Kommunalverbändezurück

(GZ-13-2024 - 4. Juli)
Bayerischer Bezirketag

► Vollversammlung des Bayerischen Bezirketags:

 

Inklusion im Arbeitsleben

 

Unter dem Motto „Inklusion im Arbeitsleben“ fand in Würzburg die zweitägige Vollversammlung des Bayerischen Bezirketags statt. Vertreter aus Politik, Wirtschaft, von Betroffenenverbänden und aus der Praxis erörterten das Potenzial, das eine inklusive Arbeitswelt bietet. Zudem wurden neben politischen Maßnahmen und inspirierenden Beispielen Möglichkeiten, die sich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bieten, beleuchtet.

V.l.: Franz Löffler, Präsident Bayerischer Bezirketag, Joachim Herrmann, Bayerischer Staatsminister des Innern, für Sport und Integration, Stefan Funk, Bezirkstagspräsident von Unterfranken. Bild: Michaela Spiller/ Bayerischer Bezirketag
V.l.: Franz Löffler, Präsident Bayerischer Bezirketag, Joachim Herrmann, Bayerischer Staatsminister des Innern, für Sport und Integration, Stefan Funk, Bezirkstagspräsident von Unterfranken. Bild: Michaela Spiller/ Bayerischer Bezirketag

„Wir brauchen Reformen, damit der Sozialstaat seine Aufgaben weiter erfüllen kann“, machte Bezirketagspräsident Franz Löffler eingangs deutlich. Dabei gehe es nicht um „weniger“ Leistungen, sondern um das Entwickeln innovativer Ideen und zukunftsfähiger Konzepte, die eine bestmögliche Versorgung mit den vorhandenen Ressourcen ermöglichen.

Häusliche Pflege stärken

Gerade mit Blick auf den Arbeits- und Fachkräftemangel und die steigenden Pflegekosten sei es wichtig, die häusliche Pflege zu stärken, erläuterte der Verbandschef. Hier müssten alle kommunalen Ebenen zusammenarbeiten und den Aufbau von Kümmerer-Strukturen in den Gemeinden forcieren. Ohne eine dauerhafte finanzielle Unterstützung durch den Freistaat werde dies aber nicht gelingen.

Neue Pfade müssten auch bei den Hilfen für Menschen mit Behinderung beschritten werden. „Wir müssen gewährleisten, dass auch zukünftig diejenigen die Unterstützung erhalten, die sie dringend benötigen. Eingliederungshilfe darf nicht das Privileg von wenigen Personen werden“, erklärte Löffler.

Ein Umdenken ist aus seiner Sicht gerade beim Personaleinsatz und bei den Personalvorgaben der Ordnungsbehörden erforderlich: „Es wird immer schwerer, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Kliniken, Pflegeheimen und in der Eingliederungshilfe zu finden. Ich warne daher davor, die Qualität einer Leistung pauschal an der Menge der Mitarbeitenden zu messen. Hohe Personalvorgaben führen schon jetzt dazu, dass Einrichtungen schließen bzw. Plätze abbauen müssen, weil sie das vorgeschriebene Personal nicht mehr finden“, gab der Präsident zu bedenken.

Bessere Ergebnisse durch Pooling

Laut einer aktuellen Studie bringt das Pooling von Schulbegleitern für die betroffenen Schüler bessere Ergebnisse als die Zuordnung einer Individualbegleitung. Dies zeige, dass es sich oft lohnt, die aktuelle Praxis auf den Prüfstand zu stellen. Konkret seien Prozesse in der sozialen und gesundheitlichen Daseinsvorsorge neu zu denken. Dafür werde die Unterstützung von Freistaat und Bund benötigt. Nur mit einem flexiblen Ordnungsrecht könnten jeweils passende Lösungen für die Bedarfe vor Ort gefunden werden.

Als weitere große Herausforderung nannte der Bezirketagschef die finanzielle Situation der Kommunen insgesamt. Die wirtschaftliche Entwicklung und damit die Höhe der Steuereinnahmen hielten der Ausgabenentwicklung insbesondere im Sozialbereich derzeit nicht stand. Löffler zufolge werden die Bezirke auf Dauer höhere staatliche Zuweisungen benötigen. Nur so könnten sie ihre Aufgaben insbesondere bei der Sicherstellung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen und einer menschenwürdigen Pflege weiterhin gewährleisten, ohne die Umlagezahler zu überfordern.

In seiner Festrede hob Innen- und Kommunalminister Joachim Herrmann die vielfältige Arbeit der Bezirke als dritte kommunale Ebene hervor, die unmittelbar in das Leben der Bürgerinnen und Bürger hineinwirke. Mit umfassenden, wohnortnahen Leistungsangeboten ermöglichten sie Menschen mit Behinderung Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und förderten die Inklusion vor allem auch im Arbeitsleben. Zudem trügen sie erheblich zur gesundheitlichen Versorgung bei und unterhielten rund ein Fünftel aller Krankenhausbetten im Freistaat. Auch erfüllten sie wichtige Aufgaben bei der Kultur- und Heimatpflege in Bayern.

Unterstützung durch den Freistaat

Der Freistaat unterstütze die wichtige Arbeit der Kommunen und Bezirke nach Kräften, auch in finanzieller Hinsicht, bekräftigte der Minister. Zwar steige im laufenden Jahr die Umlagekraft der bayerischen Bezirke um durchschnittlich rund 7 Prozent, allerdings würden die Einnahmezuwächse durch den inflationsbedingten Preisanstieg und den Kaufkraftverlust erheblich geschmälert. Besonders laufende Ausgaben wie Personalkosten, Sozialausgaben oder die kommunalen Zinsausgaben nähmen kontinuierlich zu.

„Generell ist auch aufgrund der kommunalfreundlichen Politik der Staatsregierung die Finanzlage unserer Kommunen deutlich besser als in den meisten anderen Bundesländern“, unterstrich Herrmann. Gleichwohl gelte es, die Entwicklungen weiter „mit wachem Auge zu beobachten“, um die Kommunen weiterhin bei der Erfüllung ihrer Aufgaben bestmöglich begleiten zu können. Einen wichtigen Beitrag hierzu leiste auch der kommunale Finanzausgleich, der trotz angespannter Haushaltslage des Freistaats für 2024 ein neues Spitzenniveau erreicht. So werden die Zuweisungen an die Bezirke um 10 Millionen Euro auf 716,5 Millionen Euro erhöht.

Potenziale besser nutzen

Beim Fachtag zur Inklusion im Arbeitsleben wies Präsident Löffler darauf hin, dass in Zeiten des Arbeits- und Fachkräftemangels das Potenzial von Menschen mit Einschränkungen besser genutzt werden müsse. „Durch die vielfältigen Perspektiven und Talente, die Menschen mit Behinderungen einbringen, wird Kreativität gefördert, Innovation vorangetrieben und ein Arbeitsumfeld geschaffen, das für alle fairer und gerechter ist.“

Um inklusive Arbeitsplätze zu schaffen, bedürfe es neben der Bereitschaft der Arbeitgeber oft auch der richtigen Beratung bzw. Unterstützung. Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) stelle das Selbstbestimmungsrecht der Menschen mit Behinderungen in den Vordergrund. Entsprechend ihren Wünschen, Bedürfnissen und Fähigkeiten hätten sie Wahlfreiheit, wie und wo sie am Arbeitsleben teilhaben. Als Träger der Eingliederungshilfe förderten die Bezirke deshalb bereits vielfältige Maßnahmen, um den Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu erleichtern. Dafür sei ein starkes Netzwerk aus unterschiedlichen Akteuren notwendig.

Auch Dr. Markus Gruber, Amtschef im Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Soziales, betonte, welch hoher Stellenwert der Teilhabe am Arbeitsleben für Menschen mit Behinderung beigemessen wird: „Gemeinsam mit den bayerischen Bezirken arbeiten wir auf das Ziel einer inklusiven Gesellschaft hin. Dabei haben wir in Bayern schon vieles erreicht.“ Laut Inklusionsbarometer Arbeit 2023 der Aktion Mensch ist die Arbeitslosenquote bei Menschen mit Behinderung 2022 auf einen Tiefstwert von knapp unter 11 Prozent gesunken. Jedoch liegt sie noch immer mehr als doppelt so hoch wie die allgemeine Arbeitslosenquote.

Projekt BÜWA

Laut Löffler riefen das Bayerische Sozialministerium, die Regionaldirektion Bayern der Bundesagentur für Arbeit, die Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten für behinderte Menschen, die Integrationsfachdienste, alle bayerischen Bezirke sowie der Bayerische Bezirketag im Jahr 2014 das Projekt BÜWA (Begleiteter Übergang aus der Werkstatt auf den allgemeinen Arbeitsmarkt) ins Leben. Mit diesem Projekt soll für Menschen mit Behinderung der Weg aus der Werkstatt in den allgemeinen Arbeitsmarkt erleichtert werden. Zudem sollen Arbeitgeber motiviert werden, Menschen aus Werkstätten einzustellen. „Beim Projekt BÜWA war entscheidend, dass erstmals alle beteiligten Träger an einem Strang zogen.

Aber auch bei anderen Angeboten wie beispielsweise dem Budget für Arbeit zeigt sich, dass der Schlüssel in der engen Kooperation aller beteiligten Akteure liegt“, bemerkte der Verbandschef.

Individuelle Lösungen

Besonders die Bundesagentur für Arbeit spiele eine wichtige Rolle in diesem Zusammenspiel aus verschiedenen Akteuren. Mit einem breit gefächerten Portfolio an Unterstützungsmöglichkeiten würden gemeinsam mit den Unternehmen Lösungen gesucht, die genauso individuell sind, wie die Einschränkungen der Arbeitsuchenden.

Menschen mit einer Behinderung sollen nicht nur einen Arbeitsplatz finden, der zu ihnen passt, sondern dieser soll auch so ausgestaltet sein, dass sie ihr volles Potenzial entfalten können, unterstrich auch Dr. Markus Schmitz, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion Bayern der Bundesagentur für Arbeit:

„Durch vielfältige Unterstützungsmöglichkeiten der Arbeitsagenturen und Jobcenter tragen wir dazu bei, dass Inklusion gelingt… Die enge Zusammenarbeit im Netzwerk der Eingliederungshilfe baut Hürden ab und bringt die Inklusion in der Gesellschaft voran.“

Barrieren abbauen

Insbesondere bei den Übergängen von den Werkstätten auf den allgemeinen Arbeitsmarkt sei das vorhandene Ins-
trumentarium der Bundesagentur für Arbeit äußerst hilfreich und zielführend, betonte Löffler. Dies müsse auch für in Werkstätten beschäftigte Menschen gelten, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt – gegebenenfalls mit Unterstützung durch ein Budget für Arbeit – tätig werden wollen. Gemeinsames Ziel müsse sein, Barrieren abzubauen – seien es physische, kommunikative oder strukturelle Hürden.

DK

 

 

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