Kommunalverbändezurück

(GZ-22-2023 - 23. November)
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► Bayerischer Städtetag schlägt Alarm:

 

Finanzieller Kollaps droht

 

„Die allgemeine Finanzausstattung der Kommunen muss auf die Tagesordnung“, forderte der Vorsitzende des Bayerischen Städtetags, Straubings Oberbürgermeister Markus Pannermayr, bei einer Pressekonferenz in München. Die Einnahmen der Kommunen gingen bereits jetzt zurück, die Ausgaben stiegen rapide, die Rahmenbedingungen verschärften sich. Kommunale Haushalte rutschten vereinzelt bereits in bedrohliche Schieflagen. Inzwischen sei in vielen Städten und Gemeinden ein „Schmerzpunkt“ erreicht.

Aktuell verzeichnen Bayerns Städte und Gemeinden einen massiven Anstieg bei den Ausgaben um mehr als 10 Prozent; das Finanzierungsdefizit lag im ersten Halbjahr 2023 bereits bei ungewöhnlich hohen 3 Milliarden Euro. Im Jahr 2024 verschärft sich die Situation wegen des Tarifabschlusses im öffentlichen Dienst und weiter steigenden Sozialausgaben. Laut Pannermayr schränkt die Inflation Spielräume bei kommunalen Investitionen deutlich ein: Steigende Personalausgaben (+ 7 Prozent), enorme Kostensteigerungen nicht zuletzt aufgrund der Energiepreise, bei Verwaltungs- und Betriebsaufwand (+ 11 Prozent), Bau (+ 14 Prozent) belasteten die Kommunalhaushalte ebenso wie wachsende Sozialausgaben (+ 9 Prozent).

Erhebliche Mehrbelastungen

Mehrbelastungen entstünden aufgrund der Kosten der Unterkunft für Geflüchtete aus der Ukraine und Leistungen für Lebensunterhalt und Krankenhilfe. Bei den Sozialausgaben hätten vor allem die Leistungen der Sozialhilfe (+ 19 Prozent) zugelegt, wobei hier besonders die 25 kreisfreien Städte in Bayern mit einem Plus von 41 Prozent betroffen seien. Darüber hinaus werde den Kommunen gerade in den nächsten Jahren eine Fülle an zusätzlichen Aufgaben und Ausgaben zugewiesen, wie etwa der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder sowie Investitionen in Klimaschutz, Klimaanpassung und Wärmeplanung. Als massive Belastung erwiesen sich Krankenhäuser, da Städte enorme Defizite ausgleichen müssten.

Aus Sicht des Städtetagschefs ist eine Aufstockung von jährlich wiederkehrenden Finanzausgleichsleistungen dringend erforderlich. Ein gutes Instrument seien Schlüsselzuweisungen. Eine Stärkung der Verbundmasse im allgemeinen Steuerverbund gebe den Kommunen mehr finanzielle Planungssicherheit und Flexibilität.

Starker FAG gefordert

Für 2024 brauche es einen starken kommunalen Finanzausgleich, der sich nicht auf den geringen Aufwuchs bei den Gemeinschaftssteuereinnahmen beschränken darf. „Der Freistaat muss gerade unter diesen schwierigen Rahmenbedingungen mehr zusätzliche Mittel in das Finanzausgleichssystem geben, damit Kommunen handlungsfähig bleiben“, forderte Pannermayr und deutete harte Verhandlungen um den kommunalen Finanzausgleich an.

Generell wird aus seiner Sicht künftig in vielen Bereichen ein Umdenken erforderlich sein. Den Kommunen dürften nicht mehr laufend neue Aufgaben und Rechtsansprüche aufgebürdet werden, ohne dass die vollständige Übernahme der Sach- und Personalkosten gesichert ist.

Außerdem sei dringend der Abbau bürokratischer Hürden erforderlich. Dies sei allein schon wegen des sich abzeichnenden Fachkräftemangels auch in den Kommunalverwaltungen unerlässlich. Und schließlich werden die Entscheidungsträger gezwungen sein, sich künftig verstärkt auf das Wesentliche zu fokussieren. Hier forderte der Präsident mehr Realitätssinn ein. Trotz guten Willens werde man den Kita-Ausbau und den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule aufgrund fehlenden Personals nicht umsetzen können. Um spätere Enttäuschungen zu vermeiden, müsse man Farbe bekennen und dem Bürger gegenüber ehrlich sein. Pannermayr wünschte sich einen neuen „Gesellschaftsvertrag“, der kläre, was eine Gesellschaft wirklich dringend benötigt.

Nicht mehr im Einklang mit Verfassung und Gemeindeordnung

„Viele Kommunen sind am Ende ihrer Möglichkeiten“, betonte auch Augsburgs Oberbürgermeisterin Eva Weber. Zahlreiche gesamtgesellschaftliche Entwicklungen stimmten nicht mit der Verteilung der kommunalen Aufgaben überein, wie sie einst in der Bayerischen Verfassung und der Bayerischen Gemeindeordnung niedergelegt worden seien. „Wir brauchen daher mehr staatliche Hilfe und praxisnahe Förderverfahren“, forderte die schwäbische Rathauschefin.

Laut OB Dr. Christian Scharpf ist Ingolstadt bislang die einzige bayerische Großstadt, die keine Schulden aufweist. Jedoch habe sich die finanzielle Lage nun dramatisch zugespitzt. „Bis 2027 müssen wir im städtischen Haushalt 100 Millionen Euro einsparen, gleichzeitig steigt unsere Verschuldung von Null auf einen deutlich dreistelligen Millionenbetrag. Ein Ausgleich unseres Verwaltungshaushaltes wird nur mit deutlichen und spürbaren Leistungseinschränkungen möglich sein“, erläuterte Scharpf.

Neue Haushaltsplanung

„Im Rahmen unserer Möglichkeiten steuern wir mit aller Kraft gegen diese Entwicklung und planen unseren Haushalt drastisch neu“, fuhr der OB fort. Frühzeitig seien umfassende Maßnahmen getroffen und umgesetzt worden, um kommunale Aufgaben und Ausgaben zu senken und den Haushalt zu konsolidieren, zum Beispiel schmerzliche Null-Runden beim Personal sowie interne Budgetvorgaben. Die jüngsten Steuerschätzungen und internen Berechnungen zum Haushalt sowie zur Mittelfristplanung zeigten jedoch, dass diese Maßnahmen nicht ausreichen werden.

„Wenn Bund und Freistaat hier nicht durch eine dauerhaft tragfähige Finanzierungsstruktur gegensteuern, werden die Kommunalhaushalte an die Wand fahren“, prognostizierte Scharpf: „Ausgeglichene Verwaltungshaushalte werden kaum noch möglich sein und die Spielräume der Kommunen werden immer weiter eingeengt, bis nur noch Pflichtaufgaben verwaltet werden können. Es muss deshalb Schluss damit sein, dass Bund und Länder den Kommunen immer noch mehr Aufgaben ohne ausreichende Finanzierung aufbürden.“

DK

 

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