Als ehrenamtlicher Präsident des GVB begrüßte Wolfgang Altmüller zum letzten Mal die Gäste, ehe er die Amtsgeschäfte an seinen Nachfolger Dr. Gerhard Walther, Vorstandsvorsitzender der VR-Bank Mittelfranken Mitte, übergab. Altmüller, Vorstandsvorsitzender der ‚meine Volksbank Raiffeisenbank eG Rosenheim‘, hat sein Amt niedergelegt, da er den Verbandsratsvorsitz des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken in Berlin übernommen hat. Er bezeichnete die Genossenschaften als „lebendig, vielfältig, erfolgreich, sie bilden ein starkes Netzwerk für den Mittelstand in Bayern“. Die genossenschaftliche Unternehmensform sei nicht nur ein wirtschaftliches, sondern ein demokratisches Erfolgsmodell. „Die Mitglieder sind unsere Antriebskraft, sie sind unsere Basis und unsere Zukunft.“
Gerhard Walther, der nun auch den Vorsitz des GVB-Verbandsrats innehat, würdigte die Leistungen seines Vorgängers: „Du hast in Deiner Zeit als ehrenamtlicher Präsident die entscheidenden Weichen dafür gestellt, dass unser GVB heute absolut zukunftsfähig aufgestellt ist. Wir gelten in der genossenschaftlichen Familie des Verbunds, der Regionalverbände und auch beim Bundesverband BVR als anerkannter Partner und wertgeschätzter Mitstreiter, dessen Meinung gehört und dessen Wort zählt“, sagte der neue ehrenamtliche Präsident zu seinem Vorgänger. Durch seine gewinnende Amtsführung habe Altmüller gezeigt, dass er Menschen mitnehmen, aber auch entscheiden und handeln könne, wenn es darauf ankommt.
Faszinierende Idee
Walther selbst hat nach eigenen Angaben sein gesamtes Berufsleben von der Lehre an bei der VR-Bank Mittelfranken Mitte und ihren Rechtsvorgängerinnen verbracht. Er betrachtet sich als „Ärmelaufkrempler“, der Wege und Lösungen sucht. Von Anfang an habe ihn die Genossenschaftsidee fasziniert und begeistert, „weil es bei ihr darum geht, den Menschen wirtschaftlichen Nutzen zu bieten und ihre Potenziale für freies Unternehmertum zu entfalten“.
„Die Genossenschaftsidee passt einfach zu Bayern: stark verankert in der Heimat, 130 Jahre Tradition und die Zukunft fest im Blick“, stellte Ministerpräsident Dr. Markus Söder fest. Die Genossenschaftsidee sei nicht überkommen, sondern hochaktuell: „Wir leben in einer Zeit der ständigen Transformation, wo funktionierende Gesellschafts- und Wirtschaftsmodelle schnell über den Haufen geworfen werden, und wir erhalten aus Europa ständig Vorschläge, was wir alles neu machen müssen“, kritisierte Söder. Die Genossenschaftsidee biete in einer solchen Zeit Stabilität, weshalb alles dafür getan werden müsse, dieses Geschäftsmodell zu erhalten. Da es sich in der Finanzkrise bewährt habe, verstehe er nicht, warum im politischen Reformprozess nach der Krise versucht worden sei, dieses Modell wegzurationalisieren und den Geschäftsbanken unterzuordnen. Internationalität stehe nicht in Konkurrenz zu Regionalität. „Nur wer Regionalität und die ländlichen Räume ernst nimmt, erhält eine starke Wirtschaftsstruktur und einen starken Mittelstand“, bemerkte Söder. Er habe nichts dagegen, dass Deutschland große Firmen aus dem Ausland anlocke, aber gleichzeitig die Mittelstandsfinanzierung auszutrocknen, sei der falsche Ansatz.
Problem für die Demokratie
Der Ministerpräsident sprach sich außerdem dafür aus, die bewährten Einlagensicherungssysteme in Deutschland zu erhalten. Wenn die deutschen Sparer Angst um ihre Einlagen haben müssten, weil sich Banken in anderen europäischen Ländern verzockt haben, sei das auch ein Problem für die Demokratie, warnte Söder. Die deutschen Banken hätten in der Finanzkrise ihren Beitrag geleistet, einen Kollaps der Wirtschaft zu vermeiden. Es wäre ein Fehler, durch ein europäisches Haftungssystem „die Guten zu bestrafen“. An Brüssel gerichtet warnte Söder: „Finger weg von unseren Einlagen. Wir wollen unsere bewährten Sicherungssysteme behalten, gerade bei den Genossenschaftsbanken und den Sparkassen.“
Rückgrat des Mittelstands
Gregor Scheller, Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB), hob die wichtige Rolle der Genossenschaften in unsicheren Zeiten hervor: „Volks- und Raiffeisenbanken sind das finanzielle Rückgrat des bayerischen Mittelstands. Nahezu die Hälfte aller mittelständischen Unternehmen steht in Verbindung mit einer Volks- oder Raiffeisenbank. Jeder vierte Euro an Kapitalbedarf der mittelständischen Wirtschaft kommt von einer Volks- und Raiffeisenbank.“ Überdies verwies der Präsident auf Energiegenossenschaften, die die Energiewende vorantreiben und die Bürgerinnen und Bürger unmittelbar beteiligen. Er hob überdies das Engagement von Genossenschaften für den Erhalt und die Stärkung von Kultur und Gesellschaft hervor, wie beispielsweise Dorfläden, Brauereien und Winzergenossenschaften. Diese genossenschaftlichen Unternehmen brächten Menschen zusammen und trügen zur Gestaltung der Heimat bei, wodurch der ländliche Raum lebenswert und der regionale Kreislauf intakt blieben.
Scheller betonte, dass die Wirtschaft wie auch Genossenschaften einen angemessenen Rahmen benötigen, um ihre Kraft und identitätsstiftende Wirkung voll entfalten zu können. Er forderte mehr Freiheiten für Unternehmertum und Bürger sowie eine Regulatorik, die sich am tatsächlichen Risiko ausrichtet. Der Verband setzt sich für eine Politik der Eigenverantwortung sowie ein differenziertes Verbraucherbild ein, das den mündigen Verbraucher ins Zentrum stellt. Dazu gehört unter anderem auch ein Nebeneinander von Provisions- und Honorarberatung bei Finanzanlagen.
Stabilitätsfaktor
Von der Politik forderte der GVB-Chef außerdem ein klares Statement gegen ein europäisches Abwicklungssystem für Banken. Regionalbanken wie die Volks- und Raiffeisenbanken seien der Stabilitätsfaktor für die Finanzwirtschaft in Bayern. Als Mittelstandsfinanzierer bewegten sie auch die Realwirtschaft. So komme bei Mittelstandskrediten jeder vierte Euro von einer Volks- oder Raiffeisenbank. Für Mittelstand und Selbstständige in Bayern hätten die bayerischen Genossenschaftsbanken über 2.300 Kredite der LfA Förderbank Bayern zugesagt. Das sei nahezu die Hälfte aller im vergangenen Jahr zugesagten LfA-Förderkredite. Insgesamt hätten die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken 137 Milliarden Euro an Krediten vergeben, und sie verwalteten Kundengelder in Höhe von 260 Milliarden Euro.
Dass Genossenschaften den Freistaat aber noch in vielen anderen Bereichen bewegten, belegte der GVB-Präsident mit einer Reihe von Fakten. So hätten die bayerischen Volks- und Raiffeisenbanken allein 2022 15 Millionen Euro aus dem Gewinnsparen gespendet und damit Vereine und Initiativen vor Ort gefördert. Die inzwischen mehr als 300 bayerischen Energiegenossenschaften trieben Tag für Tag die Energiewende vor Ort voran. Allein die Netze der Nahwärmegenossenschaften umfassten zusammengenommen inzwischen über 1.000 Kilometer Länge. Genossenschaften würden aber auch regionale Spezialitäten wie Milch- und Käseprodukte produzieren und so die bayerische Genusskultur in die Welt hinaustragen. 4,2 Millionen Tonnen Milch flössen jährlich durch genossenschaftliche Hände. Das sei fast die Hälfte der gesamten bayerischen Milchmenge. Zudem stamme ein Viertel der Getreidemenge, die in Bayern verarbeitet wird, aus dem Raiffeisen-Warengeschäft. Und eine noch größere Menge von der BayWa, die den Genossenschaften eng verbunden sei. „Diese Bilanz macht deutlich, wie wichtig die Rolle von Genossenschaften für die bayerische Wirtschaft und ihre Finanzierung ist“, unterstrich Scheller.
Auf die Bedeutung der Nachhaltigkeit bei der Gestaltung der Zukunft verwies auch Bestsellerautor Frank Schätzing, der die zentralen Botschaften seines Buchs „Was, wenn wir einfach die Welt retten? Handeln in der Klimakrise“ präsentierte. Die Klimakrise ist aus seiner Sicht eine technologische Krise, und das sei eine gute Nachricht, denn sie lasse sich auch technologisch lösen. „Wir müssen alle Kraft in die Vollversorgung mit Erneuerbaren Energien stecken“, forderte Schätzing, der dafür einen Transformationsfonds vorschlug. Gelinge die Energiewende, verzinst sie sich in Wachstum, aus dem sich die Schulden tilgen ließen.
Klimaschutz dürfe nicht den Eindruck erwecken, er koste den Menschen die Existenz, mahnte Schätzing. Wenn die Energiewende jedoch sozial abgefedert sei und den Menschen Hilfe angeboten werde, würden sich viele für neue Technologien entscheiden.
Die Pläne für einen umfassenden Klimaschutz seien längst ausgearbeitet. „Wir haben keinen Ideenstau, wir haben einen Umsetzungsstau“, kritisierte der Autor. Deutschland müsse aus seinen Angstreflexen herausfinden und bei neuen Technologien nicht nur die Schattenseiten, sondern auch die Chancen sehen. Genossenschaften seien dafür eine wichtige Organisationsform. Sie hätten schon immer die Welt bewegt und besäßen eine Art regionale Schwarmintelligenz. „Schwärme sind sich selbst organisierende Organismen, die über eine kollektive Intelligenz verfügen. Das erleben wir auch bei Genossenschaften“, so Schätzing. Von daher seien sie für die Zukunft immens wichtig.
GVB-Positionen zur Landtagswahl
1. Eigenverantwortung und Unternehmertum:
- Mittelstandsfinanzierung: Verhältnismäßigkeit in der Bankenregulierung herstellen
- Verbraucherschutz im Finanzwesen: Mehr Mündigkeit statt Bevormundung
- Provisionsberatung: Langfristiger Vermögensaufbau auch für Kleinanleger
2. Bürgerbeteiligung:
- Energieprojekte: Gesellschaftlichen Nutzen bei Flächenvergabe berücksichtigen
- Bürgerenergie: Risikoabsicherungsfonds und Fonds für Weiterbildung einführen
3. Versorgungssicherheit:
- Stromnetze: Faire Kostenverteilung beim Netzausbau
- Energieversorgung: Speicherförderprogramm aufsetzen
- Lebensmittel: Düngemittelproduktion in Europa fördern
4. Nachhaltigkeit:
- Regenerative Energien: Ausbau aller nachhaltigen Energieträger vorantreiben
- Sustainable Finance: Mittelstandsfreundliche Ausgestaltung sicherstellen
- Tierhaltung: Umbau mit Augenmaß.
DK
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