Kommunalverbändezurück

(GZ-14-2024 - 18. Juli)
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DStGB zur Zukunft der Gasnetze

 

Deutschland soll bis 2045 klimaneutral werden. Im Zentrum aller Bemühungen steht dabei, eine treibhausgasneutrale und ausreichende Energieversorgung so schnell wie möglich sicherzustellen und die Bezahlbarkeit der Energie für alle Verbraucher zu gewährleisten. Die Kommunen unterstützen dieses Ziel ausdrücklich und haben eine Schlüsselfunktion für die Umsetzung der Energiewende vor Ort.

Die Dekarbonisierung der Energieversorgung hat neben einem massiven Ausbau der erneuerbaren Energien und der Stromnetze auch den Umstieg von Erdgas auf alternative, grüne Gase zur Folge. Laut Deutschem Städte- und Gemeindebund liegen hierzulande derzeit ca. 600.000 Kilometer an Erdgasleitungsrohren; die Hälfte davon wird von kommunalen Unternehmen bewirtschaftet. 14 Mio. Haushalte, 1,8 Mio. mittelständische Unternehmen und 300.000 Unternehmen der Großindustrie werden derzeit noch mit Erdgas versorgt.

Für den Hochlauf einer Wasserstoffinfrastruktur werden diese Netze gebraucht, allerdings nicht in dem Umfang, in dem sie heute für Erdgas verwendet werden. Bei abnehmender Zahl der Gasverbraucher und/oder der Abnahmemenge von Erdgas sind die Kosten für den Betrieb und die Instandhaltung des Gasverteilernetzes von zunehmend immer weniger Kunden zu tragen. Ohne Gegensteuerung ergäben sich sehr stark steigende Netzentgelte für den Gasnetzbetrieb.“ Ziel muss aber sein, eine bezahlbare, wirtschaftlich tragfähige und sichere Energieversorgung auch in der Übergangsphase zur Klimaneutralität zu sichern, und eine Umwidmung auf Wasserstoff dort zu ermöglichen, wo Wasserstoff perspektivisch ökonomisch sinnvoll Anwendung findet“, so der DStGB.

Gaskonzessionen

Aus Verbandssicht ist damit zu rechnen, dass es in einzelnen Netzgebieten wegen der sinkenden Erdgaskundenzahl und damit verbundenen Refinanzierungsrisiken keine Bewerber auf neu zu vergebende Gaskonzessionen geben wird. In diesem Fall gebe es kein Unternehmen, das zu einem Weiterbetrieb eines örtlichen Versorgungsnetzes bereit wäre und es stelle sich die Frage nach der Aufrechterhaltung der Gasversorgung in der betroffenen Kommune zumindest für die Übergangszeit, bis für alle bisherigen Netzkunden sinnvolle Versorgungsalternativen bestehen.

In Fällen, in denen sich aufgrund fehlender Wirtschaftlichkeit kein Versorgungsunternehmen mehr findet, eine wesentliche Infrastruktur weiter zu betreiben, kommt laut Bundeswirtschaftsministerium in Betracht, den bisherigen Konzessionsnehmer zu einem befristeten weiteren Betrieb des Netzes zu verpflichten. Dies könnte erfolgen, nachdem z. B. durch eine Landes- oder Kommunalbehörde festgestellt wurde, dass es zur Gewährleistung der örtlichen Versorgung eines ggf. übergangsweisen Weiterbetriebes des konkreten Gasverteilernetzes bedarf. Im Zuge einer solchen Weiterbetriebspflicht wäre der Netzbetreiber, für den der Weiterbetrieb ökonomisch nicht mehr tragbar ist, vom Gesetzgeber entsprechend zu entschädigen. Hier sei der Bundesgesetzgeber gefragt, entsprechende Regelungen zu treffen, die einen geordneten Rückzug aus der Erdgasversorgung ermöglichen, um die Rechtslage zu klären.

Was die Rolle der Städte und Gemeinden anbelangt, so vergeben diese Wegerechte und sind nicht zum Betrieb von Gasnetzen verpflichtet. „Eine Übernahme dieser Aufgabe durch die Kommunen lehnen wir deshalb ab“, unterstreicht der DStGB.

Stillgelegte Infrastruktur im Fokus

Im Weiteren sei zu klären, wie mit stillgelegter Infrastruktur umzugehen ist. Der Rückbau der Gasnetzinfrastruktur werde sich auch in den Netzkosten und Netzentgelten widerspiegeln. „Hier ist zu betonen, dass der Rückbau keine kommunale, sondern wie die klimaneutrale Transformation insgesamt eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist.“

Die Frage des Rückbaus eines nicht mehr benötigten Gasnetzes könne nur im Einzelfall auf der Grundlage der jeweiligen Situation vor Ort entschieden werden. Um den Umgang mit nicht mehr benötigter Gasnetzinfrastruktur für die örtlichen Entscheidungsträger zu strukturieren, sollte das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz typisierte Szenario-Maßnahmen für Stilllegung und Rückbau in Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden entwickeln. Sinnvoll erschienen dabei ausgewogene, vertragliche Regelungen zwischen kommunaler Seite und der Energiewirtschaft. Dabei müsse sichergestellt sein, dass die Gemeinde im Bedarfsfall die Beseitigung der stillgelegten Leitung auf Kosten des Konzessionsnehmers verlangen kann.

Eine „Überschreibung“ konzessionsvertraglicher Regelungen durch den Bundesgesetzgeber ist aus Sicht des Deutschen Städte- und Gemeindebundes abzulehnen. „Dies würde dem Grundsatz der Privatautonomie widersprechen, vor allem aber örtlich angepassten Regelungen im Sinne der kommunalen Selbstverwaltung.“

Umwidmung der Gasnetze

Eine Umwidmung der Gasnetze werde also auch mit einem Rückbau bzw. einer Stilllegung einhergehen, wobei dieser Transformationsprozess noch nicht geregelt ist. Auch die Weiternutzung bestehender Gasnetze mit klimaneutralen Gasen wie Biomethan und Wasserstoff sowie der Bau neuer Wasserstoffleitungen müssten regulatorisch begleitet werden. Hier sei eine Unsicherheit in der derzeit noch ungewissen Verfügbarkeit von Wasserstoff begründet. Biomethan könnte vor allem in ländlichen Räumen eine Alternative für einen längerfristigen Weiterbetrieb von Gasnetzen und die Sicherstellung der Wärmeversorgung sein.

Der DStGB weist darauf hin, „dass die Planung von Wasserstoffinfrastruktur nicht isoliert von der Wärmeplanung erfolgen darf“. In der Begründung zum Wärmeplanungsgesetz finde sich eine Schätzung der Anzahl an Kommunen, die in 2030 Wasserstoffgebiete ausweisen werden. Für diese Schätzung wurde die Anzahl an Kommunen mit Gasverteilnetz zugrunde gelegt und angenommen, dass maximal 50 Prozent der Gebiete mit weniger als 10.000 Einwohnern auf Wasserstoff umsteigen werden. Das würde bedeuten, dass 2.908 Kommunen mit weniger als 10.000 Einwohnern und insgesamt 3.690 Kommunen Wasserstoffgebiete ausweisen werden. Dies verdeutliche das Ausmaß und das Potenzial des Wasserstofftransports auf der Verteilnetzebene.

Transformationsplanung

Dabei spielten Städte und Gemeinden – auch zusammen mit den Stadtwerken bzw. kommunal geprägten Unternehmen – eine wesentliche Rolle, denn im Zuge der Energiewende müssten auf der Grundlage erneuerbarer Energien verbrauchsnahe Lösungen im Sinne der Bürger und der Wirtschaft entwickelt werden, die zudem einen Einfluss auf die Wertschöpfung in Kommunen und Regionen haben. Deshalb sei es essenziell, dass die Kommunen und die kommunalen bzw. kommunal geprägten Unternehmen von Beginn an in die Transformationsplanung miteinbezogen werden, dies müsse auch die kommunale Wärmeplanung berücksichtigen.

Der DStGB hat sich im Gesetzgebungsverfahren zum Wärmeplanungsgesetz für einen technologieoffenen Ansatz in der kommunalen Wärmeplanung eingesetzt, um Gemeinden im Einzelfall die Entscheidung offen zu halten, ob und wie sie Wasserstoff in ihre Wärmeplanung einbeziehen. Daher sei es wichtig, dass Entscheidungen über einen Rückbau von Gasnetzen nicht voreilig getroffen werden.

Die Umsetzung der kommunalen Wärmeplanung wird nach Einschätzung des Verbandes von vielen Akteuren und vielen Faktoren abhängen, so nicht zuletzt von der Finanzierbarkeit, der Wirtschaftlichkeit und der Machbarkeit. Für Gebäudeeigentümer ergebe sich nach dem Wärmeplanungsgesetz in Verbindung mit dem Gebäudeenergiegesetz: „Für den Fall, dass die Gemeinde ein Wasserstoffnetzgebiet ausgewiesen hat, kann bis zum Anschluss an ein Wasserstoffnetz eine Heizungsanlage, die Erdgas verbrennen kann und auf die Verbrennung von 100 Prozent Wasserstoff umrüstbar ist, zum Zweck der Inbetriebnahme eingebaut oder aufgestellt werden.“

Für Städte, Gemeinden und die Versorger bestehe weiterhin Unklarheit über die zukünftige Verfügbarkeit und den Preis von Wasserstoff. Klar aber ist laut DStGB: „Die Kommunen müssen zu einer sachkundigen und zukunftsfähigen Wärmeplanung befähigt werden.“

DK

 

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