Kommunalverbändezurück

(GZ-11-2023)
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► Präsidiumssitzung des Deutschen Landkreistags:

 

Offene Fragen im Gepäck

 

Im Rahmen seiner Präsidiumssitzung im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte hat der Deutsche Landkreistag den Bund dazu aufgerufen, unverzüglich ein klar strukturiertes Konzept zum Umgang mit der Flüchtlingsfrage vorzulegen. Wie Verbandspräsident Landrat Reinhard Sager darlegte, „wiederholen wir seit vielen Monaten gebetsmühlenartig immer wieder dasselbe. Leider ist ein Durchbruch bisher nicht gelungen. Das schürt das Unverständnis der Menschen vor Ort. Die Zuwanderung nach Deutschland muss deutlich stärker gesteuert und für die Kommunen ausfinanziert werden, damit sie in der Gesellschaft überhaupt weiter akzeptiert wird.“

Darauf habe der Flüchtlingsgipfel von Bund und Ländern erneut keine befriedigende Antwort gegeben, so Sager: „Weiterhin fehlt den Kommunen eine Perspektive, was eine absehbare Begrenzung der Flüchtlingszahlen anbelangt. Eindeutige politische Festlegungen etwa zur sofortigen Beendigung freiwilliger Aufnahmeprogramme, zur Erweiterung der Liste sicherer Herkunftsstaaten um Algerien, Marokko und Tunesien oder zum richtigen Vorschlag der Bundesinnenministerin, den Schutzstatus von Geflüchteten bereits an den EU-Außengrenze zu prüfen und in Deutschland selbst auch aus Ankunftseinrichtungen heraus Rückführungen vorzunehmen, sucht man im Beschluss vergebens.“

Weiter drängend seien die Finanzfragen, die den Kern der Beratungen des Bundeskanzlers mit den Ministerpräsidenten ausgemacht hätten: „Leider ist es auch da nicht entscheidend vorangegangen. Die 1 Mrd. Euro mehr vom Bund an die Länder sind nicht Fisch und nicht Fleisch. Vor allem bei unserer finanziellen Kernforderung einer kompletten Übernahme der Unterkunftskosten für anerkannte Flüchtlinge ab 2022 durch den Bund sind wir bislang im Ergebnis kein Stück weitergekommen.“

Dauerthema Flüchtlinge

Zwar ist die Flüchtlingsfrage Sager zufolge ein langfristiges Thema, jedoch werde durch vertagte Beschlüsse und die Aneinanderreihung von Gipfel an Gipfel daraus ein Stück weit auch ein politisches Dauerthema gemacht. „Wir wissen, dass Bestrebungen zur Begrenzung irregulärer Zuwanderung auf EU-Ebene mühsam und zeitaufwändig sind.

Umso entschlossener sollte sich aber die deutsche Politik über allen Ebenen hinweg aufstellen und klar machen, dass es mit derart hohen Flüchtlingszahlen so nicht weitergehen kann.“ Zudem sprach sich das Präsidium für eine europaweite Harmonisierung von Integrations- und Sozialleistungen aus, die gemessen an den Lebens- und Sozialstandards der jeweiligen Mitgliedsstaaten gleichwertig sein sollten. Das hohe Niveau sozialer Leistungen mache Deutschland als Zielland für Flüchtlinge besonders attraktiv und fördere eine ungleichmäßige Verteilung von Flüchtlingen innerhalb der Europäischen Union.

Nach wie vor mit großer Skepsis betrachtet der DLT die geplante Kindergrundsicherung. Laut Präsident Sager will die Bundesregierung hierfür viele Milliarden Euro aufbringen, obwohl es mit dem Bürgergeld bereits eine Grundsicherung für Kinder gibt und neue Schnittstellen, Doppelstrukturen sowie Intransparenz drohen. „Jedenfalls sollte das Projekt darauf ausgerichtet werden, bürokratische Hürden für Familien abzubauen.“

Nach den Überlegungen des Bundesfamilienministeriums würde es nämlich für die Familien komplizierter werden, wenn zusätzliche Behördengänge notwendig würden, um bedürftige Kinder umfassend finanziell abzusichern. Nach Sagers Ausführungen dürfe es gerade nicht dazu kommen, dass es Familien mit zusätzlichen Behörden zu tun bekommen:
„Die Menschen verzweifeln mitunter schon heute an der Komplexität und den bürokratischen Gegebenheiten unseres gut ausgebauten Sozialstaats.

„Wenn also der Bund nach wie vor an dem Projekt festhalten und zusätzliche Finanzmittel bereitstellen will, könnte er das Bürgergeld für bedürftige Kinder anheben und die Inanspruchnahme des Kinderzuschlages besser als bisher bewerben.“ Das sei sehr viel einfacher, transparenter und schneller umzusetzen als ein großer Umbau der Sozialleistungen für Kinder mit vielen Risiken und Nebenwirkungen, hob Sager hervor. Mit Blick auf den Öffentlichen Gesundheitsdienst hat das DLT-Präsidium die Länder aufgefordert, ihre Zusagen einzuhalten.

Nach Sagers Worten „lösen Neueinstellungen von Ärzten und weiterem Personal in den Gesundheitsämtern Dauerkosten aus, für die die Landkreise die erforderlichen Finanzmittel benötigen. Daher haben sich die Länder 2020 verpflichtet, die kommunalen Mehrausgaben unabhängig von einer Beteiligung des Bundes vollständig und dauerhaft auszugleichen. Daran wollen wir die Länder erinnern, denn der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages hat kürzlich auf Initiative der Bundesregierung beschlossen, dass die Mitfinanzierung des Paktes im Jahr 2026 enden soll.“

Stichwort Krankenhausreform: Aus Sicht des DLT müssen die berechtigten Belange der ländlichen Räume ausreichend berücksichtigt werden. Qualitativ hochwertige medizinische Angebote müssten auch außerhalb der Ballungsräume gesichert und für die Menschen erreichbar vorgehalten werden. Einer der Reformeffekte dürfe jedenfalls nicht sein, dass viele Standorte in ihrer Existenz bedroht wären. Größere und stärker spezialisierte Krankenhäuser seien nicht per se zu kritisieren, erläuterte Sager. „Aber das ist die Aufgabe der Krankenhausplanung der Länder und keine Verantwortlichkeit des Bundes.“

Die Krankenhausstruktur weise darüber hinaus enge Bezüge zur ebenfalls geplanten Reform der Notfallversorgung auf. „Die Landkreise stellen fest, dass nach den Vorstellungen der Reformkommission auf direkte Eingriffe in den Rettungsdienst der Landkreise verzichtet werden soll. Das ist positiv. Es muss aber sichergestellt werden, dass im Zusammenspiel beider Reformen weiterhin genug Krankenhäuser in der Fläche in zumutbarer Entfernung vorhanden sind, die Notfallpatienten behandeln können“, so Sager.

Auch beklagte er zum wiederholten Mal, dass sich immer mehr Patienten an Rettungsdienst und Notaufnahmen der Krankenhäuser wenden. Hier wäre eine gemeinsame oder zumindest digital verbundene Notfallleitstelle für die Rufnummern 112 und 116 117 hilfreich.

DK

 

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