Die bayerischen Kraftwerke der allgemeinen Versorgung erzeugen immer weniger Strom. Wurden 2012 noch insgesamt rund 67 TWh erzeugt, so ging die Strommenge auf 10-Jahres-Sicht um 53 Prozent auf nur noch knapp 32 TWh in 2022 zurück. „Dieser Wert wird sich für 2023 und 2024 noch weiter reduzieren, denn immerhin 11,6 TWh trug 2022 die Kernenergie bei, welche seit 16. April 2023 ja komplett weggefallen ist“, fasst Detlef Fischer, Hauptgeschäftsführer des Verbands der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft e.V. – VBEW, die aktuelle Lage auf der Stromerzeugungsseite zusammen.
„Zwar können die mittlerweile vielen Photovoltaik- und Windkraftanlagen einen Teil der weggefallenen Stromerzeugung in Bayern übernehmen, aber eben auch nur dann, wenn diese nicht wetter- und tageszeitbedingt eine Pause einlegen. Bayern bleibt an vielen Stunden im Jahr von Stromimporten aus anderen Bundesländern und aus dem Ausland abhängig, auch wenn zu manchen Zeiten viel Strom aus erneuerbaren Energien exportiert werden kann“, stellt Fischer fest.
Strommangellagen vermeiden
Es besteht in Bayern ein Mangel an jederzeit abrufbarer Kraftwerksleistung, um Engpässe in der Stromerzeugung ausgleichen zu können. Kohle- und Ölkraftwerke sind nur in geringer Zahl vorhanden, der Ausbau der Erdgas- und zukünftig Wasserstoff-Kraftwerke blieb bis jetzt weit hinter dem zurück, was notwendig wäre, um die Kernkraft zu kompensieren. Das Potenzial von Biomasse und Wasserkraft für die Stromerzeugung ist weitgehend bereits erschlossen, langfristige Stromspeicher stehen praktisch gar nicht zur Verfügung. In einer längeren Dunkelflaute bleibt Bayern auf lange Sicht in erheblichem Umfang auf Importe angewiesen, um Strommangellagen zu vermeiden.
Leidvolle Erfahrung
Auf der Verbraucherseite deutet indes wenig auf einen Rückgang der Stromnachfrage aus dem öffentlichen Netz hin. Zwar liegen für den Stromverbrauch 2022 noch keine amtlichen statistischen Zahlen vor, bis 2020 ist dieser in den vergangenen Jahren aber durchweg konstant geblieben und bewegte sich im Bereich von 80 TWh pro Jahr. Für die nächsten Jahre werden ein anhaltender Bevölkerungszuwachs, die Elektrifizierung des Verkehrssektors durch Elektroautos sowie eine gesetzlich favorisierte Umstellung der Heizungen auf Wärmepumpen zu deutlich steigenden Stromverbräuchen aus dem Netz gerade in der Winterzeit führen. „Die auf vielen Häuserdächern montierten Photovoltaikanlagen haben dann, wenn es darauf ankommt, kaum einen Nutzen“, berichtet Fischer aus eigener leidvoller Erfahrung.
„Besonders die geplante große Zahl an Wärmepumpen erfordert das Vorhandensein von Kraftwerkskapazitäten, denn diese brauchen besonders im Winter Strom in beträchtlicher Menge. Wärmepumpen über längere Zeit herunterzuregeln kann nur eine Not- und keine Dauerlösung sein, sonst schwindet die Akzeptanz in der Bevölkerung für diese moderne Technik, wenn plötzlich im kalten Winter nicht mehr ausreichend geheizt werden kann“, warnt Fischer.
FfE-Studie
Der VBEW hat von der Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE) in einer Studie untersuchen lassen, wie Bayern bis 2040 klimaneutral werden kann (www.bayernplan-energie.ffe.de). In allen Szenarien ist es neben Stromimporten notwendig, die wegfallenden fossilen und atomaren Erzeugungskapazitäten durch Wasserstoff- und Biomassekraftwerke sowie deut-lich mehr Speicher zu ersetzen.
„Die Umsetzung der notwendigen Maßnahmen ist jedoch noch nicht so richtig ans Laufen gekommen und uns läuft die Zeit davon. Dass sich Bayern aktuell in die Abhängigkeit von Stromimporten begibt, ist zwar eine einfache, aber auch eine sehr riskante Strategie. Zum einen werden die Kosten für Importe zu Zeiten einer Dunkelflaute weiter steigen, zum anderen können wir auch nicht sicher davon ausgehen, dass in den Nachbarregionen und -ländern zu jeder Tages- und Nachtzeit genügend Kapazitäten vorhanden sind, um uns mitzuversorgen. Bayern benötigt schnell eine Wasserstoffinfrastruktur mit Leitungen und Kraftwerken, um der Bevölkerung und der Wirtschaft wieder eine leistungsfähige Energieversorgung bieten zu können. „Der politisch motivierte vorzeitige Ausstieg aus der friedlichen Kernkraftnutzung war insbesondere für Bayern ein Fehler, für dessen Korrektur es jetzt aber zu spät ist und der dem Wirtschaftsstandort Bayern an jedem Tag Schaden zuführt“, resümiert Fischer.
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