Kommunalverbändezurück

(GZ-22-2016)
gz bayerischer staedtetag
► Bayerischer Städtetag:
 
Kommunen brauchen Klarheit
 

„Mit der Einigung von Bund und Ländern zur Reform der föderalen Finanzbeziehungen ist ein politischer und finanzpolitischer Balance-Akt gelungen. Bayern hat gut verhandelt und kann mit einer erheblichen Entlastung ab dem Jahr 2020 rechnen. Das bedeutet nun endlich Planbarkeit auch für die kommunalen Haushalte“, unterstrich der Vorsitzende des Bayerischen Städtetags, Nürnbergs Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly, bei einer Pressekonferenz in München. Neben der Neuordnung des Bund-Länder-Finanzausgleichs standen das Thema Integrationskosten und die Diskussion um G8/G9 auf der Agenda.

Laut Maly spart der Freistaat jährlich wohl 1,3 Milliarden Euro ein – dies muss nun auch im kommunalen Finanzausgleich Wirkung zeigen“. Die Entlastung im Bund-Länder-Finanzausgleich dürfte für den kommunalen Finanz-ausgleich in Bayern bei einem Verbundanteil von 12,75 Prozent rund 165 Millionen Euro mehr für die Verbundmasse bringen. Dieses Geld müsse bei den bayerischen Kommunen vornehmlich über die Schlüsselmasse ankommen, betonte der Städtetagschef.

Er verwies darauf, dass ab dem Jahr 2020 die Ausgleichszahlungen zwischen den Bundesländern wegfallen. Hier betrug die Zahllast des Freistaats Bayern 2015 rund 5,5 Milliarden Euro. Maly: „Der klassische Länderfinanzausgleich zwischen ärmeren und reicheren Ländern wird aufgelöst. Damit entfällt künftig die Aufteilung in Geberländer und Nehmerländer.“

Umsatzsteuer

Der Umsatzsteuervorwegausgleich soll künftig entfallen. Der Länderanteil an der Umsatzsteuer wird grundsätzlich nach Maßgabe der Einwohnerzahl verteilt, jedoch modifiziert durch Zu- und Abschläge entsprechend der Finanzkraft. Die Länder erhalten einen zusätzlichen Umsatzsteuerfestbetrag (2,6 Milliarden Euro) sowie zusätzliche Umsatzsteuerpunkte im Gegenwert von 1,42 Milliarden Euro. Die kommunale Finanzkraft wird zur Berechnung der Finanzkraft eines Landes zu 75 Prozent einbezogen (aktuell: 64 Prozent). Maly zufolge wird Bayern damit einen geringeren Anteil am Umsatzsteueraufkommen erhalten. Unter dem Strich bleibe aber wegen des Wegfalls der Ausgleichszahlungen ein deutliches Plus für den Freistaat.

Planungssicherheit

Das Bundesprogramm Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) wird nach Ausführungen des Verbandsvorsitzenden dauerhaft weitergeführt. Damit ende endlich eine Hängepartie: Die Fortführung des GVFG bringe vor allem für Verkehrsprojekte in größeren Städten Bayerns mit Schienenverkehr wieder Planungssicherheit, vor allem zum Bau von Straßenbahnen oder U-Bahnen in München, Nürnberg, Erlangen, Augsburg und Würzburg.

Die 1,335 Milliarden Euro Entflechtungsmittel für die Gemeindeverkehrsfinanzierung (Anteil Bayern: 196 Millionen Euro) werden in Umsatzsteueranteile der Länder umgewandelt. Nach Malys Worten „müssen die Kommunen darauf achten, dass der Freistaat Bayern diese Mittel mindestens in unveränderter Höhe für die Gemeindeverkehrsfinanzierung einsetzt. Mit diesen Fördermitteln können wichtige Projekte im öffentlichen Personennahverkehr auf den Weg gebracht werden.“

Einen weiteren positiven Effekt dürfte aus seiner Sicht die Fortschreibung des Kommunalinvestitionsförderungsgesetz nach sich ziehen: Der Bund will den bereits seit 2015 vorhandenen Investitionsfonds um 3,5 Milliarden Euro erhöhen, die dann für die kommunale Bildungsinfrastruktur in finanzschwachen Kommunen zur Verfügung stehen. Das Programm will sich nicht auf energetische Sanierungen beschränken.

Maly zufolge könnte damit der Bau von Bildungseinrichtungen einen Schub erhalten. Allerdings könne der Bund die Kommunen nur fördern, wenn das Kooperationsverbot im Bildungsbereich, das seit der Föderalismusreform gilt, im Grundgesetz wieder gelockert wird. Die Aufhebung des Kooperationsverbots entspreche einer langjährigen Forderung des Städtetags: Damit öffnet sich wieder ein Finanzierungskanal vom Bund auf die Kommunen. Allerdings soll dies vor allem für finanzschwache Kommunen gelten; Bayerns Kommunen dürfen wohl mit niedrigeren Bundeszuschüssen rechnen als Kommunen in finanzschwächeren Bundesländern. Bei Anwendung des bisherigen Verteilungsschlüssels würden auf Bayern knapp 290 Millionen Euro entfallen.“

„Der Freistaat muss zeigen, wie er die Verantwortungsgemeinschaft von Bund, Ländern und Kommunen finanziell abbildet“, erklärte der Städtetagschef mit Blick auf anfallende Integrationskosten. Anders als andere Bundesländer habe der Freistaat einen Großteil der Kosten erstattet, die mit der Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen während des Asyl- und Anerkennungsverfahrens anfallen. Maly: „Neben dem Lob auf die Leistungen des Freistaats steht Kritik: Trotz der Leistungen des Freistaats bleiben hohe Belastungen in den kommunalen Haushalten stehen. Dies ist eine kalte Kommunalisierung von Integrationskosten. Der Freistaat muss die Kommunen angemessen an den Bundesmitteln von 7 Milliarden Euro beteiligen.“

Ungedeckte Kosten

Im August 2016 hat der Bayerische Städtetag bei den kreisfreien Städten die flüchtlingsbedingten Einnahmen und Ausgaben erneut abgefragt. Insgesamt entstanden den kreisfreien Städten im ersten Halbjahr 2016 ungedeckte Kosten von 63,8 Millionen Euro. Das sind bereits 72 Prozent der Kostenbelastung für das Gesamtjahr 2015: Hier sind die Kosten noch bei 88,6 Millionen Euro gelegen. Allein diese Zahl zeigt nach Ansicht Malys, dass die finanziellen Belastungen der kreisfreien Städte im Jahr 2016 deutlich höher ausfallen als im Vorjahr. Hier schlügen vor allem die Aufwendungen für Personal zu Buche.

Alarmierend seien die Prognosen der bayerischen Bezirke zu den bislang vom Freistaat nicht erstatteten Nettoausgaben für unbegleitete junge volljährige Flüchtlinge in der wirtschaftlichen Jugendhilfe. Die kommunalen Spitzenverbände fordern, dass der Freistaat Bayern die Kosten der Jugendhilfe für unbegleitete junge Flüchtlinge auch dann übernimmt, wenn die Jugendlichen, die sich in Jugendhilfemaßnahmen befinden, die Volljährigkeit erreichen und noch einen weiteren Betreuungsbedarf haben. Die Bezirke gehen im Jahr 2016 von einer Gesamtbelastung von 140,3 Millionen Euro wirtschaftliche Jugendhilfe für unbegleitete junge Flüchtlinge aus, die letztlich von den Bezirksumlagezahlern zu tragen sind, wenn der Freistaat sich weiter weigert, diese Kosten zu erstatten. Maly: „Der Freistaat ist das einzige Bundesland, das die Kosten der Jugendhilfe für Flüchtlinge kommunalisiert: Dies geschieht über die Bezirksumlage, die kreisfreie Städte und Landkreise bezahlen; die kreisangehörigen Städte und Gemeinden sind über die Kreisumlage betroffen.“

G8 oder G9

Eine klare Entscheidung verlangt der Bayerische Städtetag auch beim Thema „Weiterentwicklung des Gymnasiums“. Die Sachaufwandsträger müssten wissen, ob das Gymnasium nun auf acht Stufen oder neun Stufen angelegt wird, so Maly. Derzeit liefen Gespräche des Kultusministeriums mit kommunalen Spitzenverbänden, Lehrerverbänden und Elternverbänden zur Weiterentwicklung des achtjährigen Gymnasiums (G8) auf der Basis der Eckpunkte des Bayerischen Ministerrats.

Auf Antrag soll wieder eine längere Lernzeit am Gymnasium möglich werden. An einem Gymnasium mit neunjähriger Lernzeit (G9) sollen gleichzeitig individuelle Verkürzungsmöglichkeiten angeboten werden, um das Abitur in acht Jahren abschließen zu können. Maly: „Die derzeit diskutierten Optionen öffnen viele Modelle, die an Gymnasien gleichzeitig laufen könnten: Es gibt ein G8 in Reinform. Es soll ein G9 in Reinform geben, das aber nicht so genannt wird. Und es soll ein G9 geben, das verkürzt in acht Jahren mit dem Abitur abgeschlossen werden kann – früher hat man das Überspringen genannt. Dann soll es noch ein G8 plus geben, auf dem man nach neun Jahren zum Abitur kommen kann - früher hat man das Durchfallen genannt.“

Planbarkeit

Wie Maly erläuterte, sei vom Kultusministerium bislang noch wenig Klärendes zu hören gewesen. Die zentrale Frage der Planbarkeit bleibe offen.

Die Reform des Gymnasiums soll nach den Vorstellungen der Staatsregierung innerhalb von zwei Jahren auf den Weg gebracht werden. Die aktuelle Dialogphase des Kultusministeriums soll bis Ende 2016 abgeschlossen sein. Die Entscheidungen über die Reform werden dann vom Ministerrat und vom Landtag getroffen. Bis Ende des Schuljahres 2016/17 sollen die rechtlichen Fragen geklärt sein und die Reform-Entwürfe erarbeitet und beschlossen werden.

Die sogenannten Schulfamilien an den jeweiligen Gymnasien sollen im Schuljahr 2017/18 Zeit zur Meinungsbildung erhalten, ob ein Antrag auf Einführung der verlängerten Lernzeit gestellt werden soll. Ab dem Schuljahr 2018/19 ist die Umsetzung geplant. Die Umstellung kann von jedem Gymnasium und seiner Schulfamilie mit einem individuellen Antrag angestoßen werden.

Voraussetzung für die Genehmigungsfähigkeit soll die Einstimmigkeit der Schulfamilie sowie die Zustimmung des kommunalen Schulaufwandsträgers sein. Die Genehmigung des jeweiligen Antrags will sich das Kultusministerium vorbehalten.

In der bisherigen Pilotphase mit 47 Pilotschulen haben sich 60 bis 70 Prozent der Eltern und Schüler für eine verlängerte Lernzeit entschieden.

DK

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