Mittlerweile engagieren sich über 1.000 Kommunen entwicklungspolitisch, Tendenz steigend. Gerade vor dem Hintergrund zunehmender nationalistischer und populistischer Bedrohungen ist die kommunale Entwicklungspolitik als probates Mittel für die Stärkung von Multilateralismus und Offenheit sowie deren lokaler Verankerung zu sehen.
Fairer Handel und faire Beschaffung
Aus Sicht des Deutschen Städte- und Gemeindebunds ist der faire Handel nicht nur ein wirkungsvolles entwicklungspolitisches Instrument, sondern fördert zugleich durch eine stärkere Sensibilisierung der Problematik das Gemeinwesen vor Ort. Als größter öffentlicher Auftraggeber können die Kommunen durch fairen Handel und faire Beschaffung einen wichtigen Beitrag zur Förderung nachhaltiger Anbau- und Produktionsverfahren sowie der Einhaltung sozialer Mindeststandards leisten. Zahlreiche deutsche Kommunen haben sich bereits auf den Weg gemacht, ihre Beschaffung nachhaltig und fair auszurichten. Dabei stoßen sie und ihre Beschaffungsämter jedoch auf signifikante Herausforderungen.
Zum einen wird die Identifizierung fairer und nachhaltiger Produkte durch die große Vielfalt und die zum Teil sehr unterschiedliche Qualität verschiedener Siegel erschwert. Zum anderen befindet sich der Markt für nachhaltige und faire Produkte noch im Wachstum, so dass der Bedarf der kommunalen Beschaffung nicht durch das Angebot am Markt allein gedeckt werden könnte. Neben der Wahrung kommunaler Entscheidungsautonomie ist auch dies ein Grund, weshalb von einer Verpflichtung der Kommunen zu einer rein fairen bzw. nachhaltigen Beschaffung, zumindest auf absehbare Zeit, abzusehen ist. Vielmehr gilt es laut DStGB zunächst, eine weitere Vereinheitlichung und Vergleichbarkeit der Siegel für Nachhaltigkeit und fairen Handel zu erreichen. Mobilisierungs- und Unterstützungsprogramme für faire und nachhaltige Beschaffung in den Kommunen sind gleichwohl fortzuführen und zu intensivieren.
1.000 Schulen für unsere Welt
„Bildung ist die Schlüsselressource für wirtschaftliche und soziale Prosperität. In vielen Ländern des Globalen Südens sind die Schulgebäude jedoch in einem sehr schlechten Zustand bzw. gar nicht existent“, heißt es weiter. Genau hier setzt die 2018 von den kommunalen Spitzenverbänden ins Leben gerufene Gemeinschaftsinitiative „1.000 Schulen für unsere Welt“ an. Durch die breite Unterstützung in den Kommunen vor Ort wurden weltweit bereits über 200 Schulbauprojekte in 29 Ländern angestoßen und rund 7 Mio. Euro an privaten Spendengeldern für den Schulbau mobilisiert.
Kommunale Partnerschaften
Wie wichtig kommunale Partnerschaften sind und im Umkehrschluss wie falsch die politische und finanzielle Vernachlässigung solcher Partnerschaften durch den Bund und die Europäische Union in der Vergangenheit waren, haben nach Auffassung des Kommunalverbandes eindrücklich die Corona-Pandemie und der russische Angriffskrieg auf die Ukraine gezeigt. Zielgenaue Solidaritätsaktionen liefen genau dort am schnellsten an, wo bereits auf kommunale Partnerschaftsbeziehungen und damit ein breites Netzwerk an Akteuren vor Ort zurückgegriffen werden konnte. Hier brauche es ein Umdenken und wieder eine stärkere Förderung und Würdigung solcher Partnerschaften.
Positiv hervorzuheben sei, wie schnell es gelang, über den Kleinprojektefonds der „Servicestelle Kommunen in der Einen Welt“ (SKEW) neue Kommunalpartnerschaften zwischen ukrainischen und deutschen Kommunen zu fördern. In einem nächsten Schritt gelte es, Förderinstrumente zu schaffen, die eine langfristige Partnerschaftsarbeit fördern und würdigen. Dies gelte explizit nicht nur für deutsch-ukrainische Kommunalpartnerschaften, sondern grundsätzlich für die gesamte kommunale Partnerschaftsarbeit.
„Dass von Solidaritätspartnerschaften zwischen Kommunen abgesehen der Trend zunächst in Richtung konkreter Projektpartnerschaften geht, ist nachvollziehbar und auch nicht falsch“, so der DStGB. „Es ist sinnvoll, wenn Kommunen zunächst zu einem bestimmten Thema (Klima, Energie, Urbanisierung etc.) eng zusammenarbeiten und sich vertiefend kennenlernen. Auf die dann bestehenden Verbindungen sollte jedoch aufgebaut und perspektivisch, sofern bisherige Erfahrungen positiv waren, eine ‚echte‘ Kommunalpartnerschaft angestrebt werden.“
Eine freiwillige Aufgabe
Die kommunale Entwicklungspolitik sei eine freiwillige Aufgabe der Kommunen. Gleichwohl seien die finanziellen und personellen Spielräume der Kommunen äußerst begrenzt, so dass mit der Freiwilligkeit auch ein besonderer Bedarf an externer Finanzierung einhergeht. „Hier ist an erster Stelle der Bund gefragt, der mit der an Engagement Global angedockten SKEW die Kommunen umfassend berät sowie eine Vielzahl an Förderprogrammen auflegt“, betont der Städte- und Gemeindebund.
Wie bei anderen Förderprogrammen auch, sei vor allem für kleinere Kommunen der administrative Aufwand für die Beantragung von Fördermitteln und in der Folge die Berichterstattung über die Verwendung der Mittel spürbar zu aufwändig. Um noch mehr Kommunen für ein Engagement in der Entwicklungspolitik zu begeistern, müsse daher die Förderung weiter entbürokratisiert werden. Eine vollständige Digitalisierung des Antragsprozesses sowie eine KI-unterstützte Begleitung bzw. automatische Vorausfüllung könnten hier einen wichtigen Beitrag leisten.
Hervorzuhebende Programme mit einer großen Breitenwirkung sind laut DStGB die Förderung einer Personalstelle zur Koordination und Umsetzung entwicklungspolitischen Engagements in Kommunen (sog. KEpol) sowie der Kleinprojektefonds. Beide sind fortzuführen. Zu prüfen ist, inwieweit eine (mehrmalige) Folgeförderung sinnvoll sein kann.
Kommunale Selbstverwaltung weltweit stärken
Mit Blick auf die begrenzten Kapazitäten kleinerer Gemeinden, sowohl finanziell wie vor allem auch personell, könne die Durchführung eines gemeinsamen entwicklungspolitischen Projekts durch mehrere Gemeinden zielführend sein. Auch eine stärkere administrative und organisatorische Unterstützung durch den jeweiligen Landkreis könne einen gangbaren Weg darstellen.
In Deutschland genießen die Kommunen ein umfangreiches Selbstverwaltungsrecht. Diese Zuständigkeit und Selbstverantwortung ist in Deutschland ein Garant für Stabilität. Zudem ist sie ein Exportschlager der kommunalen Entwicklungszusammenarbeit. Eine wachsende Zahl der Länder des Globalen Südens öffnen ihre zentralistisch orientierten Systeme und sprechen den Kommunen zunehmend mehr Aufgaben und Pflichten zu. Damit die internationale kommunale Zusammenarbeit weiterhin auf fruchtbaren Boden fällt, gilt es nach Meinung des Kommunalverbands, den Trend zur kommunalen Selbstverwaltung weltweit zu stärken.
In diesem Zusammenhang sei es „unweigerlich als äußerst zielführend anzusehen, wenn Kommunalvertreter künftig zumindest bei größeren Ministerreisen des BMZ und des Auswärtigen Amtes Bestandteil der Delegation sind. Dass dies häufig nur ein Privileg für Nichtregierungsorganisationen und Unternehmen ist, ist wenig nachvollziehbar.“
Damit sich mehr Kommunen für ein Engagement in der Entwicklungspolitik entscheiden, fordert der DStGB weitere niedrigschwellige Angebote und Formate. Positiv hervorzuheben seien hier die vom BMZ ernannten ehrenamtlichen Botschafter für kommunale Entwicklungspolitik. Sie zeichneten sich unter anderem durch eine umfangreiche Expertise zur Agenda 2030 sowie praktische Erfahrung bei der Implementierung kommunaler Entwicklungspolitik in der eigenen Kommunalverwaltung und Zivilgesellschaft aus.
Zum einen würdige das BMZ so die bisherige entwicklungspolitische Arbeit der Botschafter und zum anderen könnten diese zugleich dazu beitragen, noch mehr Kommunen für die Entwicklungspolitik zu sensibilisieren und zu motivieren. Eine weitere Möglichkeit zur stärkeren Würdigung entwicklungspolitisch engagierter Kommunen wäre die Einführung eines „Tages der kommunalen Entwicklungspolitik“ ähnlich zu den bekannten Gedenktagen der Vereinten Nationen. Dieser Tag würde laut DStGB ganz im Zeichen des großen kommunalen Engagements in der Welt stehen und einen wichtigen Beitrag zu einer weiteren Sensibilisierung der Bevölkerung und der Kommunen in Bezug auf die kommunale Entwicklungspolitik leisten.
DK
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