Kommunalverbändezurück

(GZ-1/2-2024 - 18. Januar)
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► BKG-Mitgliederversammlung in München:

 

Weiteres Dringen auf Soforthilfen

 

Vor einer „bedrohlichen Insolvenzwelle“, wenn die Bundesregierung nicht kurzfristig zusätzliche Milliardensummen für die Kliniken bereitstelle, hat die Vorsitzende der Bayerischen Krankenhausgesellschaft (BKG), Tamara Bischof, bei der Mitgliederversammlung ihres Verbandes in München gewarnt. Allein in Bayern würden sich die Defizite dieses Jahr auf rund 1,4 Milliarden summieren, erläuterte die Kitzinger Landrätin.

„Schon seit Jahren weisen wir auf die finanziellen Lücken in der stationären Versorgung hin und haben uns fast daran gewöhnt. Wir haben uns auch daran gewöhnt, dass öffentliche Krankenhausträger regelmäßig Defizite in den Betriebskosten ausgleichen müssen. Doch wir sind an einem Wendepunkt angekommen“, machte Bischof deutlich: „Wenn acht von zehn Krankenhäusern 2023 einen Defizitausgleich von ihrem Träger erhalten müssen, die Finanzierung nach dem Auslaufen des Inflations-Hilfsfonds im April 2024 ohne Folgeregelung noch dramatischer wird und eine auskömmliche Finanzierung der Betriebskosten über den Landesbasisfallwert durch ein Bundesgesetz unmöglich gemacht wird, stehen wir vor einer grundsätzlichen Existenzfrage.“

Kommunen vor Zerreißproben

„Weil Gelder für andere wichtige Aufgaben der Daseinsvorsorge fehlen, für die wir auch verantwortlich sind“, führe dies in den Kommunen zu Zerreißproben, unterstrich die BKG-Vorsitzende. Wenn kein starker internationaler Konzern dahintersteht, stelle sich bei gemeinnützigen und privaten Trägern zunehmend die Frage, ob der Krankenhausbetrieb überhaupt noch möglich ist. In der Bundesrepublik Deutschland habe es noch nie so viele Insolvenzen und Standortschließungen von Krankenhäusern in einem Jahr wie in 2023 gegeben. Auch in Bayern seien Kliniken betroffen.

Krankenhausmilliarde

Bischof zufolge hat sich der Freistaat in den vergangenen Jahren im Ländervergleich mit etwa 10.000 Euro pro Bett im Jahr überdurchschnittlich an den Investitionskosten beteiligt. Aber auch die bayerische Investitionsquote sei bisher mit etwa 4 Prozent hinter den nötigen Mitteln zurückgeblieben. „Wir sind daher froh, dass im Koalitionsvertrag der neuen Staatsregierung nun das Ziel der Krankenhausmilliarde im Koalitionsvertrag festgeschrieben wurde. Bayern würde damit als erstes Land nach den jährlichen Kalkulationsberechnungen seine Investitionsverpflichtungen vollständig erfüllen können. Wir hoffen im Schulterschluss mit den Kommunen auf eine rasche Umsetzung!“

Erhöhung der Pauschalmittel

„Im ersten Schritt wäre für 2024 eine deutliche Erhöhung der Pauschalmittel aus unserer Sicht erforderlich, um den Kliniken schnell zu helfen“, erklärte Bischof. Zudem habe die Bayerische Staatsregierung im Koalitionsvertrag angekündigt, die Kliniken im ländlichen Raum mit 100 Mio. Euro für die Bewältigung des Strukturwandels zu unterstützen. „Diese Mittel werden notwendig sein, denn auch uns Klinik-Verantwortlichen ist klar: Die Dynamik der Konzentrationen wird weiter zunehmen.“

In vielen Regionen Bayerns habe man sich bereits auf den Weg gemacht, diesen Reformprozess mitzugestalten. Bischof nannte etwa die jüngst öffentlich gewordene strategische Partnerschaft des Klinikums Würzburg Mitte mit der Theresienklinik Würzburg, die angekündigte Fusion des LAKUMED Klinikums mit dem Klinikum Landshut sowie das Schweinfurter Modell. Auch die Fusionen der Barmherzigen Brüder mit dem Dritten Orden, der ökumenische Zusammenschluss der beiden christlichen Krankenhäuser in Nürnberg, dem katholischen St. Theresien- und des evangelischen Martha-Maria-Krankenhauses sowie der Zusammenschluss des Deutschen Herzzentrums München mit dem Uniklinikum Rechts der Isar zeigten, wie dynamisch die Veränderungen bereits sind.

Durch das Krankenhauszukunftsgesetz, die Erweiterung des Katalogs für das ambulante Operieren und die Einführung der Hybrid-DRGs hat die Bundespolitik laut Bischof bereits Impulse gesetzt, die in Bayern künftig konstruktiv umgesetzt werden. Die BKG werde dies direkt und auch über die Beratungstochtergesellschaft BIK aktiv begleiten. Gleichwohl ließen die im Entwurf des Krankenhaustransparenzgesetzes und im Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz vorgesehenen Maßnahmen noch viele Fragen offen. Nun drohe ein „Survival of the fittest“, d.h.: „Nur jene Kliniken, die sich am besten an die neuen bürokratischen Regelungen des Gesetzgebers – seien sie nun sinnvoll oder nicht – anpassen können, sollen offenbar überleben dürfen.“

Klare, realistische und verlässliche Spielregeln

Wie die BKG-Vorsitzende betonte, würden sich Bayerns Kliniken einer großen Reform, wie von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach angekündigt, nicht verweigern. Voraussetzung dafür seien aber „klare, realistische und verlässliche Spielregeln“. Bislang seien aus Sicht der Bayerischen Krankenhausgesellschaft die Auswirkungen der Reformpläne aber „völlig unklar und riskant“.

Drohende Pleitewelle

Bischof begrüßte es, dass die Bundesregierung einen Transformationsfonds angekündigt hat, um Geld für Kosten durch die geplante Krankenhausreform bereitzustellen. Doch es sei zu spät, wenn der Fonds, wie derzeit geplant, erst im Jahr 2025 eingerichtet werde, kritisierte die BKG-Vorsitzende.

Auch Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach forderte die Bundesregierung auf, sich nicht länger einem Soforthilfeprogramm für die Krankenhäuser zu verweigern. „Wenn die Bundesregierung nicht rasch hilft, droht eine Pleitewelle durch die Kliniklandschaft zu rollen, noch bevor die Krankenhausreform Wirkung entfalten kann. Das kann niemand wollen, der ernsthaft das Wohl der Patientinnen und Patienten im Sinn hat.“

Bayern hatte am 24. November zusammen mit anderen Ländern eine Bundesratsinitiative eingebracht, mit der ein Soforthilfeprogramm für die Krankenhäuser von fünf Milliarden Euro gefordert wird. Gerlach zufolge „geht es dabei vor allem um die durch Tarifabschlüsse gestiegenen Lohnkosten und um die Folgen der hohen Inflation – also um die Betriebskosten. Dafür ist der Bund zuständig und muss endlich handeln. Es darf keinen kalten Strukturwandel geben!“ Ende 2023 verzeichneten die bundesdeutschen Kliniken ein Defizit von rund 10 Milliarden Euro.

Nachbesserungen bei der Krankenhausreform

Die Ministerin forderte zugleich erneut Nachbesserungen bei der geplanten Krankenhausreform. Sie unterstrich: „Wir sind weiterhin bereit, unseren Beitrag zum Gelingen der Reform zu leisten, aber nicht um jeden Preis. So darf es keinen Eingriff in die Planungshoheit der Länder geben. Wir brauchen die nötige Beinfreiheit, um eine flächendeckende Versorgung sichern zu können. Es muss durch hinreichende Ausnahmemöglichkeiten sichergestellt sein, dass die Länder Versorgungsprobleme verhindern und bei der Prüfung von Strukturvoraussetzungen für Leistungsgruppen beispielsweise auch Kooperationen zulassen können. Zudem brauchen wir praktikable Lösungen für Fachkrankenhäuser, um diese hochspezialisierten Einrichtungen weiter für die Patientinnen und Patienten am Netz zu halten.“

Kein Mehrwert beim Transparenzverzeichnis

Zudem bereite das sogenannte Krankenhaustransparenzgesetz den meisten Ländern erhebliche Bauchschmerzen, fügte Gerlach hinzu. Aus ihrer Sicht sollte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach die im Bundesrat gegen das Gesetz vorgetragenen Bedenken nicht einfach vom Tisch wischen. Das Vorhaben gaukle Transparenz nur vor, denn das vorgesehene Transparenzverzeichnis zur Krankenhauslandschaft in Deutschland biete in der geplanten Form keinen echten Mehrwert für die Menschen im Land. Es drohe viel mehr Unklarheit als Nutzen zu stiften.

Laut Gerlach war es ein wichtiger Schritt, dass die Länder im Bundesrat einen Schulterschluss erzielen konnten, den Vermittlungsausschuss anzurufen. „Damit haben wir doch noch die Chance auf Verbesserungen – im Interesse der Länder, der Krankenhäuser und vor allem der Patientinnen und Patienten.“

DK

 

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