(GZ-19-2024 - 10. Oktober) |
► Bundeskongress Nationale Stadtentwicklungspolitik: |
Bündnisse für das Gemeinwohl |
Unter dem Titel „Kooperationen in der Stadtentwicklung – Bündnisse für das Gemeinwohl!“ fand in Heidelberg der 17. Bundeskongress Nationale Stadtentwicklungspolitik statt. Gemeinsam mit der Bauministerkonferenz der Länder, dem Deutschen Städtetag und dem Deutschen Städte- und Gemeindebund hatte das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) zur zentralen Veranstaltung der Stadtentwicklungspolitik eingeladen.
Klara Geywitz, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, eröffnete den Kongress und hob die Notwendigkeit breiter Bündnisse hervor: „Wir haben große Aufgaben vor uns: Mehr bezahlbares Wohnen schaffen, die Transformation der Wärme- und Energieversorgung voranbringen und unsere Dörfer und Städte resilient machen vor den Klimaveränderungen. Um bei dieser Vielfalt an Aufgaben zu pragmatischen Ergebnissen zu kommen, braucht es breite Bündnisse und starke Kooperationen, vor allem mit den Kommunen und ihren Verwaltungen.“
Die Ministerin betonte, dass sowohl bei aktuellen Schwerpunktthemen des BMWSB wie der Klimafolgenanpassung, der Überwindung von Wohnungslosigkeit, Einsamkeit oder der gendergerechten Stadtentwicklung ein kooperatives, gemeinwohlorientiertes Handeln und bürgerschaftliches Engagement viel bewegen könne.
Um Kooperationen und „Bündnisse für das Gemeinwohl“ durch strategische politische Entscheidungen und rechtliche Rahmensetzungen zu unterstützen, gebe es zum Beispiel Fördermittel des Bundes für Hitzeschutzmaßnahmen wie Baumpflanzungen, Dachbegrünungen oder Entsiegelung, etwa aus der Städtebauförderung oder aus dem Programm „Anpassung urbaner und ländlicher Räume an den Klimawandel“. In diesem Jahr habe das Bundesbauministerium eine Strategie für Hitzeschutz und Hitzevorsorge in der Stadtentwicklung und im Bauwesen vorgelegt, die dabei helfen solle, ortsangepasste Lösungen zu entwickeln. Wie dies konkret aussehen könne, werde in „Urban Heat Labs“ erforscht, die im Rahmen der Hitzeschutzstrategie gefördert würden.
Aus Sicht von Prof. Dr. Eckart Würzner, Oberbürgermeister der Stadt Heidelberg, zählen die Weiterentwicklung lebendiger Stadt- und Stadtteilzentren, die Anpassung von Plätzen und Freiflächen an den Klimawandel, die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum und der Ausbau umweltfreundlicher Energie- und Mobilitätslösungen zu den aktuell zentralen Aufgaben. Die enge Zusammenarbeit und die gerechte Lastenteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden sei dabei von entscheidender Bedeutung.
Welche Strategien Wien schon seit einigen Jahren zu einer der lebenswertesten Städte der Welt machen, führte Maria Vassilakou, Stadträtin für Stadtentwicklung, aus. Dem Thema Kooperationen sei im aktuellen Stadtentwicklungsplan der Stadt Wien ein eigenes Kapitel gewidmet. Hierbei gehe es u.a. um die vielfältigen Kooperationen innerhalb der Verwaltung, der Region, mit dem Bund, der Zivilgesellschaft und Public Plural Partnerships, die für das Gelingen von Stadtentwicklung gepflegt werden müssten. Vassilakou zufolge bedürfen jegliche Formen der Kooperation eines Rahmens und Regeln, um zu funktionieren und stetig auftretende Konflikte zu überwinde.
Als Standard für die Gestaltung einer lebenswerten Umwelt würden in Wien die Bedürfnisse von Kindern gesetzt. Qualitäten wie schnell erreichbare, großzügige und gepflegte Grünflächen mit Bewegungsmöglichkeiten, Abkühlung am Wasser oder der Ausbau von Fuß- und Radwegenetzen würden als Gestaltungsprinzipien definiert und kämen so nicht nur Kindern, sondern allen Menschen zugute.
Die Stadträtin verwies zudem auf die über hundertjährige Tradition des sozialen Wohnungsbaus in Österreichs Hauptstadt: 62 Prozent der Bürger lebten in Gemeindewohnungen oder geförderten Wohnungen. Dies sei nur durch die Kooperation der Stadt mit über 50 Wohnungsbauträgern möglich. Hierzu würden ca. 500.000 Euro pro Jahr für leistbaren Wohnungsbau investiert.
Durch Bauträgerwettbewerbe erreiche man hohe Baustandards, in denen als Kriterien architektonische Diversität, Kosteneffizienz, partizipative Planungsprozesse und ökologische Standards gesetzt seien. Das Drei Säulen-Modell der erfolgreichen Umsetzung setze sich zusammen aus niedrigen (fixen) Landpreisen, Baukostenförderung und individuellen Beihilfen sowie Kostenmieten (Realkosten, nicht Marktwert). Seit 2020 müssten bei Zukunftsquartieren zwei Drittel der Wohnungen für geförderten Wohnungsbau eingeplant werden (Ausnahmeregelungen über Gegenleistungen möglich). Die Festsetzungen würden in Verträgen zwischen Bauträgern und der Stadt Wien festgehalten. Der Bund sei durch den Besitz der meisten zu entwickelnden Gebiete wie Konversionsgelände oder Bahngeländen, häufig in den Prozess als Kooperationspartner mit einbezogen, machte Vassilakou deutlich.
In den sogenannten Zukunftsarenen bot der Kongress Raum für den Austausch zu verschiedenen Themen der Stadtentwicklung. Hier wurden Projekte und Best-Practice-Beispiele zur Innenstadtentwicklung, Klimaanpassung, Quartiersplanung und nachhaltiger Umbaukultur vorgestellt. Die Teilnehmer hatten die Möglichkeit, innovative Ansätze zu diskutieren und Lösungsansätze für die drängenden Fragen der Stadtplanung zu erarbeiten.
Darüber hinaus wurden in über ein Dutzend Rahmenveranstaltungen die unterschiedlichen Ansätze der Kooperationen in der Stadtentwicklung diskutiert und dabei auch Beispiele aus dem Ausland in den Blick genommen.
Eine neue Plattform für kooperatives Handeln und gute Lösungen ist die Kleinstadtakademie. Sie startete im Juli 2024 mit dem Ziel, sich als deutschlandweite Austauschplattform sowie Netzwerk von Kleinstädten und Kleinstadtakteuren für Stadtentwicklungsthemen aufzubauen. Damit soll eine völlig neue Form der selbstwirksamen Unterstützungsstruktur von Kleinstädten für Kleinstädte geschaffen werden.
Beim Umbau bestehender und der Entwicklung neuer Stadtquartiere ist die Ressourceneffizienz von zentraler Bedeutung. In einer weiteren Rahmenveranstaltung wurden integrierte Governance-Ansätze sowie digitale und technische Innovationen präsentiert und diskutiert. Überdies wurden Einblicke in die neue DIN SPEC 91468 „Leitfaden für ressourceneffiziente Stadtquartiere“ und erste Anwendungen in der kommunalen Praxis gegeben.
Ebenso auf der Agenda stand die Frage, wie Kooperation im Bereich der Stadtentwicklung im internationalen Kontext wirkt. Hierzu gab es u.a. Impulsreferate in Form von Präsentationen aus Südafrika, der Ukraine und den USA.
Darüber hinaus stand das Kooperationsprojekt der Wüstenrot Stiftung „Einsamkeit. Neue Anforderungen an lebendige Quartiere“ mit location3 und Urban Expert zur Diskussion. Einsamkeit gilt als eine große gesamtgesellschaftliche Herausforderung. Das Fachpublikum wurde eingeladen, Strategien und Ideen im Handlungsfeld kennenzulernen und zu erkunden. Das Quartier ist als Sozialraum von großer Bedeutung, da hier zielgruppen- und themenübergreifende Arbeit ermöglicht und gefördert werden kann und muss.
Vertieft wurden auch die Erfahrungen und Perspektiven deutscher Städte und Gemeinden im Umgang mit dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE). Präsentiert wurden konkrete Fallstudien, die verdeutlichen, in welcher Form die EU-Förderung bereits zur Umsetzung innovativer Stadtentwicklungsprojekte beigetragen hat. Dabei ging es nicht nur um die erreichten Meilensteine, sondern auch um die Frage, wie die EU-Förderung in der nächsten Förderperiode gestaltet und optimiert werden kann.
DK
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