungen und Investitionen sowohl für den Aufbau eigener Erzeugungskapazitäten als auch für Anwendung von Wasserstoff vorantreiben könnten. Allerdings bleibt Wasserstoff, der bei der Abwasserentsorgung oder bei der Verbrennung von nicht-recycelbarem Abfall in Müllheizkraftwerken gewonnen wird, außen vor.
 
5. Chancen der Digitalisierung sektorenübergreifend nutzen. Der flächendeckende Rollout von Smart Metern kann den Netzbetreibern helfen, Wärmepumpen, Elektrofahrzeuge oder PV-Anlagen besser zu steuern, also sektorenübergreifende Strategien für Klimaneutralität umzusetzen. Das Gesetz zum Neustart der Energiewende geht an vieles pragmatisch heran, allerdings sind die ambitionierten Zeitziele und offenen Fragen der Refinanzierung nach wie vor Baustellen. Die Elektrifizierung des Verkehrssektors bleibt eine Herausforderung. Die Bundesnetzagentur muss für die überfällige Umsetzung des § 14a EnWG zu steuerbaren Verbrauchseinrichtungen den notwendigen Rahmen schaffen, damit die Netzstabilität bei immer mehr Elektroautos und anderen neuen Anlagen gesichert werden kann. 

6. Schnelles Internet: Glasfaserausbau entschlossen vorantreiben. Um beim Glasfaserausbau für schnelles Internet voranzukommen, ist zeitnah ein Ende der Mitverlegungspflicht vonnöten. Dafür sind mehr Kooperationen, Open Access und klare Regeln für den Einstieg in Glasfaser und den Ausstieg aus Kupfer erforderlich. 

7. Fracking ist keine Lösung für Versorgungssicherheit. Fracking würde keinen entscheidenden und notwendigen Beitrag zur Energieversorgung leisten. Zudem bestehen Gefahren für die Sicherheit der Wasserversorgung. Schlimmstenfalls könnte der Trend zu klimaneutralen Lösungen und grünem Wasserstoff erlahmen.  

8. Wasser: Die blaue Ressource ist Standortfaktor, schützen wir sie. Damit die öffentliche Wasserversorgung und Abwasserentsorgung auch in 30 Jahren noch selbstverständlich rund um die Uhr in jedem Ort in Deutschland in hoher Qualität und bezahlbar zur Verfügung gestellt werden können, bedarf es schon heute großer Anstrengungen und erheblicher politischer Unterstützung. Um überall auf ausreichende Ressourcen für die Trinkwasserversorger zugreifen zu können, müssen diese vor Verunreinigungen geschützt und dem Wasserversorger die notwendigen Mengen - im Knappheitsfall auch vor anderen Nutzungsinteressenten - zugesichert werden. Ein reduziertes Dargebot für die öffentliche Wasserversorgung beschränkt die Entwicklung in den Städten und Gemeinden. Geboten ist eine erweiterte Herstellerverantwortung, die Gewässerverunreinigungen auch ordnungsrechtlich beschränkt und die Kosten für den notwendigen Ausbau und Betrieb von Kläranlagen dem Verursacher anlastet. 

9. Finanzierung der Wassernetze sichern. Die Anpassung der Infrastruktur an die Anforderungen durch den Klimawandel können nicht allein vom Gebührenzahler gestemmt werden. Förderung ist genauso notwendig wie die Beschleunigung von Planung und Genehmigung wesentlicher Infrastrukturvorhaben. Das neue Deutschlandtempo sollte auch bei den Wassernetzen greifen.

10. Für saubere Städte und besseres Recycling. Orangene Ressource besser nutzen. Ziel muss sein, die Umwelt zu schützen, insbesondere die Gewässer vor Kunststoffeinträgen. Ein wesentlicher Beitrag hierfür ist, dass Abfälle auch im öffentlichen Raum effizient gesammelt und sortiert werden. Ein Meilenstein der Bundesregierung ist daher der Start des Einwegkunststofffonds mit rund 430 Millionen Euro. Erstmals werden die Hersteller von Einwegkunststoffen an den Kosten der kommunalen Stadtreinigung beteiligt. Einziger Wermutstropfen: Nicht-Einwegkunststoffe sind noch außen vor. Perspektivisch soll der Fonds zu einem Anti-Littering-Fonds weiterentwickelt werden.

DK

 

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