Kommunalverbändezurück

(GZ-23-2023 - 7. Dezember)
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► KPV-Bundeskongress in Kassel:

 

„Grundsätzlich kommunal“

 

Beim diesjährigen Kongress-kommunal der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU und CSU in Kassel legte die Bundes-KPV ihr Augenmerk auf das Superjahrwahl 2024 mit Europawahlen, drei Landtagswahlen und neun Kommunalwahlen, die die Weichen für die nächsten Jahre stellen werden. Zudem stand die inhaltliche Debatte über das neue Grundsatzprogramm der CDU auf der Agenda des zweitägigen Kongresses unter dem Motto „Grundsätzlich kommunal“.

Vor rund 500 Teilnehmern aus Politik, Kommunalwirtschaft und Verbänden verwies Christian Haase, KPV-Bundesvorsitzender und haushaltspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, darauf, dass Inflation, hohe Energiekosten, eine schwächelnde Wirtschaft und der Krieg in der Ukraine und im Nahen Osten die Menschen belasteten und verunsicherten. Noch nie sei das Vertrauen in die staatlichen Institutionen so schwach gewesen. 70 Prozent der Menschen glaubten nicht, dass der Staat die anstehenden Herausforderungen bewältigen kann. Mit dem vernichtenden Haushaltsurteil aus Karlsruhe wachse die Unsicherheit weiter.

„Wir Kommunalen der Union unterstützen die EVP dabei, wieder stärkste Kraft im EU-Parlament zu werden und Motor zu sein für ein Europa der Menschen“, betonte Haase. „Wir müssen gemeinsam dafür Sorge tragen, dass die nächste EU-Kommission, den Mitgliedsstaaten, ihren Regionen und ihren Kommunen neuen Handlungsspielraum verschafft und nur dort tätig wird, wo europäische Regelungen wirklich notwendig und verhältnismäßig sind und dies stets nachvollziehbar begründet.“

Klares Bekenntnis zu den Kommunen

Vom neuen Grundsatzprogramm der CDU Deutschlands erwarten die Kommunalen in der Union ein klares Bekenntnis für starke kommunale Strukturen und eine starke kommunale Selbstverwaltung. Denn immer mehr Gemeindevertreter sähen keinen Spielraum, um Politik vor Ort tatsächlich zu gestalten, weil ihnen schlicht das notwendige Geld dafür fehlt, stellte Haase fest: „Pflichtaufgaben, wie der Ausbau von Kita- und Hortplätzen, binden die Mittel. Erschwerend hinzu kommen die unzähligen Vorschriften und Prüfungen, die jegliche kreative Lösung verhindern. Wo nur noch der Notstand verwaltet werden kann, findet sich auch niemand, der für ein kommunales Amt kandidieren möchte. Das gefährdet unsere Demokratie.“

Gestaltungsspielraum erweitern

Statt eines immer engeren Korsetts müsse der Gestaltungsspielraum der Kommunen erweitert werden. Im Wettbewerb vor Ort entstünden die besseren Lösungen. Haase: „Die kommunale Daseinsvorsorge ist unsere Visitenkarte. Die föderale Ordnung und das Subsidiaritätsprinzip wurden in den letzten Jahren immer mehr aufgeweicht. Dieser Entwicklung müssen wir entschieden entgegentreten. Jedes neue Gesetz muss einen ‚Subsidiaritätscheck‘ durchlaufen. Bei Gesetzesvorhaben, die die Kommunen betreffen, sind kommunale Vertreter von Beginn an zu beteiligen, damit die Auswirkungen vor Ort frühzeitig Berücksichtigung finden. Wir müssen Kommunalpolitik wieder attraktiv machen. Wenn wir die kommunale Basis verlieren, verlieren wir das Gesicht unserer Demokratie.“

Kommunen brauchen mehr Geld für die Flüchtlingskrise

Auch auf dem Kongress-kommunal wurde offensichtlich, dass die Bewältigung der Flüchtlingskrise die größte Herausforderung für die Gemeinden bleibt. Die jüngsten Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz seien allenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein, hieß es. Haase zufolge „ist es gut, dass die Bundesregierung nun wieder eine Pauschale pro Flüchtling an die Länder zahlen möchte. Da die Kommunen keinen Einfluss darauf haben, wie viele Menschen bei ihnen Schutz suchen, brauche es dieses „atmende System“.

Die 7.500 Euro, die der Bund pro neu ankommenden Flüchtling zahlen möchte, seien jedoch zu wenig, hier müssten die Länder den Kommunen die Differenz ausgleichen. Problematisch sei auch, dass es keine gesonderten Zahlungen für minderjährige Flüchtlinge geben soll. Schwerwiegender jedoch sei, dass die Bundesregierung keine Bereitschaft erkennen lasse, die illegale Migration tatsächlich zurückzudrängen. Mit den beschlossenen Trippelschritten könne es keine spürbare Entlastung in den Kommunen geben.

Nach Haases Worten ist es richtig, wie von der Union gefordert, die Asyl-Leistungen zu kürzen. Auch die Bezahlkarte sei ein sinnvolles Instrument. Für eine spürbare Entlastung würden aber zwingend die von der Union geforderten Asylverfahren in Drittstaaten benötigt. Hierzu sei lediglich ein Prüfauftrag vereinbart worden.

Auch die geplante Intensivierung von Migrations- und Rückführungsabkommen sei richtig, wenn diese endlich auch umgesetzt werden würden. „Wir haben auf unserer Bundesvertreterversammlung einen Beschluss gefasst, der den Maßnahmenkatalog der CDU/CSU-Bundestagsfraktion unterstützt. Es ist nun an der Bundesregierung zu handeln und entsprechende Gesetze auf den Weg zu bringen“, unterstrich der KPV-Bundesvorsitzende.

Struktureller Aufbruch für Bauen und Wohnen

Für einen strukturellen Aufbruch plädiert die Bundes-KPV beim Thema Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen. Hier heißt es unter anderem: „Bauen geht nicht ohne Bauland. Eine steigende Bevölkerung und explodierende Grundstückspreise beweisen, dass das Angebot zu niedrig ist. Das Aus für den § 13b BauGB verschärft die Situation insbesondere für kleinere Kommunen in ländlichen Räumen zusätzlich. Der Verweis auf Innenverdichtung, oder angeblich ungenutzte Brach- oder Konversionspotenziale kann nicht die einzige Antwort auf Flächenbedarfe sein.

Wir stehen für einen sorgsamen Umgang mit dem kostbaren Gut ‚Fläche‘, müssen aber mit klugen Mechanismen wieder Wettbewerb und Flexibilität in den Baulandmarkt bringen. Zudem müssen wir künftig ehrliche Statistiken führen, die mit dem Kampfbegriff des sogenannten Flächenverbrauchs brechen, der auch Ausgleichsflächen, also ökologische Aufwertung, als sachwidrig als ‚Verbrauch‘ erfasst. Ziel muss sein, stattdessen die wirkliche Flächeninanspruchnahme und Versiegelung auszuweisen.“

Revitalisierungen von Grundstücken seien oft mit einer Nutzungsänderung verbunden. Diese müssten steuerlich erleichtert werden. Wenn die wirtschaftliche Grundlage für die Versteuerung von Entnahmegewinnen nicht mehr gegeben ist, weil es sich ausschließlich um Buchgewinne handelt, müsse bei der Umwidmung in Wohnungen darauf verzichtet werden.

Sofortprogramm für Krankenhäuser

Angesichts der aktuellen Lage und der von der Bundesregierung vorgelegten Eckpunkte für eine Krankenhausreform verlangt die KPV u.a. ein Sofortprogramm zur Sicherung der Liquidität der kommunalen Krankenhäuser, um kurzfristig Insolvenzen zu verhindern und die kommunalen Haushalte zu schützen sowie eine verlässliche Basisfinanzierung für die gesundheitliche Daseinsvorsorge. Vorhaltepauschalen seien ein erster Schritt und müssten zusätzliche finanzielle Mittel für die Krankenhäuser bringen.

Darüber hinaus sei das Grundangebot von Krankenhäusern besonders in den ländlichen Gebieten aufrecht zu erhalten sowie ambulante und stationäre fachärztliche Versorgung besser zu vernetzen. Erforderlich sei zudem eine flächendeckende Notfallversorgung sowie ein Investitionsfonds für die Weiterentwicklung bestehender Krankenhäuser, die Entwicklung neuer Versorgungsformen und die Reaktivierung ehemaliger erfolgreicher Modelle (z.B. Poliklinik).

Die Finanzlage der Kommunen verschlechtert sich dramatisch. Das kommunale Finanzierungsdefizit betrug bereits im ersten Halbjahr in den Flächenländern rund 7,3 Milliarden Euro. Für das kommende Jahr wird das Defizit auf rund 10 Milliarden Euro prognostiziert. Um die Defizite ansatzweise zu begrenzen, werden absehbar viele Investitionsprojekte vorerst gestoppt werden müssen. Real werden die kommunalen Investitionen sinken.

Deutschlandpakt für Kommunalfinanzen

Vor diesem Hintergrund plädiert die Bundes-KPV für einen echten Deutschlandpakt unter Einbeziehung der Kommunen. „Wenn der Bund den Kommunen durch seine Gesetzgebung Einnahmen entzieht, muss er für die Kompensation sorgen. Wir fordern die Länder auf, für einen vollumfänglichen Ausgleich des negativen Finanzierungssaldos zu sorgen und ggf. beim Bund die nötigen Mittel für die Kommunen einzufordern.“

Wer soziale Leistungen ausweitet oder unbegrenzt Migration zulässt, müsse die Folgekosten tragen. Die vollständige Übernahme der flüchtlingsbedingten Kosten, auch im Kinder- und Jugendhilfebereich, sei ebenso notwendig wie die vollständige Übernahme der Kosten der Unterkunft im SGB II. Kleinteilige Förderprogramme des Bundes widersprächen dem Prinzip kommunaler Selbstverwaltung, weshalb die KPV auch für die Bündelung, Vereinfachung und die vollständige Digitalisierung der Förderprogramme eintritt.

Die Gewerbesteuer mit einem Aufkommen von über 60 Milliarden Euro (2022) sei eine wichtige, inzwischen auch stabilere Einnahmequelle für Kommunen. Die Bundesregierung wird aufgefordert, auch international dafür Sorge zu tragen, dass sie nicht gefährdet oder ausgehöhlt wird. Auch soll sie die „Veranlassungskonnexität“ wieder zur Grundlage des bundespolitischen Handelns machen: „Wenn der Bund neue Aufgaben definiert, die über die Länder an die Kommunen delegiert werden können/sollen, oder bei bestehenden kommunalen Aufgaben Standards ändert oder durch bundespolitische Entscheidung darauf hinwirkt, dass kommunale Einnahmen sinken, ist ein entsprechender finanzieller Ausgleich im selben Gesetzentwurf so vorzunehmen, dass die Mittel tatsächlich bei den Kommunen ankommen.“ Die Länder seien für die Kommunalfinanzen verantwortlich und müssten dieser Verantwortung gerecht werden, wo das nicht ausreichend geschieht.

Klares Bekenntnis zu starken kommunalen Strukturen

In den prominent besetzten Foren „Bauen und Wohnen“ (Moderation: Landrat Christoph Göbel, stellv. bayerischer KPV-Landesvorsitzender), „Digitalisierung“, „Energie, Nachhaltigkeit und Klimaschutz“, „Mobilität“, „Soziales“ und „Kommunalfinanzen“ (Teilnehmer: Bayerns KPV-Vorsitzender Landrat Stefan Rößle) gaben namhafte Verbandsvertreter abschließend ein klares Bekenntnis zu starken kommunalen Strukturen ab. Gemeinden, Städte und Landkreise müssten auch künftig leistungsfähig und krisensicher bleiben und Menschen in kommunaler Selbstverwaltung das Land am Laufen halten.

DK

 

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