Wie kann man Prozesse einfacher und schneller machen? Diese Leitfrage steckt hinter den Begriffen Entbürokratisierung, Vereinfachung von Förderverfahren und Diskussion über Standards, sagt der Vorsitzende des Bayerischen Städtetags, der Straubinger Oberbürgermeister Markus Pannermayr: „Was zunächst als einfache Frage erscheint, erweist sich als kompliziert und vertrackt aufgrund des föderalen Staatsaufbaus mit seinen vielfältigen Beziehungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen.
Noch komplexer wird die Sache aufgrund europäischer Vorgaben. Der Bayerische Städtetag begrüßt, dass die Bayerische Staatsregierung und die Fraktionen im Bayerischen Landtag das Thema aufgreifen und Lösungen finden wollen. Wir erleben gerade eine Verdichtung der Debatte und setzen auf konstruktive Lösungen. Wir begrüßen den Dialog mit dem Leiter der Bayerischen Staatskanzlei, Staatsminister Dr. Florian Herrmann bei der Konferenz der Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister in Straubing Mitte April. Dies dient dem internen Meinungsaustausch zwischen dem Chef der Staatskanzlei mit den Rathauschefinnen und -chefs von 25 kreisfreien Städten und 29 Großen Kreisstädten.“
Komplizierte Regelungen
Beim Blick auf komplizierte Regelungen, wie etwa bei der Abwicklung des Wohngelds oder bei der Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder, lässt sich laut Pannermayr ein häufiger Webfehler bei vielen Gesetzen erkennen – der kommunale Sachverstand wird zu wenig und zu spät beim Gesetzgebungsverfahren genutzt: „Die Dinge laufen besser, wenn bei der Gesetzgebung die kommunalen Ebenen mit ihrem Praxiswissen frühzeitig gehört werden und mit ihren Einschätzungen und Erfahrungen ernst genommen werden. Der Blick aus der Praxis schärft das Bewusstsein für Regelungen, die sich dann auch umsetzen lassen. Hemmende Bürokratie kann schon im Entstehungsprozess von Gesetzen, Verwaltungsvorschriften und Förderprogrammen eingedämmt werden, wenn die kommunalen Spitzenverbände früh auf Augenhöhe eingebunden werden. Leider erschweren inzwischen kurz bemessene Anhörungsfristen eine seriöse Prüfung und Beurteilung von Vorhaben.“
Notwendig ist eine Vereinfachung der vielen staatlichen Förderprogramme, die immer differenzierter, komplizierter und kurzfristiger aufgelegt werden. Um ein Förderprogramm zu nutzen, müssen Kommunen vielfältige Aufgaben erfüllen und dicke Anforderungskataloge bearbeiten – oft begleitet von Gutachten, komplexen Planungsschritten und einer Fülle an prüfenden Stellen, etwa bei den Bezirksregierungen oder Fachbehörden. Komplexe Vorgaben des Vergaberechts, die vielfach eine europaweite Ausschreibung nötig machen, erschweren eine zügige Abwicklung. Unabhängig von der Größe einer Stadt kommen kommunale Bauämter, Kämmereien, Jugendämter und Schulreferate in Anbetracht der Fülle an Förderprogrammen an ihre Grenzen, zumal Personal fehlt.
Kommunen brauchen mehr Kontinuität und Verlässlichkeit
Pannermayr: „Kommunen brauchen mehr Kontinuität und Verlässlichkeit von bestehenden Programmen. Den Kommunen sollte mehr Vertrauen im Umgang mit staatlichen Fördermitteln entgegengebracht werden. Vertrauen reduziert Komplexität. Fördervoraussetzungen und Nachweispflichten sollten verringert werden. Hilfreich wäre es, die kommunale Investitionskraft grundlegend mit höheren Pauschalen oder höheren Fördersätzen im kommunalen Finanzausgleich zu stärken, um etwa Schulen, Kindergärten, Kindertagesbetreuung, Klimaschutz, Radwegebau und Nahverkehr als Daueraufgaben auszubauen.“
Im Vergabewesen haben sich zur Bewältigung aktueller Krisen Erleichterungen etabliert: Das Bayerische Staatsministerium des Innern hat für die Vergabe von Aufträgen im kommunalen Bereich die Wertgrenzen für Direktaufträge auf 25.000 Euro erhöht und Verhandlungsvergaben sowie Beschränkte Ausschreibungen ohne Teilnahmewettbewerb für Liefer- und Dienstleistungen bis zum EU-Schwellenwert ermöglicht.
Pannermayr: „Die Erhöhung der Wertgrenzen brachte eine Vereinfachung und Beschleunigung kommunaler Auftragsvergaben, ohne den Wettbewerb einzuschränken und die Transparenz zu gefährden. Das hilft den Kommunen und besonders den kleineren und mittelständischen Bietern. Es wäre gut, wenn die Bayerische Staatsregierung auf diesem Weg bleibt und die Wertgrenzen dauerhaft erhöht. Verhandlungsvergaben ohne Teilnahmewettbewerb müssen dauerhaft bis zum EU-Schwellenwert für Liefer- und Dienstleistungen ermöglicht werden. Das muss auch für Bauaufträge gelten. Ein weiterer Ansatzpunkt liegt bei der EU: Besonders würde helfen, wenn es dem Freistaat gelingt, Bund und EU davon zu überzeugen, die seit Jahrzehnten kaum veränderten EU-Schwellenwerte deutlich nach oben anzupassen. Das wäre eine enorme Erleichterung für Kommunen und Betriebe.“
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